Stiftung EVZ: In der Arbeitswelt strukturell engagiert gegen Antisemitismus

Von
Redaktion
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November 2024
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Gruppe von Menschen in einem Workshop. Eine Frau steht vorn und spricht zu den Teilnehmenden, die um einen Tisch sitzen. Im Hintergrund sind ein Whiteboard mit Notizen und ein Flipchart zu sehen.

Teilnehmende des Vernetzungstreffens im Programm “Strukturen schaffen gegen Antisemitismus” (Quelle: Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft, Stefanie Loos)

Die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) wurde vor fast 25 Jahren gegründet, zunächst um Menschen, die unter den Nationalsozialisten unter brutalsten Bedingungen zu Zwangsarbeit gezwungen worden sind, Auszahlungen zu leisten. Heute engagiert sich die Förderstiftung im humanitären Bereich, unterstützt neue Formen der digitalen oder kulturellen Vermittlung von Geschichte und empowert Selbstorganisationen. Dem gestiegenen Antisemitismus in unserer Gesellschaft begegnet die Stiftung mit zwei neuen, innovativen Förderansätzen:

Strukturen schaffen gegen Antisemitismus – ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung

Antisemitismus ist ein omnipräsentes Phänomen. Es existiert in Sport und Kultur, in der Arbeitswelt, in Medien, Wissenschaft, Bildung, Zivilgesellschaft und Religion. Um Antisemitismus als gesamtgesellschaftliche Herausforderung effektiv bekämpfen zu können, ist es erforderlich, spezifische und zielgruppenorientierte Maßnahmen und Strategien in eben jenen gesellschaftlichen Bereichen zu verankern. 

Aus diesem Grund unterstützen wir im Rahmen des Förderprogramms “Strukturen schaffen gegen Antisemitismus” Organisationen und Institutionen wie Sportverbände, Gewerkschaften oder Hochschulen, die antisemitismuskritische Maßnahmen und Konzepte entwickeln und innerhalb ihrer eigenen Strukturen sowie Wirkungskreise verankern. Die hohe Nachfrage – nicht erst seit dem 07. Oktober 2023 – verdeutlicht, dass zahlreiche Institutionen eine interne antisemitismuskritische Auseinandersetzung anstreben, es ihnen aber häufig an Fach- und Interventionskompetenzen sowie personellen Ressourcen und Strukturen fehlt. 

Umfängliches Begleitprogramm

Seit dem Mai 2024 fördert die Stiftung EVZ zwölf teilnehmende Organisationen – darunter der Berliner Fußballverband, die Kammerspiele München, die Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf und die Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke – nicht nur durch finanzielle Mittel, sondern auch mit einem umfassenden Begleitprogramm. 

Die Projektträger nehmen an dem Fort- und Weiterbildungsangebot “Informiert, Couragiert, Engagiert” der Stiftung EVZ teil. Sie tauschen sich mit Expert:innen des Bundesverbands RIAS sowie des Kompetenzzentrums für antisemitismuskritische Bildung und Forschung über effektive Konzepte, Maßnahmen und Herausforderungen aus und beteiligen sich an zahlreichen Vernetzungstreffen, sowohl in Präsenz als auch online.

Erste Erfolge – erste Hürden

Die Organisationen können gemeinsam erste Erfolge vorweisen. Sie beraten sich gegenseitig in der Organisationsentwicklung und der Präzisierung ihrer Aufgabenprofile. Darüber hinaus unterstützen sie sich bei Social Media-Kampagnen und tauschen sich über die Umsetzung interner Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen aus.

Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass die Etablierung einer Struktur gegen Antisemitismus nicht nur auf Zustimmung trifft, sondern auch interne Auseinandersetzungen über den Umgang mit Diskriminierung und der eigenen Organisationsgeschichte hervorrufen kann.

Zukünftige Förderphasen

Im Frühjahr 2025 beginnt die zweite Förderphase mit der Einbindung von zehn neuen Organisationen. In enger Zusammenarbeit mit den zwölf Organisationen der ersten Förderphase strebt die Stiftung EVZ einen intensiven Austausch an, um institutionelles Lernen sowie die Weitergabe von Best-Practice-Modellen und Erfahrungen zu fördern. Eine Bewerbung für die dritte Förderphase wird dann im Sommer 2025 möglich sein. 

“Informiert, Engagiert, Couragiert” gegen Antisemitismus vorgehen 

Verschwörungserzählungen in der Kaffeeküche, absurde Anfeindungen gegenüber Israel in der Kantine oder Kolleg:innen, die während der Corona-Pandemie den sogenannten Ungeimpft-Stern getragen haben – das kommt Ihnen bekannt vor? Damit sind Sie nicht alleine. Denn Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, welches auch vor der Arbeitswelt nicht Halt macht. Ein Viertel aller befragten Juden und Jüdinnen gaben in einer 2024 veröffentlichten Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte an, in den vergangenen zwölf Monaten am Arbeitsplatz Antisemitismus erlebt zu haben. Gleichzeitig verbergen 30 Prozent der Befragten ihre jüdische Identität vor ihren Kolleg:innen. 

Ein geschärftes Auge für antisemitische Haltungen und Handlungen ist Grundvoraussetzung für ein respektvolles und wertschätzendes Arbeitsumfeld. Hier hat die Stiftung EVZ angesetzt und ein passgenaues Blended Learning-Angebot für Mitarbeitende aus Unternehmen und Organisationen in Deutschland entwickelt. Der kostenlose Kurs “Informiert, couragiert, engagiert! Eine gemeinsame Initiative gegen Antisemitismus” besteht aus vier aufeinander aufbauenden Modulen, in denen Mitarbeitende sich auf eine abwechslungsreiche und interaktive Weise mit Antisemitismus auseinandersetzen. Er wird umgesetzt im Rahmen der vom Bundesministerium der Finanzen geförderten Bildungsagenda NS-Unrecht. 

Antisemitismus: häufig codiert und schwer zu erkennen

Dabei ist klar: Wir haben es mit einem komplexen Lehrgegenstand zu tun. Antisemitismus tritt häufig codiert auf, ist nicht einfach zu erkennen und wird daher mitunter unbewusst verbreitet. Eine Auseinandersetzung mit Antisemitismus bedeutet also auch immer eine Auseinandersetzung mit sich selbst, wie das Zitat eines Teilnehmenden zeigt: “In der Selbstreflexion fiel mir auf, wie die Art der Sozialisierung auch immer noch das Denken beeinflussen kann, obwohl ich viel Vorwissen mitgebracht habe.” 

Die Teilnehmenden lernen daher nicht nur, wie sie aktuelle Formen von Antisemitismus dechiffrieren können, sondern reflektieren auch eigene Wissensbestände. Sie lernen, wie sie auf antisemitische Äußerungen und Handlungen in ihrem Alltag reagieren können: “Ziel war es, ‘Antennen’ für Antisemitismus zu entwickeln und Handlungsempfehlungen an die Hand zu bekommen. Das hat sehr gut funktioniert. Ich fühle mich jetzt deutlich vorbereiteter, wenn mir Antisemitismus begegnet.”

Antisemitismuskritische Bildung am Arbeitsplatz birgt große Potenziale und hat einen beträchtlichen Wirkradius. Viele Arbeitnehmer:innen identifizieren sich mit ihrem Arbeitgeber und nehmen das Angebot dankend an. Wir erreichen Menschen, die in ihrer Freizeit keine Kapazitäten haben, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. So kann die Stiftung EVZ einerseits antisemitismus- und diskriminierungssensible Strukturen in Organisationen verankern. Anderseits tragen die Teilnehmenden das Erlernte auch in ihren Familien und Freundeskreisen weiter.

Mittlerweile haben über 350 Multiplikator:innen aus unterschiedlichen Bereichen und Unternehmen das Angebot wahrgenommen und leisten ihren Betrag dazu, Antisemitismus Einhalt zu gebieten.

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Verfasst von: Johanna Sokoließ (Fachreferentin Stiftung EVZ) und Joseph Wilson (Fachreferent Stiftung EVZ)

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