Uta Reiman-Höhn mit Team: Marco Blank, Uta Reiman-Höhn (Mitte) und Timo Höhn
Immer mehr Schülerinnen und Schüler unterstützen ihren Lernprozess mit Erklärvideos, die sie in den meisten Fällen bei YouTube finden. Lernvideos haben sehr viele Vorteile. Sie sind in der Regel kurz und leicht verdaulich, mit anschaulichen Grafiken unterlegt und bringen das Thema schnell auf den Punkt. Zu jedem Lerninhalt gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Videos, die jeweils auf eine andere Art und durch einen anderen Vermittler den Lernprozess unterstützen. Außerdem sind sie kostenlos, können beliebig oft angesehen werden und sind zu jeder Tages- und Nachtzeit verfügbar. Ein Gastbeitrag von Uta Reimann-Höhn
Schulen und Universitäten können da nicht mithalten. Und sie sollen es auch gar nicht, sondern viel eher Lernvideos zur Ergänzung des Unterrichts nutzen.
Warum einen Prozess verhindern wollen, der nicht mehr aufzuhalten ist? Viel sinnvoller ist es doch, den Schülerinnen und Schülern und den Studierenden Kriterien an die Hand zu geben, wie sie gute von schlechten Lernvideos unterscheiden können. Und darum geht es in diesem Beitrag.
Das Angebot an Lernvideos ist gigantisch.
Täglich werden Tausende von neuen Lernvideos in 80 verschiedenen Sprachen produziert und auf die Plattform YouTube hochgeladen. Mit über 2 Milliarden Nutzerinnen und Nutzern gehört YouTube zurzeit zu den beliebtesten sozialen Netzwerken und hat sich zu einer mächtigen Suchmaschine entwickelt.
Die Vielzahl der angebotenen Videos zu den verschiedensten Themen macht es gar nicht so leicht, hier das Passende zu finden. Unabhängig von der Qualität des Inhaltes, die selbstverständlich stimmen muss, gibt es sieben äußere Faktoren, auf die Schülerinnen und Schüler zunächst einmal achten sollten.
1. Das Video ist gut strukturiert und klar gegliedert.
2. Es verwendet visuelle Hilfen, Grafiken, Tabellen, Animationen oder Diagramme, um den Inhalt zu veranschaulichen.
3. Es konzentriert sich auf das Thema und schweift nicht in unwichtige Detailfragen ab.
4. Es ist klar verständlich und spricht ihre Zielgruppe auf eine natürliche Art an.
5. Es enthält Übungen oder Aufgaben, um das Gelernte zu vertiefen. Entweder direkt im Video oder als kostenloser Download auf einer begleitenden Internetseite.
6. Sowohl die Ton- als auch die Bildqualität eines Lernvideos sollte aktuellen Standards entsprechen.
7. Komplexe Themen sollten in mehrere Videos aufgeteilt sein, da die Aufmerksamkeitsspanne nach wenigen Minuten stark nachlässt.
Alle diese Punkte sind für einen optimalen Lernprozess sehr wichtig. Eine klare Gliederung und Struktur helfen den Schülerinnen und Schülern dabei, sich auf den Inhalt des Videos einzustellen. Daher beginnen gute Lernvideos steht’s damit, den folgenden Inhalt kurz vorzustellen. Dieser wird dann Schritt für Schritt erklärt. Dabei geht es zunächst immer um die Grundlagen, die eventuell durch Details ergänzt werden können.
Noch wichtiger als eine professionelle Darstellung ist natürlich der Wahrheitsgehalt des Lernvideos. Selbst hoch professionell gestaltete Erklärvideos können falsche Inhalte enthalten. Dies zu überprüfen sollte selbstverständlich sein und muss den Schülerinnen und Schülern unbedingt vermittelt werden.
5 Anhaltspunkte für gute Qualität:
1. Ein großer Kanal mit vielen Abonnenten und zahlreichen Videos ist häufig vertrauenswürdiger als ein kleiner Kanal.
2. Große Kanäle haben viele Kommentare zu den entsprechenden Videos, aus denen sehr gut heraus zu lesen ist, wie es um die Qualität des Videos bestellt ist. Besonders gut ist es, wenn Videos dieses Kanals bereits von Lehrerinnen und Lehrern im Unterricht genutzt werden oder als Hausaufgabe aufgegeben werden.
3. Jeder seriöse YouTube Kanal hat ein Impressum, in dem der oder die Verantwortliche für den Inhalt zu finden sind. Bei Schulvideos sind erfahrene Pädagoginnen und Pädagogen zunächst vertrauenswürdiger als unbekannte Creator.
4. Wenn der Kanal bereits viele hervorragende Videos produziert hat, ist anzunehmen, dass auch die Qualität der anderen Videos hoch ist.
5. Von Gleichaltrigen oder Klassenkameraden oft geteilte Videos sprechen ebenfalls häufig für gute Qualität.
Wer unsicher ist, sollte sich mehrere Videos von unterschiedlichen Kanälen zum gleichen Thema ansehen und die Informationen vergleichen.
Und dann ist da noch der persönliche Aspekt...
Lernvideos werden in der Regel von einer Person präsentiert, die in Ton und oft auch in Bild und Video auftaucht. Die Stimme dieser Person oder deren Erscheinungsbild stößt, wie im echten Leben auch, auf unterschiedliche Akzeptanz. Viele Nutzer von Erklärvideos vertrauen einer Person, mögen deren Stimme und fühlen sich von der Art der Präsentation der Videos angesprochen. Anderen wiederum gefällt das nicht und sie suchen sich einen anderen Kanal. Über die Jahre entstehen hier Bindungen, auch durch Interaktion über Kommentare oder durch Live-Chats, die sehr stark sein können.
Zunächst einmal werden die meisten Lernvideos über die YouTube Suche gefunden. Der YouTube Algorithmus zeigt dabei beliebte und möglichst lang angesehene Videos an oberster Stelle an. Er berücksichtigt aber auch den Suchverlauf der suchenden Person. Lernvideos finden sich aber auch auf vielen Internetseiten, wo sie über YouTube eingebunden sind.
Häufig ist für das Ansehen eines Lernvideos ein gutes Thumbnail, also ein Vorschaubild, enorm wichtig. Diese Bilder werden ebenfalls vom Creator erstellt und sollten den Inhalt so genau wie möglich abbilden. Ein klar strukturiertes Thumbnail lässt auch auf ein klar strukturiertes Video schließen.
Haben Schülerinnen und Schüler erst mal einen Kanal gefunden, der ihre Frage so gut wie möglich beantworten oder erklären kann, können Sie diesen abonnieren. Zum einen finden sie den Kanal so schnell wieder, zum anderen werden sie stets über neue Videos dieses Kanals informiert. Wenn die Form der Video Erklärung beim Lernenden gut ankommt, wird dies vermutlich auch bei den nächsten Videos genauso sein.
⦁ Gute Lernvideo-Kanäle produzieren regelmäßig Content und verbessern ihre Qualität kontinuierlich. Alte Videos, die einen schlechtere Bild- oder Tonqualität haben, werden selten gelöscht, sondern einfach wieder neu und besser produziert.
⦁ Gute Videokanäle haben nicht nur strukturierte Videos, sondern sie sind selber gut aufgeräumt und übersichtlich. Die angebotenen Themen sollten in Playlists sortiert sein, damit gerade bei großen Kanälen die Suche nach einem Thema oder einem neueren Video zum Thema leicht ist.
⦁ Die Präsentation eines Lernvideos kann ganz individuell genutzt werden. Da so ein Erklärvideo für sehr viele und sehr unterschiedliche Lernende produziert wird, ist es sicherlich für einige zu schnell und für andere zu langsam. Hilfreich ist dabei die Möglichkeit, das Video schneller oder langsamer abspielen zu können. Und selbstverständlich können einzelne Stellen angehalten und wiederholt angesehen werden.
Die Autorin: Mein Name ist Uta Reimann-Höhn, ich bin Diplom Pädagogin und Lerntherapeutin und betreibe mit Begeisterung den YouTube Kanal www.youtube.com/lernfoerderung mit derzeit rund 1000 Erklärvideos rund ums Lernen. Ich veröffentliche jede Woche zwei neue Videos und gehe dabei auch gerne auf Wünsche meiner Abonnenten ein.