In der Wiege der Klassik, Weimar, finden Teile des Kunst- und Musikstudiums für das Gymnasiallehramt statt. Der Großteil der thüringischen Lehrerausbildung spielt sich in Erfurt und Jena ab. (Quelle: Canva)
Ihr möchtet Lehrer:in werden und seid euch noch nicht sicher, welches Bundesland sich am besten für das Lehramtsstudium eignet? Dann ist unsere Reihe über den Studiengang in den verschiedenen Bundesländern sicherlich hilfreich! Heute präsentieren wir euch das Studium in Thüringen und erklären euch alles, was ihr über den Grundstein der Lehrerausbildung in diesem Bundesland wissen müsst.
Wie überall in Deutschland gliedern sich auch in Thüringen die Lehramtsstudiengänge nach den jeweiligen Schulformen, die es im Bundesland gibt. Von daher könnt ihr in Thüringen das Lehramt für Grundschulen, Regelschulen, Gymnasien, Förderschulen und berufsbildende Schulen studieren. Besonders ist, dass euch das Studium für das Förderschullehramt für den sonderpädagogischen Unterricht sowohl in der Primarstufe, also in den Grundschulklassen, als auch in der Sekundarstufe I qualifiziert und ihr euch nicht, wie in einigen anderen Bundesländern, im Voraus auf einen der beiden Zweige festlegen müsst.
Ein Großteil des Studienangebots für das Lehramt findet in Thüringen an den beiden Standorten Erfurt und Jena statt. An der Universität Erfurt absolviert ihr einen Bachelor of Education und darauf folgend einen Master of Education. Ein klassisches Erstes Staatsexamen legt ihr an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ab (“Jenaer Modell”). Erfurt bietet die Studiengänge für alle Schultypen außer dem Gymnasium an, Jena beschränkt sich auf das Regelschul- und Gymnasiallehramt sowie auf den Master für das Berufsschullehramt in Wirtschaftspädagogik. An beiden Universitäten studiert ihr in der Regel genau fünf Jahre, was in Thüringen im Gegensatz zu anderen Bundesländern für alle Lehramtstypen gleichermaßen gilt. Im Anschluss an das Studium könnt ihr den Vorbereitungsdienst in ganz Deutschland antreten. Anstatt der meist üblichen 18 Monate dauert dieser in Thüringen 24 Monate, kann aber durch zusätzliche Praktika im Voraus verkürzt werden.
Das Studium für das Grundschullehramt ist an der Universität Erfurt in zwei Bestandteile gegliedert. Zum einen studiert ihr die sogenannte Primärpädagogik, also die auf die Grundschulbildung ausgerichteten Bildungswissenschaften. Diese beinhalten auch grundlegendes Wissen in den Fächern Deutsch, Mathematik oder Sachunterricht. Hinzu kommt ein Nebenfach, auf das ihr euch spezialisiert. Zur Auswahl stehen Deutsch, Englisch, Evangelische Religion, Kunst, Katholische Religion, Mathematik, Musik, Ethik, Französisch, Russisch, Sport undWerken. Ihr müsst Deutsch und Mathematik in der Primärpädagogik belegen, sofern ihr keines der beiden Fächer als Nebenfach wählt. Andererseits könnt ihr das jeweilige Fach in der Primärpädagogik durch den Sachunterricht ersetzen. In diesem Fall ist es euch auch möglich, einen Schwerpunkt zu wählen, der euch zusätzlich für das Fach Schulgarten qualifiziert. Einen Überblick über die möglichen Fächerkombinationen erhaltet ihr noch einmal über diesen Link.
Die Universität Erfurt hält ein gängiges Angebot an Fächern für das Regelschullehramt bereit. Neben den Bildungswissenschaften könnt ihr aus Deutsch, Englisch, Ethik, Geschichte, Katholischer Religion, Kunst, Musik, Sozialkunde und Wirtschaftslehre/Technik zwei Fächer studieren. Zusätzlich stehen Französisch, Russisch und Sport zur Verfügung, die ihr allerdings nicht miteinander kombinieren könnt. Für das Regelschullehramt ist Erfurt der einzige Standort in Thüringen, an dem ihr die Fächer Musik und Kunst belegen könnt. Für Evangelische Religion hingegen gibt es kein Angebot.
Wenn euch die Praxis in der Ausbildung besonders liegt und ihr ein großes Interesse daran habt, den Schulalltag schon früh gut kennenzulernen, dann dürfte das neue Angebot der Universität Erfurt genau zu euch passen. Es ist mittlerweile möglich, das Lehramt für die Regelschule dual zu studieren. Der Bachelor dauert hier ein Jahr länger als üblich, also insgesamt vier Jahre, der Master verkürzt sich dadurch jedoch auf ein Jahr. Ab dem dritten Semester des Studiums beginnt ihr nämlich mit wöchentlichen Praxisanteilen für euer erstes Fach, ab dem siebten auch für das zweite. Englisch, Deutsch, Mathematik, Wirtschaftslehre/Technik sowie Sport stehen als Erst- und Zweitfach zur Auswahl. Besonders attraktiv macht diese Alternative die hohe Vergütung, die euch erwartet. Während des Bachelors erhaltet ihr 1.400 Euro monatlich, während des Masters 1.600 Euro. Die Semesterbeiträge werden ebenfalls übernommen.
Auch in Jena müsst ihr zusätzlich zu den Bildungswissenschaften zwei Fächer wählen. Allerdings ist streng geregelt, dass das erste Fach eines von Biologie, Chemie, Deutsch, Englisch, Französisch, Informatik, Mathematik, Physik, Russisch oder Sport und das zweite Fach eines von Ethik, Evangelischer Religion, Geografie, Geschichte, Katholischer Religion oder Sozialkunde sein muss. Die Kombinationsmöglichkeiten sind also um einiges eingeschränkter. Das Fach Katholische Religion bietet die Friedrich-Schiller-Universität Jena in Kooperation mit der Universität Erfurt an, sodass es nötig ist, zwischen den Orten zu pendeln. Übrigens ist ein Modul zu Deutsch als Fremd- und Zweitsprache in jedem Fall verpflichtend, sodass ihr grundlegende Kompetenzen im Umgang mit Sprachschwierigkeiten für den Alltag an der Regelschule erlernen könnt.
Die Universität in Jena hält außerdem die Möglichkeit bereit, ein drittes, sogenanntes Erweiterungsfach zu studieren, sobald ihr euer Praxissemester abgeschlossen habt. Abgesehen von den üblichen Fächern ist es hier auch möglich, Astronomie und Deutsch als Fremd- und Zweitsprache zu wählen. Diese Zusatzqualifikation könnt ihr auch nach Abschluss des Studiums noch erwerben.
Falls ihr euch entscheidet, Gymnasiallehramt zu studieren, fällt die Wahl in Thüringen leicht. Denn nur die Friedrich-Schiller-Universität Jena bietet diesen Studiengang an. Der Aufbau ähnelt hier sehr dem des Regelschullehramts. Euer Erst- und Zweitfach müsst ihr wieder aus zwei unterschiedlichen Gruppen wählen. Für das erste Fach stehen Biologie, Chemie, Deutsch, Englisch, Französisch, Informatik, Mathematik, Physik, Russisch, Spanisch und Sport zur Verfügung, für das zweite Evangelische Religion, Geografie, Geschichte, Griechisch, Katholische Religion, Kunst, Latein, Musik, Philosophie, Sozialkunde sowie Wirtschaftslehre/Recht. Katholische Religion wird auch für das Gymnasiallehramt in Kooperation mit der Universität Erfurt angeboten. Die Gymnasialfächer Musik und Kunst werden zu gewissen Teilen an der Bauhaus-Universität Weimar, beziehungsweise an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar gelehrt. Auch hier ist es nötig, zwischen Jena und Weimar zu pendeln. Beide Fächer könnt ihr auch als sogenanntes Doppelfach vertiefend ohne ein zweites Fach studieren. Alternativ ist es euch möglich, Musik oder Kunst jeweils mit Fächern sowohl aus Gruppe Eins als auch aus Gruppe Zwei zu kombinieren. Außerdem lassen sich die Zweitfächer Griechisch und Latein zusammen studieren.
Die Möglichkeit eines Erweiterungsfachs besteht auch für das Gymnasiallehramt. Ihr könnt ein drittes Fach aus dem Fächerkanon wählen, abgesehen von Musik, Kunst oder Katholischer Religion. Ansonsten stehen euch Astronomie, Deutsch als Fremd- und Zweitsprache und auch Italienisch als Drittfach zur Verfügung.
Wollt ihr an einer Förderschule unterrichten, könnt ihr an der Universität Erfurt das entsprechende Lehramtsstudium antreten. Die sogenannte Förder- und Inklusionspädagogik bildet einen Grundstein des Studiums. Hier erlernt ihr die Grundlagen der förderpädagogischen Bildungswissenschaften und wählt ab dem zweiten Semester zwei Schwerpunkte von emotionaler und sozialer Entwicklung über geistige Entwicklung zu Lernen oder Sprache. Dieser Studienbereich beinhaltet außerdem grundlegende Kompetenzen in zwei Fächern der Grundschulbildung, Deutsch, Mathematik oder Sachunterricht. Als Nebenfach wählt ihr aus dem Fächerkanon für das Regelschullehramt. Anstatt Wirtschaftslehre/Technik steht das Fach Werken zur Auswahl. Somit seid ihr nach dem Studium für den förderpädagogischen Unterricht in zwei Grundschulfächern sowie in einem Fach für die Sekundarstufe I qualifiziert.
Entscheidet ihr euch für das Berufsschullehramt, besteht in Thüringen lediglich die Möglichkeit, einen entsprechenden Masterabschluss an ein vorhandenes Bachelorstudium anzuschließen. Eine Ausnahme bildet das Programm an der Technischen Universität Ilmenau.
Die Universität Erfurt bietet einen Master für das Berufsschullehramt für folgende berufsbezogene Fächer an: Bautechnik, Elektrotechnik, Gesundheit, Informationstechnik, Metalltechnik, Körperpflege, Pflege und Sozialpädagogik. Für das allgemeinbildende Fach stehen Deutsch, Englisch, Ethik, Evangelische Religion, Französisch, Katholische Religion, Mathematik und Sozialkunde zur Verfügung. Es ist allerdings auch möglich, eine zweite Fachrichtung zu wählen. Zur Auswahl stehen hierbei Energietechnik, Fahrzeugtechnik, Mechatronik und Versorgungstechnik. Solch eine zweite Fachrichtung ist nur in Kombination mit Elektrotechnik oder Metalltechnik möglich.
Für das allgemeinbildende Fach solltet ihr entsprechende Kenntnisse in Form von mindestens 60 Leistungspunkten mitbringen. Falls diese nicht vorhanden sind, könnt ihr das allgemeinbildende Fach auch auf Bachelorniveau parallel zum Masterstudium nachholen, wobei sich die Studienzeit von vier auf sechs Semester verlängert.
Die einzige Möglichkeit, das Berufsschullehramt von Grund auf in Thüringen zu erlernen, gibt es für die Fachrichtungen Metalltechnik und Elektrotechnik in Verbindung mit dem Fach Mathematik an der Technischen Universität Ilmenau. Der entsprechende Bachelor dauert wie üblich sechs Semester. Im Anschluss könnt ihr den Master an der Universität Erfurt antreten, um das Studium vollständig abzuschließen.
Wenn ihr in Jena Wirtschaftswissenschaften studiert, könnt ihr auch einen Pfad einschlagen, der euch zum Berufsschullehramt führt. Neben den Wirtschaftswissenschaften mit den Schwerpunkten Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik sowie den entsprechenden Bildungswissenschaften müsst ihr ein allgemeinbildendes Fach wählen. Möglich sind Deutsch, Englisch, Ethik, Evangelische Religion, Französisch, Informatik, Mathematik, Sozialkunde und Sport. Ihr erlangt somit die Qualifizierung zum Berufsschullehramt in der Fachrichtung Wirtschaftspädagogik und eurem Wahlfach.
In Jena ist der Anteil an praktischen Erfahrungen während des Studiums verhältnismäßig gering. Zunächst gilt es ein Eingangspraktikum zu absolvieren. Dieses solltet ihr im besten Falle bereits vor dem Studium beendet haben. Ihr könnt es allerdings auch bis zu Beginn des dritten Semesters nachholen. Es sollte auch nicht länger als drei Jahre vor der Immatrikulation zurückliegen. Ihr könnt euch praktische Erfahrungen an bis zu zwei Einrichtungen anrechnen lassen, sofern diese sich insgesamt auf mindestens 240 Stunden belaufen. Denkbar sind pädagogische Tätigkeiten im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres oder des Bundesfreiwilligendienstes, Praktika an Schulen, Horts oder Kindergärten, Tätigkeiten auf Jugendfreizeiten, in Sportvereinen oder in pädagogischen Einrichtungen im Ausland. Euch stehen also viele Türen offen und es liegt an euch, den Praktikumsplatz zu finden, wobei euch das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZLB) beratend zur Seite stehen kann.
Erst im fünften oder sechsten Semester folgt für euch die nächste Praxiseinheit, die sich über ein ganzes Schulhalbjahr erstreckt. Nach einer Einführungswoche absolviert ihr wöchentlich von Montag bis Donnerstag Unterrichtshospitationen und führt selbst Unterrichtseinheiten durch. Freitags besucht ihr ein Begleitseminar an der Universität. In der Regel wird euch eine Schule in Thüringen dafür zugewiesen, aber ihr könnt euch auch selbst eine entsprechende Bildungseinrichtung in Deutschland oder im Ausland heraussuchen. Zahlreiche Partnerinstitutionen der Universität in verschiedensten Ländern sind dafür eine gute Anlaufstelle. Mehr über das Praxissemester erfahrt ihr über dieses FAQ.
Die Universität Erfurt erwartet einen deutlich höheren Anteil an praktischer Erfahrung von euch. Für alle Lehramtstypen müsst ihr schulpraktische Studien in Höhe von 110 Stunden entsprechend eurem Erstfach und eurer gewählten Schulform an einer Schule absolvieren. Dies geschieht im dritten oder vierten Semester und wird von einem Seminar begleitet. Die Schule in Thüringen, Deutschland oder dem Ausland wählt ihr selbst.
Im fünften Semester folgt für alle Lehrämter das Grundlagenpraktikum. Dies bezieht sich mehr auf bildungswissenschaftliche Grundlagen und dauert lediglich 30 Stunden. Die Schule sucht ihr entsprechend eures angestrebten Lehramts selbst innerhalb Thüringens aus.
Es folgen im Master die fachdidaktischen Praktika. Dafür müsst ihr euch an ausgewiesenen Stellen entsprechend eures Fachs und des Schultyps einschreiben. Ihr absolviert je Fach zwei dieser Praktika. Für Fächer in der Grundschulbildung genügt jeweils eins.
Schließlich absolviert ihr im ersten und im zweiten Semester des Masterstudiums eure beiden bildungswissenschaftlichen Praktika. Das erste setzt sich vor allem mit der Diagnostik, Beurteilung und Beratung im Unterricht auseinander und dauert 50 Stunden. Im zweiten beschäftigt ihr euch mit Erziehung, Klassenführung und Konfliktbewältigung im Klassenraum. Die Dauer beträgt insgesamt 30 Stunden. Beide Praktika finden an einer selbst gewählten Schule entsprechend des gewählten Lehramts statt, werden von Seminaren begleitet und erfordern eine schriftliche Ausarbeitung.
Im Masterstudium für das Förderschullehramt müsst ihr außerdem für jeden eurer beiden Schwerpunkte ein sonderpädagogisches Praktikum von jeweils 80 Stunden an einer selbst gewählten Schule antreten. Das Lehramt für Grund- sowie für Regelschulen erfordert außerdem ein sogenanntes komplexes Schulpraktikum im dritten oder vierten Semester des Masters mit einer Dauer von 15 Wochen. In diesen Wochen hospitiert und unterrichtet ihr montags bis donnerstags an einer selbst gewählten Schule in Thüringen, Deutschland oder im Ausland und nehmt, sofern möglich, freitags an einem Begleitseminar teil.
Das Lehramtsstudium bietet in Thüringen eine spannende Abwechslung und vielseitige Studienorte. Eine solide Fächerauswahl, Flexibilität im Förderschullehramt und das neue Duale Studium stechen hier heraus. Die Einstellungschancen sehen in Thüringen sowohl für den Vorbereitungsdienst als auch für den Schuldienst gut aus. Gewisse Fächer wie Latein, beide Religionslehren oder Geografie weisen einen nicht allzu hohen Bedarf auf, die MINT-Fächer sowie Musik und Kunst dafür umso mehr.
Hat das Lehramtsstudium in Thüringen euer Interesse wecken können? Wo habt ihr vor zu studieren oder über welches Bundesland würdet ihr gerne mehr in Bezug auf die Lehrerausbildung erfahren? Schreibt es gerne in die Kommentare!