Black History Month: Afrodeutsche Geschichte im Fokus

Blick auf eine belebte Straße, auf der Straße steht "Black lives matter" in bunten Buchstaben

Im Februar ist Black History Month — auch in Deutschland. (Quelle: Creative Commons/Office of Congresswoman Alma S. Adams)

In den Vereinigten Staaten ist der Black History Month ein etablierter Bestandteil des kulturellen Kalenders, der jedes Jahr im Februar gefeiert wird. Ursprünglich ins Leben gerufen, um die historischen Errungenschaften und den Beitrag schwarzer Amerikaner:innen zu würdigen, hat dieser Monat auch über die Grenzen der USA hinaus einen bedeutenden Einfluss erlangt. Auch in Deutschland gewinnt der Black History Month zunehmend an Relevanz, da die Auseinandersetzung mit der Geschichte, den Erfahrungen und den Beiträgen schwarzer Menschen in der deutschen Gesellschaft immer mehr in den Fokus der Gesellschaft rückt..

Im ersten Teil haben wir uns mit der Lage des Rassismus an Schulen in den USA beschäftigt und wie ihr diese euren Schüler:innen vermitteln könnt. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die Situation in Deutschland und geben euch Materialien für euren Unterricht mit an die Hand.

Der Black History Month in Deutschland

Der Black History Month ist eine jährliche Feier, die im Februar stattfindet und der Anerkennung der historischen Errungenschaften und den gesellschaftlichen Beiträgen von Afroamerikaner:innen gewidmet ist. Er wurde erstmals 1926 als "Negro History Week" von Carter G. Woodson ins Leben gerufen. Der Februar wurde gewählt, um die Geburtstage von Abraham Lincoln und Frederick Douglass zu ehren, zwei bedeutende Figuren in der Geschichte der Abschaffung der Sklaverei und im Kampf für die Rechte schwarzer Menschen in den USA.

In den 1970er Jahren wurde die "Negro History Week" schließlich zum Black History Month ausgeweitet, der in den Vereinigten Staaten durch verschiedene Veranstaltungen, Vorträge, Schulprojekte, Ausstellungen und andere kulturelle Programme gefeiert wird. Ziel ist es, die Kenntnis und Wertschätzung der schwarzen Geschichte und Kultur zu fördern sowie die fortgesetzte Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung zu unterstützen.

In Deutschland wird der Black History Month seit den 1990er Jahren gefeiert und will auch hier bundesweit mit verschiedenen Aktionen für mehr Sichtbarkeit Schwarzer Perspektiven sorgen. Eingeführt wurde er von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (IDS) und verfolgt das gleiche Ziel wie sein Vorbild: der Schwarzen Geschichte ein Gesicht geben und die Errungenschaften afrodeutscher Persönlichkeiten hervorheben. 

In Berlin haben sich 2019 verschiedene afrodeutsche Organisationen wie der ISD, Each One Teach One, Generation ADEFRA und die Werkstatt der Kulturen zusammengeschlossen, um wichtige Community-Events zu organisieren, die über afrodeutsches Leben informieren und diskutieren. Diese Veranstaltungen werden bundesweit vom ISD und anderen Schwarzen Organisationen organisiert und umfassen ein breites Angebot von Vernetzungstreffen, Diskussionen über Schwarzes und queeres Leben in Deutschland sowie Lesungen und Filmvorführungen mit prominenten Schwarzen Gästen.

Wichtige Stationen der afrodeutschen Geschichte

Trotz einiger Fortschritte ist Rassismus immer noch ein Problem in Deutschland. Besonders im Bildungssystem fehlen oft die Perspektiven schwarzer Menschen in Geschichtsbüchern. Das bedeutet, dass wichtige Teile der Geschichte und Kultur nicht ausreichend repräsentiert werden, was zu einem unvollständigen Verständnis der Vielfalt in Deutschland führen kann. Im Folgenden werfen wir einen kleinen Blick in die Geschichte mit Materialien für euren Politik- oder Geschichtsunterricht.

Kolonialgeschichte

Der deutsche Kolonialismus kennzeichnet eine Periode der Geschichte, in der das Deutsche Reich Kolonien in verschiedenen Teilen der Welt kontrollierte, beginnend gegen Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914. Diese Kolonien erstreckten sich über Regionen wie Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika, Kamerun, Togo und einige pazifische Inseln.

Der deutsche Kolonialismus war geprägt von imperialistischen Bestrebungen nach wirtschaftlichem Gewinn, territorialer Expansion und nationaler Macht. Dabei kam es oft zu rücksichtsloser Ausbeutung der einheimischen Bevölkerung, was zu zahlreichen Konflikten und Aufständen führte und weitreichende Auswirkungen auf kulturelle, soziale und politische Strukturen hatte.

Obwohl die Behandlung der deutschen Kolonialgeschichte je nach Bundesland variiert und oft aus einer Täterperspektive betrachtet wird, ist es wichtig, verschiedene Perspektiven im Unterricht zu berücksichtigen und Kontroversen einzubeziehen. Der Bildungsserver bietet euch dazu einige Materialien. 

Dennoch ist es oft schwer, Material zu finden, das die Perspektive der kolonisierten Menschen darstellt. Im Unterricht wird Kolonialismus meist unter der Überschrift Imperialismus behandelt, wobei er den Fokus darauf legt, wie Afrika unter den Kolonialmächten aufgeteilt wurde. Dabei ist es auch entscheidend, vorhandenes Material kritisch zu betrachten und aus verschiedenen Blickwinkeln zu analysieren. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel der Podcast von SWR Wissen, in dem verschiedene Standpunkte aufgegriffen und kritisch betrachtet werden. Diesen könnt ihr mit euren Schüler:innen im Unterricht hören.  Auch der Verband Hessischer Geschichtslehrerinnen und -lehrer hat auf seiner Seite viele Materialien zusammengetragen, die den Kolonialismus aus verschiedenen Perspektiven aufarbeiten.

Weimarer Republik und NS-Zeit

Hierzulande organisierten sich schwarze Menschen erstmals in der Weimarer Republik 1918 wurde der Afrikanische Hilfsverein gegründet, um Unterstützung bei der Wohnungssuche, Arbeitssuche und im Kampf gegen Ausgrenzung und Rassismus zu bieten.

Im Jahr 1919 richtete eine Gruppe von ehemaligen Kolonialmigranten aus Kamerun und Deutsch-Ostafrika eine Eingabe an die Nationalversammlung in Weimar, in der sie gleiche Rechte und gleiche Gesetze für alle forderten. Ihr könntet diese Petition mit euren Schüler:innen lesen und in die historischen Kontexte einordnen. 

Trotz ihrer Bemühungen verschärften sich die rassistischen Anfeindungen und Diskriminierungen gegen schwarze Menschen nach dem Verlust der Kolonien erheblich. Viele verloren ihre Jobs und hatten kaum Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der rechtliche Status der einstigen Kolonialmigranten verschlechterte sich dramatisch, und sie wurden praktisch staatenlos gemacht.

Mit der Machtergreifung Hitlers endete der politische Aktivismus schwarzer Menschen abrupt. Viele von ihnen flohen vor dem nationalsozialistischen Regime nach Paris, London oder zurück in ihre Herkunftsregion auf dem afrikanischen Kontinent, um dem rassistischen Terror zu entkommen. Die einzige Überlebensstrategie im nationalsozialistischen Deutschland war die des "Nichtauffallens".

Eine Möglichkeit für euren Unterricht wäre es, sich zum Beispiel mit einzelnen Biografien betroffener Menschen zu beschäftigen. Ein bekannter Fall ist Johny Vosté, der das KZ Dachau überlebte und dessen Schicksal gut dokumentiert ist. Auch das Buch Deutsch sein und Schwarz dazu: Erinnerungen eines Afro-Deutschen von Theodor Wonja Michael, wäre eine guter für euren Unterricht. Es ist eine Autobiographie von Wonja Michael, der als Kind in sogenannten “Menschenzoos” ausgestellt wurde, den Holocaust und dessen Folgen überlebte. 

Nach dem zweiten Weltkrieg

Erst Nach dem Zweiten Weltkrieg endete die offene Diskriminierung und Verfolgung der Afrodeutschen, jedoch blieben große Vorbehalte in der Bevölkerung gegenüber Schwarzen. Kinder aus afroamerikanisch-deutschen Beziehungen waren Diskriminierung ausgesetzt, und viele von ihnen wurden zur Adoption freigegeben.

In den 1980er Jahren entwickelte sich ein stärkeres Bewusstsein für Identität und gemeinsame Interessen unter Afrodeutschen, angeregt durch Aktivisten wie Audre Lorde. Die Neue Schwarze Bewegung entstand, um politisches und identitäres Bewusstsein sowie Netzwerke unter Schwarzen in Deutschland zu fördern. Die Aufarbeitung der afro-deutschen Geschichte spielte dabei eine zentrale Rolle und trägt bis heute dazu bei, die Erfahrungen und Herausforderungen Schwarzer Menschen in der Weimarer Republik und der NS-Zeit zu verstehen und anzuerkennen.

Eine Möglichkeit, euren Schüler:innen die afrodeutsche Geschichte näher zu bringen, ist die Dokumentation Schwarz und deutsch — Die Geschichte der Afrodeutschen, in der Frauen und Männer aus vier Generationen ihre bewegenden und stolzen Geschichten erzählen.

Auch die sozialen Medien bieten euch viele Möglichkeiten das Thema adäquat in euren Unterricht einzubauen — ihr könntet zum Beispiel einen Blick auf den Instagram-Kanal der Autorin Tupoka Ogette werfen, die sich mit Rassismus auseinandersetzt und die versucht, einen offenen Umgang zu etablieren.

Wie thematisiert ihr afrodeutsche Geschichte im Unterricht? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen.

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