Bettina Stark-Watzinger versucht wie schon ihre Vorgänger:innen mehr Mitspracherecht des Bundes bei der Bildungspolitik zu erreichen. (Quelle: BMBF, Guido Bergmann)
Berlin. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) wagt derzeit einen weiteren Vorstoß für mehr Mitspracherecht des Bundes in der Bildungspolitik. Dies könne ein möglicher Weg sein, die Bildung in Deutschland zu verbessern, so die Ministerin. Vor allem bei der Digitalisierung sehe sie durch eine veränderte Bildungspolitik großes Potenzial. "Wir brauchen mehr Tempo bei der Bildung. Bisher kann der Bund dabei immer nur in begrenztem Umfang mit allen Ländern zusammenarbeiten", sagte die FDP-Politikerin der Rheinischen Post.
Derzeit darf der Bund nur in Technik in den Schulen investieren. “Aber ein Gerät allein macht Unterricht noch nicht digital. Es wäre besser, wenn der Bund im Sinne einer nachhaltigen Wirksamkeit mehr mitreden könnte”, sagte sie im Interview. Indem sie diese Debatte rund um den Bildungsföderalismus wieder anschiebt, stellt sie sich in eine lange Tradition von Bildungsminister:innen, die das seit Jahrzehnten immer wieder versuchen. So startete etwa auch ihre Vorgängerin Anja Karliczek (CDU) vergeblich mehrere Anläufe, um das Bildungssystem in eine entsprechende Richtung zu verändern.
Stark-Watzinger sieht allerdings den ganz aktuellen, dringenden Handlungsbedarf für eine Reform des Bildungssystems hin zu mehr Mitspracherecht des Bundes. Hintergrund sind zum Beispiel die schlechten Ergebnisse aus der letzten Pisa-Studie oder dem ICB-Bildungstrend. Außerdem sehe die Ministerin auch einen Wunsch danach in der Gesellschaft: "Die Umfragen sind eindeutig: Die Menschen wollen ein einheitlicheres Bildungssystem in unserem Land.”
In eine ähnliche Kerbe schlägt der kürzlich ausgeschiedene Hamburger Schulsenator Ties Rabe (SPD). Bei einer OECD-Veranstaltung kritisierte er diverse aktuelle Probleme im deutschen Bildungssystem und warf einigen Länder-Regierungen vor, gar nicht wirklich zu wollen, dass die Bildung für Kinder und Jugendliche besser werde. Einige Länder hätten sich aus Rabes Ministerium beraten lassen, seine Fachleute seien aber aufgrund fehlender Bereitschaft für Veränderungen zum Teil frustriert zurückgekommen. Welche Länder er genau meine, sagte er nicht. Der Hamburger Schulsenator kann sich Kritik an anderen Ländern zumindest aufgrund seiner Erfolge leisten. Rabe hatte das Amt 13 Jahre lang inne. Die Lesefähigkeiten von Hamburgs Viertklässler, waren bei den Lesefähigkeiten seit 2011 im bundesweiten Vergleich vom drittletzten auf den dritten Platz vorgerückt, in Mathe verbesserten sie sich immerhin um sechs Plätze. Einen solchen Aufstieg hat kein anderes Bundesland geschafft. Der Bildungssenator ist nun aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten.
Stark-Watzingers Forderung nach mehr Mitspracherecht des Bundes offenbart nochmal die tiefen Gräben zwischen Bund und Ländern beim Thema Bildungspolitik. Diese hatten sich zuletzt sehr deutlich beim letzten Bildungsgipfel 2023 gezeigt. Die Bildungsminister:innen und -Senator:innen der Länder hatten der Bundesbildungsministerin damals schlechte Kommunikation und unrealistische Erwartungen vorgeworfen. Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) sagte damals, der Bund solle sich in die Angelegenheiten der Länder nicht einmischen und sie in Ruhe arbeiten lassen. Trotz großer Zustimmung in der Bevölkerung für Stark-Watzingers Forderung lässt sich derzeit kein schnelles Zusammenkommen von Bund und Ländern in der Bildungspolitik erkennen.