“Versteift euch nicht auf den perfekten Unterricht”: Daniela Rathjen über die positiven Seiten des Lehrberufs

Von
Albert Koch
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August 2024
|
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Porträt Daniela Rathjen

(Quelle: privat)

Bedeutet der Schulalltag für Lehrer:innen Stress und Anstrengung? Sorgen Lehrermangel oder ein langsames Vorankommen bei der Digitalisierung für zunehmenden Druck? Um zu zeigen, dass der Lehrerberuf auch bereichernd sein kann, und um zu klären, mit welchen Methoden man den Alltag für sich selbst und auch die Schüler:innen spannend und motivierend gestaltet, haben wir mit der Lehrerin und Influencerin Daniela Rathjen gesprochen. Im Gespräch mit Daniela spüren wir den positiven Erlebnissen und den wertvollen Erfahrungen nach, die man als Lehrer:in macht, und sammeln Ratschläge und Inspiration für euch.

Lehrer News: Was macht dir in deinem Alltag als Lehrerin besonders viel Spaß?

Daniela: Die Zusammenarbeit mit den Jugendlichen macht mir am meisten Spaß, da ich sehr gerne ihre Sichtweisen kennenlerne, von und mit ihnen gemeinsam lerne und einfach auch Freude haben kann. Ich kann sie beim Wachsen begleiten und ihre Stärken nicht nur erkennen, sondern auch fördern. Das motiviert mich und macht Spaß.

Lehrer News: Wie bereitest du dich auf den Unterricht vor? Was gefällt deinen Schüler:innen am meisten daran?

Daniela: Ich bereite immer eine digitale Folie mit einem motivierenden Spruch für den allgemeinen Stundeneinstieg vor und teile mit ihnen danach unseren heutigen Stundenverlauf. Das gefällt ihnen, weil es die nötige Transparenz und Sicherheit gibt. Wenn ich ihnen den Unterrichtsplan mitteile, können sie sich daran gezielt beteiligen oder Änderungswünsche anmerken. So integriere ich sie aktiv in die Unterrichtsgestaltung und sie fühlen sich mehr wahrgenommen und auch handlungsfähig, was ich sehr wichtig finde. 

Mittlerweile plane ich meinen Unterricht meistens nur noch grob, weil ich mir die nötige Freiheit lassen möchte, spontan auf die Bedürfnisse innerhalb der Klasse reagieren zu können. Häufig sind die Arbeitsphasen meiner Stunden sehr flexibel und individuell ausgerichtet, sodass die Aufgaben verschiedene Schwierigkeitsgrade enthalten und die Schüler:innen sich selbst nach ihrer eigenen Einschätzung einteilen können. Auch der Ort, an dem sie arbeiten, ist flexibel, solange sie dies vorher mit mir absprechen und das Arbeiten dort dann gut gelingt. Hier baut alles auf gegenseitigem Vertrauen auf, was sich im Verlauf der Schuljahre dann immer mehr ergibt.

Lehrer News: Fällt es auch manchmal schwer, die Balance zwischen diesen Freiheiten und der nötigen Disziplin aufrechtzuerhalten? Wie schaffst du es, ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufzubauen und worauf sollten Lehrer:innen dabei am meisten achten?

Daniela: Ich halte immer wieder Rücksprache und frage meine Schüler:innen, ob sie gut arbeiten konnten oder was sie noch brauchen, um besser arbeiten zu können. Dadurch hole ich sie selbst in die Verantwortung für ihren Lernprozess. Gleichzeitig beobachte ich das freie Arbeiten selbst und sobald mir auffällt, dass es nicht so gut klappt, kommuniziere ich das direkt und wir versuchen gemeinsam eine Lösung zu finden. Manchmal kann dies auch vorübergehend darin enden, dass die Schüler:innen erst einmal wieder im Klassenraum mit meiner Begleitung arbeiten müssen, bis wir es dann erneut versuchen. Dieses freie Arbeiten ist ein Prozess, der seine Zeit braucht und in dem es auch Rückschritte geben darf. 

Lehrer News: Unter dem Namen @lehrerinnen_momente bist du auf Instagram aktiv, außerdem betreibst du einen YouTube-Kanal sowie einen Blog und veröffentlichst Unterrichtsmaterialien. Und du bist auch Mutter. Wie kriegst Du das mit dem Beruf unter einen Hut?

Daniela: Ich arbeite, seitdem ich Mutter bin, in Teilzeit, weil ich eine Vollzeitstelle mit Kind organisatorisch nicht bewältigen könnte. Gleichzeitig hatte ich vor meinem Kind bereits meinen Blog, meinen YoutTube- und Instagram-Kanal und habe Vollzeit gearbeitet. Das ist schon möglich, wenn man gerade in der Unterrichtsplanung irgendwann die nötige Erfahrung mitbringt und sich bewusst macht, dass nicht jede Stunde perfekt wie im Referendariat geplant sein muss. Sobald man sich von Perfektion verabschiedet und sich dadurch mehr Freiheiten ermöglicht, hat man insgesamt auch mehr Motivation und Zeit für andere Dinge.

Lehrer News: Wie lange hat es ungefähr gedauert, bis du diese Perfektion zurücklassen konntest und was hat dir auf dem Weg dahin geholfen?

Daniela: Direkt mit meiner ersten Vollzeitstelle habe ich schnell gemerkt, dass ich Abstriche machen muss, damit ich nicht im Burnout lande. Mein Tipp ist daher für alle: Sucht euch pro Woche eine Klasse aus, in welcher ihr die Unterrichtsplanung gründlich durchdenkt und alle anderen Klassen laufen dann nebenbei. So könnt ihr pro Woche immer eine neue Klasse auswählen und es kommen alle Klassen alle paar Wochen zu ausführlicher geplanten Stunden. 

Lehrer News: Was bringt dir am meisten Freude daran und motiviert dich, deine Erfahrungen über so viele Kanäle zu teilen?

Daniela: Mich motivieren die vielen Nachrichten, die ich von meinen Follower:innen bekomme, dass ich sie inspiriere. Viele folgen mir bereits seit 7 Jahren. So etwas motiviert. 

Lehrer News: Lehrermangel, zunehmende Gewalt an Schulen, sinkende Leistungen bei Schüler:innen … es gibt vieles, das im Bildungssystem gerade nicht so gut läuft und vor allem die Lehrer:innen müssen diese Last auffangen. Was bereitet dir Hoffnung?

Daniela: Ich sehe jeden Tag im Instalehrerzimmer und auch in meinem eigenen Kollegium so viele großartige Lehrkräfte, die sich für Veränderung einsetzen und in denen es brodelt, endlich etwas Großes zu tun und sich sehr für das Bildungssystem einsetzen. Das gibt mir die Hoffnung, dass wir diesen Aufschwung und diese Motivation hoffentlich irgendwann auch in die Tat umsetzen können. Viele von uns machen dies bereits jeden Tag im Kleinen, nämlich in unseren Klassenräumen, und damit bewirken wir bereits Großartiges, denn jede Veränderung muss irgendwo beginnen.

Lehrer News: Gibt es ein Beispiel aus deiner Erfahrung von einer kleinen positiven Veränderung, die du oder ein:e Kolleg:in im Klassenraum herbeiführen konnte?

Daniela: Wir planen an unserer Schule einen Neubau und ich durfte mit anderen Kolleg:innen, Schüler:innen, Mitarbeiter:innen und der Schulleitung daran mitwirken und wir begleiten diesen Prozess. Man fühlt sich gehört und gesehen und darf neue pädagogische Konzepte einarbeiten.

Lehrer News: Falls du schon mal schlechte Erfahrungen mit Schüler:innen, Eltern oder Kolleg:innen machen musstest: Wie bist du damit umgegangen?

Daniela: Ich tausche mich mit erfahrenen Kolleg:innen aus und dieser Austausch hilft mir, eine geeignete Lösung oder eine zukünftige Lösungsstrategie zu finden. Man sollte sich immer bewusst machen, dass man nie alleine ist und sich Rat und Hilfe holen darf.

Lehrer News: Wie hat dir der Beruf geholfen, persönlich zu wachsen?

Daniela: Ich bin noch empathischer geworden und habe durch die Arbeit mit den Jugendlichen teilweise auch sehr private Schicksale erfahren dürfen, die mich noch mehr sensibilisiert haben, denn jedes Verhalten hat einen Ursprung und dieses Bewusstsein hat mich sehr wachsen lassen.

Lehrer News: Welchen Tipp würdest du angehenden Referendar:innen oder Lehrer:innen mitgeben wollen?

Daniela: Versteift euch nicht zu sehr auf „den perfekten“ Unterricht, sondern seid menschlich, zeigt ernsthaftes Interesse an der Lebenswelt eurer Schüler:innen, merkt euch zu jedem eurer Schützlinge eine bestimmte Sache, die ihr irgendwann mal für euren Unterricht gebrauchen könnt. Geht Verbindungen ein, seid nahbar und ehrlich, denn Schüler:innen lernen von denjenigen am besten, die sie mögen und zu denen sie eine Verbindung verspüren. Seid selbst durch eure Empathie der Unterschied.

Lehrer News: Vielen Dank für das Gespräch!

Daniela ist Lehrerin an einer Gesamtschule und teilt online Ideen und Tipps rund um ihren Beruf. Unter dem Namen @lehrerinnen_momente postet sie regelmäßig Beiträge auf Instagram, in denen sie Einblicke in ihren Alltag gewährt und vor allem Referendar:innen und angehenden Lehrkräften Ratschläge über Unterrichtsplanung, Klassenführung oder Arbeitsmethoden mit auf den Weg gibt. Wer sich etwas ausführlicher beraten lassen und einen umfassenderen Eindruck gewinnen will, kann sich Danielas Vlogs auf ihrem YouTube-Kanal ansehen oder sich in ihren Blog einlesen. Außerdem teilt Daniela viele Unterrichtsmaterialien und hat auch ein Buch über Rechtschreibung herausgebracht.

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