Social-Media-Sprechstunde: ein Lehrer im Interview über Hilfe bei Cybermobbing und gefährlichen Trends

Von
Birte Frey
|
19
.
December 2024
|
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Ein Mädchen sitzt auf ihrem Bett und schaut auf ihr Handy.

In der Social-Media-Sprechstunde besprechen Schüler:innen, wenn sie online etwas gesehen haben, was sie nicht mehr loslässt. (Quelle: Canva)

Wie können wir unseren Schüler:innen bei Problemen auf Social Media helfen, fragte sich Thomas Hillers, der eigentlich Lehrkraft für Werte und Normen an der Waldschule Hatten ist, und erfand kurzerhand die Social-Media-Sprechstunde. Cybermobbing, verfassungsfeindliche Inhalte, Kinderpornografie – die Schüler:innen vertrauen sich in der Sprechstunde an. Für Themen, die die ganze Schule betreffen, wie gefährliche Challenges, rufen Hillers und Schulleitung, Spiegel-Bestseller-Autorin und Digitalbotschafterin des Landes Niedersachsen Silke Müller spontane Großversammlungen ein. Im Interview berichtet Hillers über Themen in der Sprechstunde, die Zusammenarbeit mit der Polizei und gibt Tipps, wie man Schulleitung und Kollegium ins Boot holt, wenn man eine Social-Media-Sprechstunde an seiner Schule starten möchte.  

Wieso engagieren Sie sich so dafür, Social Media in der Schule zu besprechen?

Thomas Hillers: Ich bin sehr, sehr medienaffin, schon immer gewesen. Ich habe mich schon immer dafür interessiert, was es gerade neues gibt auf Social Media. Und ich habe aus Eigeninteresse heraus sowieso die ganzen Medien genutzt und dann während meiner Lehrtätigkeit immer wieder gemerkt: Es zahlt sich aus, wenn man am Puls der Zeit ist und mit Schüler:innen auf Augenhöhe reden kann. Ja und dann hat sich die Idee von der Sprechstunde fast ganz automatisch ergeben. Als ich vor viereinhalb Jahren meine Stelle an der Waldschule angetreten habe, hatten wir die erste Dienstbesprechung und da sagte unsere Schulleiterin Frau Müller, dass mal wieder Sticker mit pornografischen Inhalten rumgehen. Da hat sich mal wieder gezeigt: Wenn den Kindern im Netz was widerfährt, dann erfahren wir das erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. 

Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Warum gibt es nicht einen Ort, wo wir von den Kindern lernen können, was gerade online los ist? Betreut von jemandem, der sich sowieso tagtäglich damit beschäftigt? Um uns dann mit den Erkenntnissen auf Schulebene darauf vorzubereiten, was bei den Schüler:innen online gerade los ist? Das war die Geburtsstunde der Sprechstunde. Ich hab dann das Konzept geschrieben und zwei Wochen später haben wir mit der Social-Media-Sprechstunde gestartet und mittlerweile ist sie zu einem richtigen Erfolgsmodell geworden. Ich bekomme Anfragen von Schulen aus ganz Deutschland, die sich in dem Bereich fortbilden wollen und Hilfe brauchen.  

Was ist die Social-Media-Sprechstunde?

Thomas Hillers: Die Social-Media-Sprechstunde ist wie eine Art Beratungsstunde, die immer freitags in der zweiten Stunde stattfindet. Da sitze ich dann in meinem Raum und warte auf Schüler:innen. Die Schüler:innen können sich dann von ihrer Lehrkraft freistellen lassen und dann können sie vorbeikommen und darüber sprechen, was sie im Netz erlebt haben. In der Social-Media-Sprechstunde besprechen wir, wenn die Schüler:innen online etwas gesehen haben, was sie nicht mehr loslässt. Sie können sich auch beraten lassen, wenn sie Opfer von Mobbing oder Hassrede geworden sind. Man kann aber auch zu mir kommen, wenn man selbst merkt, ich habe gestern im Unterricht gelernt, dass bestimmte Sachen nicht erlaubt sind, die ich getan habe. Da kann man sich von mir einen Ratschlag holen, wie man jetzt am besten damit umgehen sollte. 

Für welche Klassenstufen ist das Angebot? 

Thomas Hillers: Wir sind eine Oberschule. Wir haben die Jahrgänge fünf bis zehn und das richtet sich an alle Schüler:innen. Unser Angebot an der Waldschule richtet sich aber auch an Kolleg:innen, die irgendwas im Unterricht wahrnehmen, worüber sie sich austauschen wollen und auch an die Eltern. Eltern kontaktieren mich meistens per E-Mail oder wir telefonieren. 

Mit welchen Themen kommen Schüler:innen typischerweise so in die Social-Media-Sprechstunde?

Thomas Hillers: Man kann gar nicht sagen, dass es so die typischen Themen gibt. Die Bandbreite ist riesengroß. Ich sage immer, es gibt zum einen die “Mikrothemen”, die ganz klein sind und große Themen. Ein “Mikrothema” ist eins, dass wir schnell klären können. Zum Beispiel, wenn ein:e Schüler:in zu mir kommt und sagt, ich habe eine E-Mail bekommen auf unserem Schul-E-Mail-Programm und da steht, dass jemand meinen Computer gehackt hat und der hat meine Webcam angezeigt und der hat mich dabei beobachtet, wie ich auf bestimmten pornografischen Internetseiten war und dann vielleicht etwas gemacht habe und jetzt erpresst er mich mit dem Videomaterial und will, dass ich ihm Geld überweise. Das sind “Mikrothemen”, weil da kann ich sagen: Beruhig dich, alles gut. Alle deine Mitschüler:innen haben diese E-Mail auch bekommen. Ich habe sie auch bekommen. Es redet nur keiner drüber. Und dann kann ich erklären, dass das diese klassischen Erpressungs-Mails sind, die zu 10.000 rausgehen. 

Und was sind große Themen bei Ihnen in der Social-Media-Sprechstunde?

Thomas Hillers: Ein großes Thema ist es zum Beispiel immer dann, wenn wir es mit Kinderpornografie zu tun haben, also dem Verschicken von Nacktbildern. Dann haben wir Inhalte, die verfassungsfeindlich sind und wir haben mit sogenanntem "Tasteless Content” viel zu tun. Das sind Videos und Bilder, auf denen Tötungen, Misshandlungen und Folter zu sehen sind, die die Schüler:innen rumschicken. Wir haben es aber auch mit Challenges und Trends zu tun. Zum Beispiel gibt es gerade den Trend, dass man jemandem Riechsalz unter die Nase hält und ihn auffordert zu riechen, unter dem Vorwand, dass das ein Duft ist, der ultragut riecht und wenn der andere das dann macht, sticht ihm das total in der Nase und haut ihn komplett um. Damit pranken sich Schüler:innen dann gegenseitig. Sprich, sie spielen sich damit Streiche. Da warten wir gerade nur darauf, bis wir das auf unserem Schulhof entdecken. Es dauert meist keine 48 Stunden, bis sich solche Trends aus dem Netz auf dem Schulhof wiederfinden. Und alles, was Richtung “Legal Highs” geht, also so Mittel, die “mittel-legal” sind, aber ähnliche Wirkungen wie beispielsweise Ecstasy oder Cannabis haben, im Schulalltag auszuprobieren ist gerade gang und gäbe. 

Wie spricht man mit Schüler:innen über gefährliche Trends und Challenges?

Thomas Hillers: Wenn wir sehr gefährliche Dinge im Netz wahrnehmen oder ich beobachte, dass Dinge geteilt werden, die moralisch total verwerflich sind, aber dann bei jedem auf der “For you Page” auf TikTok auftauchen, dann machen wir eine spontane Versammlung am nächsten Tag. Das heißt, die Jahrgänge fünf bis sieben kommen dann in der ersten großen Pause in die Aula. Und dann spreche ich zusammen mit meiner Schulleitung, mit allen Schüler:innen darüber, dass es moralisch verwerflich ist, Videos, wo zum Beispiel ein:e Jugendliche:r von seinen Mitschüler:innen ermordet wurde, zu reposten nur, um Klicks zu generieren. Danach hat man dann noch mal die größeren Schüler:innen in einer Versammlung da, da macht man noch mal ne direktere Ansprache. Also wenn wir gefährliche oder gesundheitsgefährdende Trends wahrnehmen, dann sprechen wir das direkt an.

Wie kam es dazu, dass Sie diese spontanen Großversammlungen eingeführt haben? 

Thomas Hillers: Wir haben die Großversammlungen zeitgleich mit der Social-Media-Sprechstunde eingeführt. Wir wollen die Schüler:innen davor schützen, dass sie irgendwas teilen, was sie dann ein halbes Jahr später bereuen oder vielleicht rechtliche Probleme bekommen. Aber man kann natürlich nicht sagen, dass bei uns deshalb alles perfekt dadurch läuft. Wir haben die gleichen Probleme, wie jede andere Schule. 

Wie gehen Sie damit um, wenn Kinder Ihnen ein Video zeigen, in dem eine Tötung zu sehen ist? Ist das nicht total beängstigend?

Thomas Hillers: Total. Das kann auch für die Lehrkraft traumatisierend sein. Ich bin sehr zartbesaitet und schaue mir das aus Selbstschutz nie an. Ich lasse mir immer beschreiben, was da zu sehen ist. Auf TikTok gibt es auch Aufklärungsvideos, die so eine Szene nur kurz anspielen und dann erklären worum es geht. Damit kann man sich auch informieren. Und ich hole meine Schulleitung mit ins Boot. Meine Schulleitung hat ein sehr dickes Fell. Die kann das dann sichten, weil sie in zehn Jahren Schulleitung schon einiges erlebt hat. Aber ich mache das nicht. Ich erinnere mich immer noch an damals zu meiner Schulzeit vor 15 oder 16 Jahren. Da gab es auch mal so ein Video auf dem Schulhof. Da war auch eine Enthauptung zu sehen, eine Hinrichtung aus einem Kriegsgebiet. Es hat mir damals gereicht, dass ich diesen Sound gehört habe und eine Millisekunde auf das Handy drauf geschielt habe. Diese Bilder, die vergesse ich bis heute nicht. Da ist es teilweise schon schockierend, was sich die Kinder heutzutage so anschauen. Es gibt aber eben auch Fälle, wo man die Betroffenheit der Kinder merkt und wie sehr sie solche Videos beschäftigen. Da hole ich dann das Beratungsteam dazu, zu dem auch die Schulsozialarbeit gehört. 

Wie schaffen Sie es, dass sich Schüler:innen Ihnen anvertrauen? 

Thomas Hillers: Die Anliegen der Schüler:innen werden vertraulich behandelt und das ist auch wichtig, damit sie dann auch wiederkommen und vielleicht auch anderen Schüler:innen erzählen “Ey da kannst du hingehen, wende dich ruhig mit deinem Problem an Herrn Hillers.” Wenn ich die Karte einmal verspielt habe, ist es schlecht. Deshalb ist es wichtig, eine Atmosphäre zu schaffen, wo Schüler:innen sich öffnen können. Das war auch mit einer der Kernideen von der Sprechstunde. Wir wollten Kindern eine Plattform bieten, wo sie Dinge besprechen können, über die sie auf keinen Fall mit den Eltern sprechen wollen, weil sie so schambehaftet sind und von denen auch die Mitschüler:innen am besten Fall nichts mitbekommen sollen. 

Ich stelle mich zu Beginn eines jeden Schuljahres immer in den neuen fünften Klassen vor. Ich gehe in jede Klasse. Dort stelle ich unser Plakat vor, dass wir entwickelt haben. Da sind verschiedene Fälle abgebildet und durch meine direkte Ansprache, in der ich dann auch mal TikTok-Slang verwende, merken die, dass ich wirklich Ahnung habe. 

Was machen Sie, wenn Sie feststellen, dass ein:e Schüler:in zum Täter geworden ist?

Thomas Hillers: Wenn ich so eine Situation mit Schüler:innen habe, kläre ich sie erst mal über die Themen auf, bei denen ich mein Schweigen brechen muss. Es gibt ja eigentlich im Rahmen der Sprechstunde eine gewisse Anonymität zum Schutz der Schüler:innen, damit sie sich trauen sich mir in der Sprechstunde zu öffnen. Es gibt aber Themen, da darf ich nicht schweigen, weil ich von einer Straftat erfahren habe und wenn ich es verschweigen würde, dann würde ich mich damit auch strafbar machen. Das betrifft zum Beispiel alles, was in Richtung Kinderpornografie geht, aber auch alles, was verfassungsfeindliche Inhalte, Gewaltdarstellungen oder eben strafrechtlich relevante Bilder und Videos beinhaltet. Die meisten Schüler:innen verstehen das auch. Sie kommen ja zu mir, weil sie Hilfe brauchen. Meistens wenden sich Opfer an uns oder Schüler:innen, die zum Beispiel bei WhatsApp etwas mitbekommen haben. Es kommt selten vor, dass die Täter:innen selbst in die Sprechstunde kommen.

Und an welchem Punkt kommen die Eltern ins Spiel? 

Thomas Hillers: Wenn sich Opfer an uns wenden, sprechen wir mit den Eltern, wenn es um strafrechtlich relevante Themen geht. Wir erklären den Schüler:innen, welche rechtlichen Schritte sie und ihre Eltern jetzt einleiten können und begleiten sie bei diesem Prozess. Den Eltern sagen wir dann auch, wie sie Inhalte sicherstellen und welche Schritte sie einhalten müssen, wenn sie Beweise sichern wollen, um zur Polizei gehen, damit sie sich selbst auch nicht strafbar machen. 

Haben Sie eine Ansprechperson bei der Polizei, mit der Sie in Kontakt sind?

Thomas Hillers: Ja, die haben wir. Das ist auch ein Teil des Prozesses, den man sich erarbeiten muss. Es ist traurig, aber wahr. Polizeibeamte sind nicht immer medienaffin. Das ist ein bisschen auch Glück, an wen man da gerät. Da hatten wir schon grausige Situationen, die sich leider viel zu lange hingezogen haben und es wird nicht von der Polizei gehandelt, weil die Relevanz und die Gefahrensituation nicht erkannt wurde. Aber mittlerweile haben wir große Learnings gehabt. Wir wissen jetzt, mit wem wir telefonieren können, wer unsere Ansprechpartner ist und da haben wir immer einen sehr kurzen Draht. Und dadurch, dass wir bestimmte Fälle auch immer wieder hatten, haben wir jetzt auch eine sehr gute Routine, was Handlungsanweisungen angeht. Es ist aber eben viel Netzwerkarbeit. Und das kann man den Behörden auch gar nicht verübeln. Wenn die Polizei jeder Straftat im Netz nachgehen würde, wäre sie personell komplett überfordert. Und es ist nun mal auch nicht jede;r, der jetzt vielleicht schon 20 Jahre im Dienst ist, in diesen sozialen Medien und kennt sich aus.

Was hat eine Schule davon, eine Social-Media-Sprechstunde einzuführen?

Thomas Hillers: Ich kann nur mit auf dem Weg geben, dass es sich in jedem Fall lohnt. Das ist ein riesengroßer Mehrwert für die Schule an sich. Für die Gestaltung des Unterrichts, auch weil man die Schüler:innen dann auch ein bisschen besser abholen kann und es hilft ungemein Dinge zu verstehen, die auf dem Schulhof passieren. Man weiß, wo es herkommt. Man weiß, welche Tragweite das hat und man kann auch die Gefahren viel besser abschätzen.

Zum Beispiel ein Video von einer Schlägerei auf dem Schulhof. Man könnte jetzt sagen: Okay, die haben sich gehauen und jemand hat das gefilmt. Dann bitte ich die das zu löschen und fertig. Dabei blende ich aber komplett aus, dass es vielleicht eine Challenge oder einen ein Trend gab, der aus den USA hier rübergeschwappt ist. Das ist vor ein, zwei Jahren wirklich ein Thema gewesen, dass Jugendliche sich auf dem Schulhof für eine Schlägerei verabredet haben. Man hat das gefilmt. Man hat das hochgeladen und der gewonnen hat, hat unglaublich viele Follower, Respekt und Anerkennung gewonnen. Wenn man das weiß, kann man ganz anders mit den Schüler:innen darüber reden.

Was würden Sie Lehrkräften raten, die auch eine Social-Media-Sprechstunde einrichten wollen?

Thomas Hillers: Mein Tipp ist, dass Lehrkräfte zum Selbstschutz keine Bilder oder Videos auf ihrem eigenen Handy speichern sollten, die die Schüler:innen in die Social-Media-Sprechstunde mitbringen. Wenn die Schüler:innen solche strafrechtlich relevanten Bilder mitbringen, sollten Lehrkräfte sie auf dem Schüler:innen-Gerät lassen und nicht selbst abspeichern und dann die Polizei kontaktieren und fragen, was zu tun ist. Häufig wird dann das Gerät von der Polizei sichergestellt und die Fotos und Videos eingesehen. Es ist auch kein Problem, wenn die Sachen schon gelöscht sind, die Polizei hat zu diesem Zweck spezielle Recovery Apps, also Programme, mit denen sie die Bilder und Videos wiederherstellen kann, um sie zu sichten. 

Wie hole ich Schulleitung und Kollegium ins Boot, um eine Social-Media-Sprechstunde an meiner Schule zu starten?

Thomas Hillers: Es ist ja immer eine sehr große Hürde die Relevanz von Social Media für die Schule darzustellen, weil manche Lehrkräfte wissen nicht was im Internet passiert. Sie wissen zwar, man kann viel Blödsinn im Internet machen und auch Straftaten begehen, aber die erkennen nicht, wie viel Zeit die Kinder tagtäglich in der digitalen Lebenswelt verbringen und welche unmittelbaren Auswirkungen das auf die Schule hat. Das muss man am besten im Rahmen einer Dienstbesprechung mal zeigen. Also wir sagen immer “Konfrontationsabend” dazu bei uns in der Waldschule. Das machen wir auch einmal im Halbjahr mit den Eltern. Beim “Konfrontationsabend” mit den Eltern zeigen wir allen, die kommen und es wissen möchten, die tagesaktuelle ungeschminkte Wahrheit, was ihre Kinder momentan im Netz erleben. Teilweise mache ich das auch für andere Schulen. Es gibt da einige Expert:innen, die man sich für einen Gastvortrag einladen kann, das kann ich nur empfehlen. 

Oft geht es bei Problemen mit Social Media um rechtliche Fragen – woher stammt ihr juristisches Wissen? 

Thomas Hillers: Das geht tatsächlich alles auf persönliche Fort- und Weiterbildung zurück. Ich hab mir sehr viel angelesen und kann allen Kolleg:innen, die sich da einarbeiten wollen,  sehr empfehlen den Gefährdungsatlas der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz zu studieren, den man kostenlos herunterladen kann. Da wird auf 320 Seiten jedes Thema beschrieben und eine juristische Einordnung gegeben. Das ist mein Handwerkzeug. Und gleichzeitig juristische Fortbildung, mit beispielsweise “Law for School”. Auch sehr zu empfehlen sind Expert:innen wie Prof. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger einzuladen. Er ist auch auf Instagram als Cyberkriminologe unterwegs und schreibt Bücher zu dem Thema. Und wichtig ist natürlich auch immer wieder der direkte Draht zur Polizei. 

In welchem Rahmen sprechen Sie neben der Social-Media-Sprechstunde und den Versammlungen noch mit Schüler:innen über soziale Medien?

Ich mache Medienthemen ganz konkret zum Unterrichtsgegenstand. Zum einen habe ich einen Wahlpflichtkurs zu Social Media. Wir arbeiten da alle typischen Themen durch. Die Kinder erstellen selbst Erklärvideos darüber, beschäftigen sich mit den Gefahren in Social Media und wir haben auch ein Fach, das bei uns in der Schule Digitalkunde heißt. Da klären wir die Kinder auch über die rechtlichen Themen auf: Recht am eigenen Bild, Weitergabe von persönlichen Daten und all das. Und auch im Unterrichtsalltag versuchen wir immer wieder den Bezug zu Social-Media-Themen herzustellen. 

Viele Lehrkräfte halten sich bei digitalen Konflikten der Schüler:innen raus, weil diese ja am Nachmittag passieren. Was halten Sie davon?  

Thomas Hillers: Es ist der bequemste Weg zu sagen, als Schule nehmen wir davon Abstand, was sich nachmittags im Netz abspielt. Aber jeder Konflikt, den wir an der Schule haben wird in Social Media begleitet, in WhatsApp Gruppen, bei Snapchat, in Livestreams. Das heißt auch ein Konflikt, der im Schulalltag passiert, spielt sich nachmittags medial weiter ab und deswegen ist es ein schulisches Thema. All das, was im Nachmittagsbereich passiert, hat Auswirkungen auf den nächsten Tag. Wenn jemand beispielsweise eine Woche lang nicht geschlafen hat, weil er in einer WhatsApp-Gruppe gemobbt wird und völlig fertig im Unterricht sitzt, dann kann er im Unterricht nicht richtig mitmachen. Unsere Meinung an der Waldschule ist, dass die Themen, die sich nachmittags abspielen, Schulthema sind, weil sie sich auf den Schulfrieden auswirken. 

Vielen Dank für das Gespräch!

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