Chiles Bildungssystem: Vielfalt und Herausforderungen (Quelle: Canva)
Chile – ein Land der extremen Kontraste: von der Atacama-Wüste bis zu den Regenwäldern im Süden. Und auch das chilenische Bildungssystem ist vielfältig. Entdecke, warum das chilenische Bildungssystem sowohl Chancen als auch Herausforderungen bietet.
Chile ist ein südamerikanischer Staat, der sich entlang der Westküste des Kontinents über etwa 4.200 Kilometer erstreckt, dabei jedoch durchschnittlich nur 200 Kilometer breit ist. Im Westen grenzt es an den Pazifischen Ozean, im Norden an Peru, im Nordosten an Bolivien und im Osten an Argentinien. Zum Staatsgebiet zählen auch die Osterinsel, die Juan-Fernández-Inseln und weitere Pazifikinseln; zudem beansprucht Chile einen Teil der Antarktis. Die Hauptstadt ist Santiago de Chile. Chile gilt als eines der wirtschaftlich und sozial stabilsten Länder Südamerikas, mit hohem Lebensstandard, niedriger Kriminalitätsrate und führt in der Region in Bereichen wie menschlicher Entwicklung, Wettbewerbsfähigkeit und Pro-Kopf-Einkommen. Geografisch zeichnet sich das Land durch die Atacama-Wüste im Norden, fruchtbare Gebiete mit mediterranem Klima in der Mitte und niederschlagsreiche, dünn besiedelte Regionen im Süden aus.
Es ist Mitglied der OECD. Die chilenischen Schüler erzielten in der PISA-Studie 2022 in den Fächern Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften schlechtere Ergebnisse als der OECD-Durchschnitt. Ein geringerer Anteil der chilenischen Schüler:innen als im Durchschnitt der OECD-Länder erreichte in mindestens einem Fach Spitzenleistungen (Stufe 5 oder 6). Gleichzeitig erreichte ein geringerer Anteil der Schüler:innen als im OECD-Durchschnitt in allen drei Fächern ein Mindestmaß an Kompetenz (Stufe 2 oder höher).
Das chilenische Bildungssystem ist laut dem Informationsportal für ausländische Berufsqualifikationen stark dezentral organisiert: Während das Bildungsministerium ein nationales Curriculum vorgibt, gestalten und verwalten autonome Regionen und Gemeinden den Schulbetrieb. Im Jahr 2020, im Kontext der COVID-19-Pandemie wählte Chile laut Dr. Macarena Domínguez Lazcanos Bericht über Chile im Rahmen der Studie “Trends in International Mathematics and Science Study (TIMMS)” der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) eine Untergruppe von Lernzielen (Priorizacion Curriculum), auf die sich die Lehrkräfte konzentrieren sollen. Dies bedeutet, dass in Chile ab 2024 zwei Lehrpläne vorgesehen sind: ein breiter aktueller Lehrplan für jedes Fach und ein begrenzterer Lehrplan, der realistischerweise umgesetzt wird. Diese Reduzierung des vorgesehenen Lehrplans begann im Jahr 2020 und wurde dann überarbeitet, aktualisiert und im März 2023 erneut überarbeitet; er ist bis 2025 gültig, wenn ein neuer vollständiger Lehrplan für die Klassenstufen 1 bis 10 verabschiedet wird (steht noch aus). Chile hat die TIMSS 2023 im November 2023 durchgeführt, sodass der Lehrplan, der gemessen wird, der eingeschränkte Lehrplan ist. Hier mit anderen zu vergleichen, erscheint deshalb nicht sinnvoll.
In Chile besuchen Kinder nach dem Kindergarten (2–4 Jahre) eine Vorschule, die staatlich, kommunal oder privat organisiert sein kann. Ab vier Jahren beginnt die Pre-Kinder-Vorschule, ab fünf Jahren die Kinder-Vorschule. Die Schulpflicht startet in dem Jahr, in dem das Kind sechs Jahre alt wird. Das Notensystem reicht von 1 (schlecht) bis 7 (sehr gut). Viele Schulen haben eine eigene Schuluniform, die in der Schule oder im Handel erhältlich ist.
Nach der achtjährigen Primarstufe folgt eine vierjährige Sekundarstufe, die in zwei Abschnitte unterteilt ist. Während die ersten beiden Jahre allgemeinbildend sind, entscheiden sich die Schüler anschließend entweder für den akademischen Zweig (“Humanístico-Científica”) oder die berufliche Ausbildung (“Técnico-Profesional”) mit Spezialisierungsmöglichkeiten in Bereichen wie Industrie oder Landwirtschaft. Alle Absolventen erhalten das gleiche Abschlusszeugnis (“Licencia de la Educación Media“), berufsbildende Schüler zusätzlich einen Fachabschluss. Danach stehen Universitäten, Berufsschulen (“Instituto Profesional“) oder technische Zentren (“Centro de Formación Técnica“) offen. Letztere bieten ausschließlich praxisorientierte, zwei- bis zweieinhalbjährige Ausbildungen an, während Berufsschulen vier bis fünf Jahre dauern. Der Praxisanteil variiert je nach Bildungseinrichtung. Chiles Hochschulsystem umfasst drei Universitätsarten: 18 staatliche Universitäten, 9 private mit teilweise staatlicher Finanzierung (gegründet vor 1980) und 34 rein private Universitäten (gegründet nach 1980). Zur Gruppe der “traditionellen Universitäten” gehören 27 Einrichtungen, die dem Chilenischen Hochschulrat (CHURC) angehören und staatliche Mittel erhalten.
In Chile entscheidet laut Trekking Chile oft die soziale Herkunft über die Schulwahl, da die besten Privatschulen hohe Gebühren verlangen und nur für wenige Familien erschwinglich sind. Es gibt drei Schultypen: staatliche “Colegios Municipales” (kostenlos), teilsubventionierte “Colegios Subvencionados” (geringe Gebühren) und private “Colegios Particulares” (teuer, aber mit der besten Abiturvorbereitung). Auch die Fahrtkosten spielen eine Rolle: Zwar ermöglicht ein Schülerausweis vergünstigte Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr, doch viele Eltern lassen ihre Kinder – besonders die jüngeren – mit privaten Schulbussen (transporte escolar) fahren, die von den Schulen vermittelt werden.
Das chilenische Bildungssystem bietet vielfältige Bildungswege, ist aber stark von sozialer Herkunft geprägt. Während der akademische und berufliche Bildungssektor gut strukturiert sind, haben nur wohlhabendere Familien Zugang zu den besten Schulen. Die dezentrale Organisation ermöglicht regionale Anpassungen, führt aber auch zu Unterschieden in der Bildungsqualität. Chile investiert in Bildung, doch Herausforderungen wie soziale Ungleichheit und Zugangsgerechtigkeit bleiben bestehen.
In unserer Reihe Bildungssysteme der Welt haben wir bereits einige Länder und deren Schulsysteme genauer betrachtet und sowohl Abweichungen als auch Übereinstimmungen mit dem deutschen System feststellen können. Dazu zählen unter anderem Kanada, Kuba und die USA.