Vielfalt entdecken, Vorurteile überwinden: Der Christopher Street Day im Unterricht

Der Regenbogen als Zeichen der sexuellen Vielfalt (Quelle: Unsplash)

Regenbogenflaggen, laute Musik und fröhliche Menschen. Die Stimmung auf dem Christopher Street Day (CSD) ist auch dieses Jahr wieder ausgelassen und bunt. Seit mehreren Wochen schon findet der CSD jedes Wochenende in verschiedenen deutschen Städten statt und zieht zahlreiche Menschen in die Innenstädte. Trotzdem ist der CSD auch eine politische Veranstaltung und ein wichtiges Statement gegen die nach wie vor vorhandene Homophobie in der Gesellschaft. Auch für Schüler:innen kann eine Sensibilisierung für das Thema relevant sein, besonders wenn sie selbst oder Menschen in ihrem Umfeld Teil der LGBTQ+ Community sind. Doch wie bringt man Schüler:innen Themen rund um den CSD, Homophobie und sexuelle Vielfalt am besten nahe? Praktische Tipps für eine bunte Unterrichtsstunde, inhaltliche Inspiration und interaktive Ideen erwarten euch in diesem Beitrag.

Was genau heißt nochmal LGBTQ+?

Der CSD ist eine wichtige politische Veranstaltung für die LGBTQ+ Community und zieht in allen deutschen Großstädten jeden Sommer zahlreiche Menschen an, die ein Zeichen gegen die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transpersonen und anderen queeren Menschen setzen wollen. Dieses Jahr haben rund 1,4 Millionen Menschen den CSD in Köln besucht und damit ein starkes Zeichen für sexuelle Vielfalt gesetzt. Doch wer genau ist eigentlich beim CSD vertreten und wofür steht die Abkürzung LGBTQIA+? Insgesamt sind auf dem CSD hauptsächlich Menschen vertreten, die sich als lesbian (L), gay (G), bisexual (B), transgender (T) oder queer (Q) identifizieren und weitere (+).

Für jede dieser sexuellen Orientierungen bzw. Identifikationen gibt es eine eigene „pride flag“, also eine bunte Flagge, mit der sich viele Teilnehmende auf dem CSD schmücken. Ein guter interaktiver Einstieg in das Thema CSD könnte zum Beispiel eine Gruppenarbeit zum Thema pride flags sein. Die Schüler:innen erhalten eine ausgedruckte Auswahl der bekanntesten Pride Flags und können Vermutungen aufstellen, welche queere Gemeinschaft repräsentiert wird. Anschließend können erste Fragen geklärt werden, damit alle Schüler:innen mit demselben Wissensstand in das Thema starten.

Es kann je nach Klassenstufe außerdem interessant sein, sich mit Anfeindungen, Beleidigung und Gewalt im Rahmen des CSDs auseinanderzusetzen. Immer wieder kommt es vor, dass offen queere Personen verbal oder körperlich angegriffen werden und teilweise kommt es auf CSDs zu Konflikten und Gewalt. Beispielhaft kann hier die Situation beschrieben werden, die sich im September letzten Jahres in Münster ereignete. Der 25-jährige Transmann Malte C. wurde auf dem CSD von einem 20-jährigen homophoben Täter angegriffen und erlag wenige Tage später seinen Verletzungen. Situationen wie diese eignen sich für eine Diskussion über die Relevanz von queerem Aktivismus und eine Verbildlichung der Homophobie, die auch in Deutschland aktuell ist.

Woher kommt der „Christopher Street Day“?

Seine Ursprünge findet der CSD in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969. In der Bar „Stonewall Inn“, die in New York als Treffpunkt für homosexuelle Menschen galt, gab es in dieser Nacht eine Polizei-Razzia. Gegen diese diskriminierende Aktion wehrten sich die Besucher:innen der Bar allerdings gewaltsam und weigerten sich, die Schikane und unbegründete Verhaftungen hinzunehmen. Der Widerstand gegen die Polizei war an diesem Abend so überwältigend, dass die Unruhen mehrere Tage andauerten und es zu Demonstrationen gegen die homophoben und gewaltsamen Razzien kam.

Zahlreiche aktivistische Gruppierungen bildeten sich und ein Jahr später demonstrierten rund 4000 queere Menschen, um an das Ereignis im „Stonewall Inn“ zu erinnern. Die Proteste waren namensgebend für den heutigen CSD, denn sie fanden in der New Yorker „Christopher Street“ statt. Noch heute gilt der Juni als „pride month“ und erinnert an die Geschehnisse in der Christopher Street 1969. Ein interessanter Einschub in die Unterrichtsstunde könnten an dieser Stelle wichtige Persönlichkeiten bilden, die sich aktiv für die Rechte von LGBTQ+ Personen einsetzen oder eingesetzt haben.

Die Christopher Street in New York (Quelle: Canva)

Eine der wichtigsten Aktivistinnen ist Marsha P. Johnson, die auch an den Auseinandersetzungen mit der Polizei im Stonewall Inn 1969 beteiligt war. Marsha P. Johnson bezeichnete sich selbst als schwule Person, Transvestit und Drag Queen und hat vor allem nicht-weißen Transpersonen aus der Unterschicht eine Stimme gegeben. Sie setzte sich außerdem gegen die Diskriminierung von HIV-positiven Menschen ein und gilt bis heute als Schlüsselfigur für den Aktivismus gegen Queerfeindlichkeit. Die Netflix-Dokumentation "The Death and Life of Marsha P. Johnson" bietet Einblicke in den mysteriösen Tod der Aktivistin. Andere interessante Persönlichkeiten, die behandelt werden können, sind beispielsweise Malerin Frida Kahlo, Schauspieler und Drag Queen RuPaul oder Schauspielerin Laverne Cox.

Rechte für die LGBTQ+ Community in Deutschland und der Welt

Auch nicht fehlen dürfen in eurem Unterricht die rechtlichen Grundlagen und Gesetzesänderungen der letzten Jahrzehnte, die LGBTQ+ Personen betreffen. Der Fokus kann hier zum Beispiel auf der „Ehe für Alle“, dem Selbstbestimmungsgesetz oder der Stiefkindadoption liegen. Diese drei rechtlichen Themen eignen sich gut als Beispiele, weil die „Ehe für Alle“ im Juni 2017 bereits beschlossen wurde, das Selbstbestimmungsgesetz Teil einer aktuellen Debatte ist und die Stiefkindadoption für lesbische Paare bisher nur unzureichend in der Politik thematisiert wird. Dadurch lässt sich der Prozess, den Gesetzesänderungen in der deutschen Politik durchlaufen, anschaulich erklären und zeigt gleichzeitig die Relevanz von politischem Aktivismus auf.

Die Rechte von LGBTQ+ Personen in anderen Ländern können einen spannenden Diskurs bieten und eignen sich außerdem gut als Diskussionsthema in der Klasse. Zwar ist aktuell in über 30 Ländern weltweit die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt, in einem Drittel aller UN-Staaten werden gleichgeschlechtliche Handlungen allerdings immer noch strafrechtlich verfolgt. In sieben Ländern stehen gleichgeschlechtliche Handlungen bzw. Homosexualität unter der Todesstrafe. In Iran oder Uganda beispielsweise müssen sich Personen der LGBTQ+ Community häufig selbst verleugnen und einen Teil ihrer Identität verstecken, aus Angst verhaftet oder hingerichtet zu werden. Diese Menschenrechtsverletzungen und Einschnitte in die Rechte von LGBTQ+ Personen bieten euren Schüler:innen eine Grundlage für Gedanken- und Rollenspiele und eignen sich als vertiefende Diskussion über die rechtliche Lage von queeren Menschen. 

Der CSD und die damit assoziierten Aspekte sexuelle Orientierung, sexuelle Identität, politischer Aktivismus und Diskriminierung sind ein sehr umfangreiches Thema und bieten wahrscheinlich Inhalte für mehr als eine Unterrichtsstunde. Um Schüler:innen die Relevanz von queerem Aktivismus aufzuzeigen, sollten auf jeden Fall Grundbegriffe rund um LGBTQ+, geschichtliche Hintergründe sowie die rechtliche Situation von queeren Menschen behandelt werden. Anschaulicher wird der Unterricht durch Einbeziehung bekannter queerer Persönlichkeiten, Gruppenarbeiten oder Diskussionen mit verteilten Rollen.

Habt ihr schon einmal den CSD im Unterricht thematisiert oder sogar eine ganze Stunde dem Thema gewidmet? Schreibt gerne eure Erfahrungen und Tipps in die Kommentare!

Anzeige

Mehr zum Thema

Mehr vom Autor

Neuste Artikel

Kommentare

Zurück nach oben Icon