Die VERA-Testergebnisse zeigen, dass Schüler:innen aus Baden-Württemberg Defizite in den Kernfächern Mathematik und Deutsch aufweisen. (Quelle: Canva)
Stuttgart. Die aktuellen Ergebnisse der VERA 3 und VERA 8 Vergleichsarbeiten zeigen deutliche Sprach- und Rechendefizite bei vielen Schüler:innen in Baden-Württemberg. Über 80.000 Dritt- und Achtklässler:innen nahmen jeweils an den Tests im Frühjahr teil, die auf die Einhaltung bundesweiter Bildungsstandards abzielen.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass zahlreiche Drittklässler:innen in Mathematik und Deutsch nicht die geforderten Mindeststandards erreichen. Konkret verfehlen 29 Prozent die Mindeststandards in Mathematik, während in Deutsch 24 Prozent die Anforderungen beim Lesen und 28 Prozent beim Zuhören nicht erfüllen. 17 Prozent der Schüler:innen erreichen gerade mal die Mindeststandards in Mathematik und 21 Prozent im Bereich Lesen. Den Optimalstandard erfüllen lediglich 13 Prozent der Drittklässler:innen in Mathematik, während in Deutsch im Lesen 17 Prozent diesen erreichen. Im Bereich Zuhören können nur 11 Prozent die höchste Stufe erreichen.
Auch die Testergebnisse der Achtklässler:innen zeigen erhebliche Defizite: In Mathematik liegen durchschnittlich 32 Prozent der Schülerinnen und Schüler unter den Mindeststandards. Dabei schneiden die Gymnasiast:innen erwartungsgemäß am Besten ab. Dort verfehlen lediglich 4 Prozent die Minimalanforderungen, während es bei den Realschüler:innen bereits 39 Prozent sind. Bei den Werkreal- und Hauptschüler:innen sind es nur noch 25 Prozent, die die Mindestanforderungen für einen Mittleren Abschluss erfüllen. Allerdings streben auch nicht alle Schüler:innen dieser Schulen einen Realschulabschluss an.
Im Fach Deutsch zeigen die Achtklässler:innen in den Bereichen Lesen und Zuhören ebenfalls Mängel und erfüllten in beiden Kategorien zu 22 Prozent die Mindeststandards nicht. Bei den Realschüler:innen erreichen ungefähr die Hälfte der Schüler:innen die Mindeststandards nicht oder nur knapp. Unter den Werkreal- und Hauptschüler:innen erreichen nur 20 Prozent den Regelstandard (oder höher) im Bereich Lesen und 25 Prozent im Bereich Zuhören.
Bei den Real- und Gemeinschaftsschulen spiegeln sich in allen Fächern die Unterschiede der Niveaustufen bei den Testergebnissen der Schüler:innen wider. Erwartungsgemäß erzielten die Schüler:innen mit dem Leistungsniveau E (erweitertes Niveau) deutlich bessere Ergebnisse als ihre Mitschüler:innen mit den Niveaustufen M (mittleres Niveau) und G (grundlegendes Niveau).
Besonders auffällig ist, dass der Bildungserfolg stark vom sozialen Hintergrund der Schüler:innen abhängt. Kinder aus bildungsfernen Familien und solche, die im Alltag nicht Deutsch sprechen, sind deutlich häufiger von den Mindeststandards entfernt. Dies zeigt sich sowohl in den VERA 3 als auch in den VERA 8 Ergebnissen, wo Kinder mit nicht-deutscher Alltagssprache erheblich öfter die Mindeststandards verfehlen.
Die VERA-Tests werden jährlich bundesweit durchgeführt und bieten eine wichtige Grundlage für die gezielte Förderung und Weiterentwicklung der schulischen Kompetenzen der Schüler:innen. Die Ergebnisse sollen den Lehrkräften dabei helfen, den Bildungsstand ihrer Klassen besser einzuschätzen und gezielte Maßnahmen zur Förderung einzuleiten.
Die Ergebnisse bestätigen die Erkenntnisse früherer Studien und zeigen einen anhaltenden Handlungsbedarf bei der Vermittlung von Basiskompetenzen. Insbesondere der Lehrermangel, die Folgen der Corona-Pandemie und der gestiegene Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, gelten als die zentralen Herausforderungen der Bildungspolitik.
Kultusministerin Theresa Schopper betonte die Wichtigkeit der laufenden Bildungsreformen: „Die Ergebnisse passen zu unseren bisherigen Analysen. Wir haben die richtigen Schwerpunkte bereits gesetzt. Jetzt ist es von großer Bedeutung, dass wir die Bildungsreform, vor allem bei der Frühförderung, konsequent umsetzen und einen langen Atem beweisen“.
Das Förderprogramm sieht vor, dass Kinder mit Sprachproblemen frühzeitig unterstützt werden. Ab dem kommenden Schuljahr sollen Kita-Kinder, bei denen in der Einschulungsuntersuchung erhebliche Sprachdefizite festgestellt wurden, eine verpflichtende Sprachförderung von vier Stunden pro Woche erhalten. Sollte nach dieser Förderung weiterhin Bedarf bestehen, sollen diese Kinder ab dem Schuljahr 2026/2027 in sogenannten Juniorklassen in der Grundschule weiter unterstützt werden. Bisher wurden solche Kinder vom Schulbesuch zurückgestellt.
Das Programm startet zunächst in 450 Gruppen und soll innerhalb von drei Jahren auf landesweit 4.200 Gruppen ausgeweitet werden. Für die Umsetzung rechnet Kultusministerin Theresa Schopper damit, dass etwa ein Drittel der Viereinhalbjährigen zusätzlich gefördert werden müssen, was rund 30.000 Kinder pro Jahr entspricht. Zusätzlich zur Frühförderung in Kitas soll es auch an Grundschulen standardmäßige Sprachfördermaßnahmen in den ersten beiden Klassenstufen geben.
Diese Maßnahmen sind Teil der umfassenden Bildungsreform, die darauf abzielt, die deutlichen Leistungseinbrüche in den Kernfächern Deutsch und Mathematik zu beheben. Ob das zu einer Verbesserung der Leistungen führt, bleibt abzuwarten.