Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass weltweit etwa 322 Millionen Menschen von Depressionen betroffen sind. (Quelle: Canva)
Das Vermitteln sensibler Themen im Unterricht stellt oftmals unabhängig von der Berufserfahrung eine Herausforderung für Lehrkräfte dar. Mentale Gesundheit und psychische Erkrankungen sind klassische Beispiele für Sujets, die aus Sorge vor den Reaktionen der Schüler:innen und Eltern wenig thematisiert werden. Dabei prägt dieses Themenfeld die Denk- und Verhaltensweisen Jugendlicher, während diese insbesondere in der Pubertät große Veränderungen durchmachen und sich selbst neu kennenlernen müssen. Neben dem alltäglichen Emotionschaos, dem schulischen Leistungsdruck und den gesellschaftlichen Erwartungen fühlen sie sich oft mit ihren Fragen auf sich allein gestellt: Was ist normal? Warum fühle ich mich so? Ist es nur eine Phase oder bleibe ich für immer so?
Als grundlegender Bestandteil des alltäglichen Lebens von Jugendlichen stehen Schulen in der Pflicht, den Schüler:innen wertvolle Kompetenzen zu vermitteln, mit denen sie die bestmöglichen Chancen erhalten, um erfolgreich ins Erwachsenenleben zu starten. Dazu gehört auch die Aufarbeitung von negativ stigmatisierten psychischen Erkrankungen, die diversen Studien zufolge jeden fünften bis sechsten Erwachsenen mindestens einmal im Leben betreffen.
Im Rahmen unserer Themenwoche Stress & Depressionen haben wir euch bereits über aktuelle Herausforderungen informiert, Tipps zur Symptomerkennung gegeben und Wege zur Selbsthilfe vorgestellt. In diesem Artikel möchten wir euch eine Hilfestellung bieten, mit der ihr das Thema Depression im Klassenverband ansprechen könnt und euren Schüler:innen die Möglichkeit gebt, ihre Fragen in einem sicheren Umfeld auszusprechen.
Bevor ihr damit beginnt, euch geeignete Abläufe zu überlegen, ist es ratsam, sich zunächst gründlich in die Thematik einzuarbeiten. Themen der mentalen Gesundheit gewinnen zunehmend an gesellschaftlicher Relevanz, weshalb euch mittlerweile zahlreiche Quellen zur Selbstinformation und -hilfe zur Verfügung stehen, die ihr im Internet und anderen Medien abrufen könnt. Im Folgenden haben wir für euch einige Webseiten kuratiert, die einen guten Überblick zum Thema Depression bieten.
Falls ihr etwas mehr Zeit investieren wollt und könnt, haben wir für euch eine gute Sammlung an Büchern und Podcasts zum Thema Depression zusammengestellt.
Da es auch nach einer gründlichen Einarbeitung schwierig sein kann, einen guten Plan für den bevorstehenden Unterricht zu entwerfen, haben wir hier einige Webseiten, die euch speziell die Unterrichtsgestaltung erleichtern sollen.
Da Depression ein ernstes Thema ist, das Schüler:innen verstärkt zum Nachdenken anregt und möglicherweise unbewusste Trigger auslösen kann, empfiehlt es sich, idealerweise im Voraus die Eltern zu informieren. Dies kann in Form eines Informationsschreibens geschehen, indem die geplante Unterrichtseinheit zum Thema Depression (und ggf. weiteren psychischen Erkrankungen) angesprochen und die Eltern oder Erziehungsberechtigten darum gebeten werden, das Verhalten der Schüler:innen in der kommenden Zeit etwas genauer im Blick zu behalten.
Um das Thema dann konkret im Unterricht anzugehen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen kann man mit dem Thema Mental Health starten oder im Allgemeinen über psychische Belastungen wie Depressionen sprechen. Ihr könnt das Thema aber auch mit generellen gesundheitsbezogenen Fragen beginnen wie “Wer von euch war schon mal richtig krank? Was war bisher eure schlimmste Verletzung?" Dadurch können eure Schüler:innen beginnen, offen über Krankheiten zu reden und es kann ein offenes, wohlwollendes Klassenklima geschaffen werden. In diesem Rahmen kann man psychische Erkrankungen ansprechen und den Schüler:innen vermitteln, dass auch diese kein Tabuthema sind. Mit einer offenen Gesprächsrunde können Fragen geklärt und einer oft negativen Stigmatisierung des Themas entgegengewirkt werden. Für eine Fragerunde der Schüler:innen können auch Fachpersonen aus der Schule oder externe Personen aus z.B. Kinder- und Jugendpsychiatrien eingeladen werden.
Während ihr in das Thema einsteigt, solltet ihr eure Schüler:innen gut im Blick behalten. Laut dem gemeinnützigen Diskussionsforum Depressionen e.V. (FIDEO) erkranken etwa 3-10 Prozent aller Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren an einer Depression, Mädchen dabei doppelt so häufig wie Jungen. Daher ist es ratsam, insbesondere denjenigen Schüler:innen, die scheinbar wenig Freunde in der Klasse haben und sich oft nur schwer konzentrieren können, ein Gefühl der Zugehörigkeit zu vermitteln. Ein offener und zwangloser Umgang mit der Thematik kann Betroffenen helfen, offen über Probleme und Belastungen zu sprechen.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den ihr beachten solltet, ist, euren Schüler:innen keine Panik zu vermitteln. Eine sachliche Aufklärung ist von erheblicher Bedeutung und nur, weil einige Anzeichen, die typisch für eine Depression sind, auf jemanden zutreffen können, heißt es nicht, dass diese Person auch depressiv sein muss. Symptome, Dauer und wiederkehrende Episoden unterscheiden sich von Person zu Person und können unterschiedlich ausfallen. Auch das Auftreten einer depressiven Episode bedeutet nicht, dass die betroffene Person als depressiv gilt. Ein länger andauerndes oder sich häufig wiederholendes Stimmungstief kann allerdings Anzeichen einer Depression bedeuten.
Etwas, das nie schaden kann, ist euren Schüler:innen Sicherheit zu vermitteln. Selbst wenn sich jemand in der Symptomatik wiedererkennt, gibt es vielerlei Hilfsangebote in Schulen und außerhalb, die die Situation verbessern können. Ihr als Lehrkräfte könntet die erste Anlaufstelle für eure Schüler:innen sein, eine erste Vertrauensperson, wenn sie sich nicht anders zu helfen wissen. Daher ist es auch für euch sinnvoll, genauer über Depressionen informiert zu sein und eine Liste von Anlaufstellen parat zu haben, die ihr euren Schüler:innen weitergeben könnt. Auch die Möglichkeit zu Einzel- und Gruppengesprächen oder das Beantworten anonym gestellter Fragen könnt ihr euren Schüler:innen anbieten. Zudem solltet ihr als Lehrkräfte, wenn sich ein:e Betroffene:r an euch wendet, dieses Vertrauen nicht missbrauchen und, insofern ihr andere Personen wie die Eltern oder Schulpsycholog:innen involvieren wollt, zukünftige Schritte mit diesen abzusprechen.
Neben der Hilfe von externen Personen gibt es auch jede Menge Wege sich selbst zu helfen, sollte jemand von einer depressiven Episode oder Depression betroffen sein. Neben grundlegenden physischen Gegebenheiten wie einer ausgewogenen Ernährung und ausreichend Bewegung kann auch jeder Versuch, aus der Komfortzone herauszukommen, helfen. Zudem gibt es jede Menge Input auf diversen Medien wie Youtube-Channels, Bücher, Podcasts, wissenschaftliche Artikel, Webseiten, Online- und Präsenz-Kurse, Filme und vieles mehr. Weiterhin kann eine Veränderung des Weltbildes nicht bloß helfen, sich selbst besser kennenzulernen, sondern auch psychischen Erkrankungen entgegenzuwirken. Das bezieht sich auf die Sichtweise, wie die Realität wahrgenommen wird: Unser Leben ist nicht bloß schwarz und weiß, denn in jeder negativen Sache lässt sich auch ein positiver Aspekt finden.
Unabhängig davon ist es in manchen Fällen notwendig, psychologische Hilfe in Form von Gesprächstherapien, ggf. auch mit medikamentöser Behandlung, in Anspruch zu nehmen oder sich temporär in einen stationären Aufenthalt zu begeben.
Damit sich eure Schüler:innen auch nach dem Unterricht selbstständig informieren können, solltet ihr ihnen die Unterrichtsmaterialien, wie auch Links zu diversen Anlaufstellen zur Depressionshilfe online über euren Schulserver zur Verfügung stellen.
Wir hoffen, dass wir euch einige gute Anstöße geben konnten, um das Thema Depression in euren Unterricht integrieren zu können. Wenn euch das Thema interessiert, empfehlen wir euch auch in unsere frühere Themenwoche zu mentaler Gesundheit reinzuschauen. Hier findet ihr zum Beispiel Tipps für Erste Hilfe bei Notfällen psychischer Natur. Teilt uns gerne eure Erfahrungen mit und wie ihr das Thema psychische Erkrankungen in euren Unterricht einbaut.
Lehrkräfte und Betroffene können an verschiedenen Stellen Hilfe finden. Hier sind einige mögliche Anlaufstellen für euch:
Bei längerfristigem Bedarf kann die Suche nach Psychotherapeut:innen über Websites wie Klinikfinder-psychosomatik.de erfolgen.