Hessens Schülervertretung fordert Pflichtbesuche von NS-Gedenkstätten

Von
Tobias Kempter
|
25
.
August 2024
|
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Eingang eines ehemaligen KZ

Der Besuch von Gedenkstätten, die an die Verbrechen der NS-Zeit erinnern, ist für die meisten Schüler:innen ein prägendes Erlebnis. (Quelle: Canva)

Wiesbaden. Aufgrund des zunehmenden Rechtsextremismus in Deutschland fordert die Landesschülervertretung Hessen verpflichtende Gedenkstättenbesuche für alle Schüler:innen. Besuche von NS-Gedenkstätten und anderen historischen Stätten der NS-Zeit sollen in die Lehrpläne aller Schulen aufgenommen werden. Die stellvertretende Landesschulsprecherin Nele Vogel betonte, wie wichtig es sei, die Erinnerung an die Gräueltaten der NS-Zeit durch direkte Auseinandersetzung wachzuhalten: “Um der Verbreitung von rechtem Gedankengut wirksam vorzubeugen, fordern wir verpflichtende Besuche von Gedenkstätten und historischen Stätten der NS-Zeit. Nur durch die direkte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit können wir junge Menschen sensibilisieren und eine Wiederholung der Geschichte verhindern.” Besonders wichtig sei es, auch jene Schüler:innen zu erreichen, die nicht die gymnasiale Oberstufe besuchen, da die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit bislang vor allem in höheren Bildungsstufen thematisiert werde.

In den meisten anderen Bundesländern gibt es bislang keine vergleichbaren Verpflichtungen. Lediglich in Bayern ist der Besuch einer KZ-Gedenkstätte für alle Schüler:innen an Realschulen und Gymnasien bereits Pflicht. Andere Bundesländer empfehlen Besuche, machen diese jedoch nicht zur Pflicht, was zu einer uneinheitlichen Praxis in der schulischen Auseinandersetzung mit der NS-Zeit führt.

Diskussion um verpflichtende Gedenkstättenbesuche

Bereits im April dieses Jahres brachte die Unionsfraktion im Bundestag einen Antrag ein, der bundesweit verpflichtende Besuche von KZ-Gedenkstätten für alle Schüler:innen forderte. Die Unionsfraktion argumentierte, dass solche Besuche ein wesentlicher Bestandteil im Kampf gegen Antisemitismus seien. Thomas Jarzombek, bildungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, sagte dazu: “Wir müssen die Erinnerung an die Schrecken der Schoah bei den nachkommenden Generationen wachhalten.”

Die Forderung der Union stieß jedoch auf gemischte Reaktionen seitens der Gedenkstätten. Während einige Gedenkstättenleiter wie Jörg Skriebeleit von der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg die Initiative der Unionsfraktion grundsätzlich befürworteten und eine flächendeckende Verpflichtung für sinnvoll halten, äußerten andere erhebliche Bedenken. So betonten Vertreter:innen der KZ-Gedenkstätten Buchenwald, Mittelbau-Dora, Dachau und Bergen-Belsen die Bedeutung der Freiwilligkeit bei solchen Besuchen. Zwangsbesuche könnten einen kontraproduktiven Effekt haben, da sie oft eher ablehnende Haltungen verstärken, statt positive Lernprozesse zu fördern. Außerdem kann ein solcher Besuch für viele junge Menschen eine emotionale Überforderung darstellen, die man niemandem aufzwingen sollte, so die Vertreter:innen der KZ-Gedenkstätten im April.

Die Debatte um verpflichtende Gedenkstättenbesuche spiegelt eine breitere Diskussion darüber wider, wie historische Bildung und das Gedenken an die NS-Zeit in Deutschland gestaltet werden sollten. Während einige die flächendeckende Verpflichtung als notwendig erachten, um der zunehmenden Geschichtsvergessenheit entgegenzuwirken, setzen andere auf Freiwilligkeit und individuelle Bereitschaft der Schüler:innen, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Gerade in Zeiten des zunehmenden Rechtspopulismus ist es wichtig, die Verbrechen des Nationalsozialismus im Unterricht in Erinnerung zu rufen (Lehrer News berichtete). Aus Sicht der Landesschülervertretung Hessen könnte die Einführung von verpflichtenden NS-Gedenkstättenbesuchen einen wichtigen Beitrag dazu leisten.

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