Konzept mit drei Säulen: Kultusministerin Anna Stolz will den Lehrkräftemangel mit freiwilliger Mehrarbeit von Teilzeitkräften entschärfen (Quelle: Creative Commons / Matthias Balk)
München. Bayerns Schulen stehen vor einem akuten Lehrkräftemangel, der sich in den kommenden Jahren noch weiter verschärfen könnte. Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hat deshalb ein umfassendes Konzept vorgestellt, das auf drei Säulen basiert: Gewinnung zusätzlicher Lehrkräfte, Nutzung des Potenzials des bestehenden Lehrkörpers und Senkung des Personalbedarfs.
Ein zentraler Aspekt des Konzepts ist die freiwillige Erhöhung der Arbeitszeit von Teilzeitkräften. Derzeit arbeiten über 53 Prozent der bayerischen Lehrkräfte in Teilzeit. Stolz appelliert an diese Gruppe, ihre Stunden aufzustocken, um die Unterrichtsversorgung zu sichern. Dazu sollen Anreize wie die Aussicht auf komplett freie Tage trotz Mehrarbeit geschaffen werden. Schon eine Erhöhung der Arbeitszeit um ein bis zwei Stunden pro Woche bei Teilzeitlehrkräften könne so viel zusätzliche Unterrichtszeit bringen wie mehrere hundert Vollzeitstellen.
Trotz dieser Appelle betont das Kultusministerium, dass es keinen Zwang zur Mehrarbeit geben wird. Stolz setzt auf Freiwilligkeit und den Dialog mit den Schulen vor Ort. Sollten die freiwilligen Maßnahmen jedoch nicht ausreichen, behält sich das Ministerium vor, das Lehrerstundenbudget einzelner Gymnasien um bis zu zwei Prozent zu kürzen. Dies könnte zu größeren Klassen und einer Reduzierung des Wahlunterrichts führen.
Das Konzept von Stolz stößt bei Lehrerverbänden und Bildungsexperten auf Kritik. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) hat bereits in der Vergangenheit davor gewarnt, dass eine Einschränkung der Teilzeitregelungen die ohnehin schon hohe Belastung der Lehrkräfte weiter steigern könnte. Simone Fleischmann, Präsidentin des BLLV betont: “Teilzeit ist für viele Lehrerinnen das Versprechen von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf”. Zudem sei die Strategie, fehlende Stellen durch Mehrarbeit des bestehenden Personals zu kompensieren, nur eine kurzfristige Notlösung und mache den Beruf langfristig unattraktiver.
Ein weiteres Problem ist die hohe Anzahl von Lehrkräften, die vorzeitig in den Ruhestand gehen. Aktuell treten über 80 Prozent der Lehrkräfte ihren Ruhestand vorzeitig an, oft aufgrund von Überlastung und gesundheitlichen Problemen. Vor zehn Jahren arbeiteten noch über 60 Prozent der Lehrkräfte bis zum regulären Rentenalter. Besonders betroffen sind Grund- und Mittelschulen, an denen mittlerweile nur noch rund 15 Prozent der Lehrkräfte bis zur Altersgrenze im Dienst bleiben.
Um langfristig Abhilfe zu schaffen, plant das Ministerium, verstärkt auf den Quereinstieg zu setzen und die Attraktivität des Lehramtsstudiums zu erhöhen. Bereits seit dem Schuljahr 2021/2022 können Quereinsteigende ohne Lehramtsstudium innerhalb von zwei Jahren zur Lehrkraft ausgebildet werden – seitdem wurden rund 1.400 Lehrkräfte auf diesem Weg gewonnen. Zudem sollen “Lehramtsbotschafter” an Schulen für den Beruf werben und Schüler:innen für das Lehramtsstudium begeistern. Stolz betont zudem die Notwendigkeit, den Schulen mehr Freiräume zu gewähren und lokale Gegebenheiten zu berücksichtigen, um den Lehrkräftemangel effektiv zu bekämpfen.