Junge Lehrkräfte müssen sich den Respekt der Schüler:innen erarbeiten (Quelle: Envato)
Ihr kommt neu an eine Schule und beginnt jetzt selbst zu unterrichten. Fachlich und didaktisch habt ihr frische Inhalte aus dem Studium mit im Gepäck. Doch das erste Mal vor einer Klasse zu stehen, ist ein harter Realitätscheck. Durch den geringen Altersunterschied zu den höheren Stufen und die noch nicht etablierte Rolle an der Schule ist das Referendariat eine echte Herausforderung für junge Lehrer:innen. Wir haben für euch hilfreiche Aspekte gesammelt, die euch dabei helfen können, eine Autorität zu entwickeln.
Den Respekt der Klasse muss man sich erarbeiten
Im Referendariat müsst ihr regelmäßig alleine vor der Klasse stehen und unterrichten. Um für ein gutes Unterrichtsklima zu sorgen, braucht es Respekt von Seiten der Schüler:innen. Genau diesen müssen sich alle Lehrkräfte selbst erarbeiten und die Kinder, besonders aber die pubertären Jugendlichen, machen euch das alles andere als einfach. Als Referendare steht ihr bei der Klasse erstmal unter besonderer Beobachtung. Es wird ausgetestet, wie ihr tickt, wo eure Grenzen liegen und wie durchsetzungsfähig ihr seid. Ihr werdet direkt in der Kennlernphase nicht nur mit Tuscheln und Unaufmerksamkeit auf die Probe gestellt, sondern es wird gerne auch bewusst Quatsch gemacht, provoziert oder der Unterricht gestört.
Während man sich als junger Mensch selbst noch nah an den Schüler:innen sieht, wollen diese von euch sehen, ob ihr eine Respektsperson seid. Die besonders pubertären Altersklassen lehnen sich ohnehin gerne gegen Regeln und Autoritäten auf. Mit Kumpelei gibt man ihnen nur den Raum, das zu zeigen. Die Aufgabe ist deshalb nicht, sich mit den Schüler:innen anzufreunden, sondern eine Klarheit in die eigene Rolle und in das Lehrer-Schüler-Verhältnis zu bringen. Eure erfahrenen Kolleg:innen haben den Vorteil, dass sie in den meisten Fällen schon als Lehrkraft etabliert sind, weil sie eben schon da waren, als die neuen Schüler:innen auf die Schule kamen. Im Referendariat hingegen seid ihr die Neuen und kommt aus Sicht der Kinder an ihre Schule, betretet sozusagen deren Revier.
Eine gute persönliche Vorbereitung und klare Leitplanken
Die fachlichen Inhalte und Lehrmethoden bilden die Grundlage für jede Unterrichtsstunde. Genauso wichtig ist aber die persönliche Vorbereitung, wie ihr euch strukturiert und verhaltet. Wenn die Klasse euch und eure Grenzen austestet, dann ist es hilfreich, darauf mit einer klaren Haltung und strikten Linie reagieren zu können. Diese solltet ihr euch in jedem Fall vor dem ersten Unterricht klar machen. Wie wollt ihr eine Ermahnung aussprechen? Wie oft könnt ihr solche wiederholen? Wie hart reagiert ihr auf Unaufmerksamkeiten, Tuscheln und nicht zuhören? Wie reagiert ihr auf Provokationen oder bewusste Unterrichtsstörungen? Welche Stufen der Eskalation gibt es? Es ist keine Lösung, unendlich zu ermahnen und keine Konsequenzen zu haben. Daher empfehlen wir euch, vorher genau diese Fragen durchzugehen und dann im Unterricht darauf zu achten, euch an die eigenen Vorsätze zu halten. Die Schüler:innen werden eure Ermahnungen eher annehmen, wenn sie diese für fair oder logisch erachten. Seid ihr dabei stringent und nachvollziehbar wie ihr handelt, dann ist der erste Schritt hin zur Autorität geschafft.
Klar ist, als Lehrer:innen seid ihr in der Verantwortung, die Richtung vorzugeben und den Unterricht initiativ zu leiten. Damit ihr diese Position stärkt, solltet ihr die Fäden immer in der Hand behalten. Egal welche Arbeitsform ihr nutzt, also auch bei Partner- oder Gruppenarbeiten, stärkt ihr euch, wenn ihr immer ein gutes Maß an Kontrolle behaltet. Das gelingt, indem ihr trotzdem aktiv bleibt. Macht beispielsweise Vorgaben, moderiert die Zeit oder zeigt Interesse, wenn ihr eine angeregte Diskussion wahrnehmt. Sich ans Lehrerpult zurückzuziehen und um etwas anderes zu kümmern ist nicht sinnvoll. Selbstorganisation bei den Schüler:innen zu fördern ist zwar wichtig, doch gerade am Anfang hilft es, die Führung nur so viel abzugeben, dass man selbst nicht überrascht werden kann. Das gibt Sicherheit und kann eure Kontrolle besser aufrechterhalten. Wenn ihr das einmal etabliert habt, ergeben sich mit der Zeit mehr Freiheiten. Dass es jedoch generell kein richtig freundschaftliches Verhältnis zwischen Lehrer:innen und Schülerinnen geben kann, haben wir für euch in einem weiteren Artikel beleuchtet.
Natürlich ist es gut, sich humorvoll und menschlich zu zeigen. Ihr müsst das nicht erzwingen, aber über einen guten Witz dürft ihr lachen und über ein eigenes kleines Missgeschick mit Sicherheit auch. Sich auf persönlicher Ebene zu viel Druck zu machen, ist aber nicht zielführend. Es geht nämlich nicht darum, wie die Klasse euch als Personen wahrnimmt, sondern als Lehrkraft. Trotzdem ist höflich und aufmerksam zu sein wichtig, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Es sind Selbstverständlichkeiten, wie die Worte “Danke” und “Bitte” bei kleinen Interaktionen, die in der Aufregung schnell vergessen werden. Hinzu kommt, auf die eigenen Schüler:innen zu achten, aufmerksam zu sein und das auch zu zeigen, beispielsweise indem ihr sie auf dem Flur grüßt. Dann fühlen sich die Kinder wahrgenommen und wertgeschätzt. Bezogen auf den Unterricht bedeutet das dann auch ein Lob auszusprechen und das Rückfragen nicht zu vergessen. Gibt's noch Fragen zu dem Thema? Hat jemand etwas nicht verstanden? Braucht ihr noch etwas Zeit? Wenn die Lehrkraft Respekt für die Schüler:innen zeigt, werden sie auch beginnen, die Lehrkraft zu respektieren.
Eine gute Haltung stärkt euch in der Lehrerrolle
Es ist keine leichte Aufgabe, das alles im Blick zu behalten. Ein paar kleine Tricks sind hilfreich, um euch selbst in der Situation zu stärken. Die richtige Körpersprache kann sehr dabei helfen, Autorität auszustrahlen und euer Handeln und Sprechen zu unterstützen. Ein sicherer Stand und eine aufrechte Haltung verstärken, was man sagt, egal ob es Unterrichtsinhalte oder Ermahnungen sind. Gerade zu Beginn des Referendariats könnt ihr euch angewöhnen, direkt vor dem Betreten des Klassenzimmers einmal tief einzuatmen und dabei den Körper richtig aufzurichten. So startet ihr sofort und schon vor dem eigentlichen Unterrichtsbeginn in eurer Rolle. Während der Stunde könnt ihr darauf achten, ruhig zu bleiben und versuchen, nicht hektisch zu agieren. Wenn die Stimme dabei klar, laut und bestimmt ist, gibt das weitere Sicherheit und verschafft Respekt.
Ebenfalls unterstützend bei dem Vorhaben, sich als Lehrer:in zu etablieren, ist das eigene Outfit. Kleider machen nicht nur Leute, sondern auch Lehrer. Der richtige Look gibt Seriosität und kann sich auch auf die eigene Haltung auswirken. Was ihr im Unterricht tragen wollt, gehört zur guten Vorbereitung. Pullover oder T-Shirts mit auffälligem Motiv oder einem Spruch können für Ablenkung bei den Schüler:innen sorgen. Sakko und Blazer zu tragen, kann einerseits overdressed wirken, andererseits euch selbst irritieren, wenn ihr nicht gewohnt seid, dies einen ganzen Tag zu tragen. Deshalb ist es generell sinnvoll, wenn sich das eigene Outfit gut anfühlt und einen nicht stört. Schnell zu übersehen sind dabei die Schuhe, denn wenn ihr eine Doppelstunde habt, in der ihr viel steht, sollten diese bequem sein.
Ansonsten ist beim Outfit alles geeignet, was unaufgeregt aussieht. So stärkt ihr die Klarheit in eurem eigenen Auftreten und macht den Look bei den Schüler:innen nicht zum Thema. Wenn die eigenen Klamotten Aufmerksamkeit auf sich ziehen, tut ihr euch keinen Gefallen. Von ausgefallenen Sneakern, hohen Absätzen und bunten Prints solltet ihr deshalb lieber die Finger lassen. Mit einfarbigen und gut sitzenden Hemden, Blusen oder Pullovern, sowie Jeans und dunklen Hosen kann man wenig falsch machen. Diese könnt ihr dann unterschiedlich miteinander kombinieren. Achtet dabei auf ein bisschen Abwechslung und tragt nicht immer, wenn ihr die 9c unterrichtet, dasselbe Oberteil. Denn die Jugendlichen halten sich auch mal an sowas auf, und dann heißt es schnell “der/die hat ja immer das gleiche an”.
Bei sich selbst bleiben: Authentizität ist wichtig
Gute Vorbereitung ist also in jeder Hinsicht elementar. Doch man kann selbstverständlich auch falsch vorbereitet sein. Deshalb empfiehlt sich anschließend nochmal ein Blick über all die Gedanken, die ihr euch bei allen oben genannten Punkten gemacht habt. Jede Lehrkraft sollte sich die Frage stellen, ob die eigenen Ambitionen authentisch sind. Es bringt nichts, sich etwas vorzunehmen, was nicht zu einem passt. Versucht nicht jemand anderes zu spielen, sondern orientiert euch an euch selbst und macht den Kindern nichts vor. Schauspielern ist der falsche Ansatz. Beantwortet für euch lieber die Fragen: Wie stehe ich da, wenn ich selbstbewusst bin? Was trage ich, um mich gut zu fühlen? Wie spreche ich zu den Kindern?
Wer Dialekt spricht, sollte einen eigenen Rahmen finden, diesen möglichst moderat zu lassen, aber nicht krampfhaft versuchen, Hochdeutsch zu sprechen, nur um dann im Unterricht darüber zu stolpern. Das gilt auch für andere Aspekte. Bei der Vorbereitung des Unterrichts kann man beispielsweise darauf achten, zu Beginn keine Experimente einzugehen. Komplizierte Methoden oder Materialien, mit denen ihr nicht vertraut seid, können sonst zu Überforderung führen oder zu Stolperfallen werden. Ein interessanter Unterricht muss nicht ausgefallen sein.
Die Herausforderungen im Unterricht werden von alleine auf jede junge Lehrkraft zukommen. Bestimmte Handlungen der Schüler:innen können einen immer mal überraschen und gewisse Dinge passieren irgendwann ein erstes Mal. Aber genau dann hilft es, einen Plan zu haben, an dem man sich orientieren kann. Wenn das gelingt, wächst mit jeder Schulstunde Sicherheit in der Lehrerrolle und ihr seid auf dem richtigen Weg, gut in eurem Job zu werden.