Am 26. September ist Weltverhütungstag. (Quelle: Canva)
Zum heutigen Weltverhütungstag wollen wir einen Blick auf die Sexualbildung in der Gesellschaft werfen. 22 Tage nach dem Welttag für sexuelle Gesundheit dreht sich die Welt heute erneut um ein wichtiges Thema: Das Recht aller Paare und Einzelpersonen auf eine selbstbestimmte Familienplanung und auf einen allgemeinen flächendeckenden Zugang zu Verhütungsmittel. Denn: Über 160 Millionen Frauen hatten 2022 keinen Zugang zu Verhütungsmitteln und konnten damit dem Wunsch und dem Recht nach selbstbestimmter Familienplanung nicht nachkommen. Wir zeigen euch, wie ihr das Thema in eurem Unterricht gut vermittelt – und so für Aufklärung über den eigenen Tellerrand hinaus sorgt.
Der Zugang zu Verhütungsmitteln und die selbstbestimmte Familienplanung gehören seit 1994 laut den Vereinten Nationen zu den Menschenrechten. Jeder Mensch sollte unter den zur Verfügung stehenden Verhütungsmitteln das für ihn passende auswählen können. Doch vor allem im Globalen Süden sieht die Lage ganz anders aus. Wir klären auf, welche Initiativen es gibt, wie die Lage in Deutschland ist und wie ihr das Thema in euren Unterricht mit einbeziehen könnt.
In vielen Ländern Afrikas ist die Lage besonders prekär. Aus dem gestern veröffentlichten Papier der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung zum Thema “Reproduktive Selbstbestimmung” geht hervor, dass 51 Millionen Frauen im Alter von 20 bis 49 Jahren in Ostafrika keinen gedeckten Bedarf an modernen Verhütungsmitteln haben. Außerdem, dass durchschnittlich jedes zehnte Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren ihr erstes Kind bekommt. Um den Jugendlichen und jungen Menschen ihr Recht auf eigene Familienplanung zu ermöglichen, arbeitet die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung seit mehr als 30 Jahren in Ostafrika daran, die Sexualbildung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern und um das Recht auf eine selbstständige Familienplanung zu erhalten. Seit vergangenem Jahr bietet die Stiftung eine Beratung durch ausgebildetes Gesundheitspersonal und eine große Menge an Verhütungsmitteln an. Durch ihre politische Arbeit wollen sie die Parlamente daran erinnern, Selbstbestimmung und das Recht auf Familienplanung nicht zu vergessen. Hier könnt ihr euch einen Überblick über ihre Projekte verschaffen.
Eine weitere Initiative, um den Zugang zu Sexualbildung und Verhütungsmitteln zu verbessern, ist der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA). Die UNFPA wurde 1967 mit der Mission “eine Welt zu schaffen, in der jede Schwangerschaft gewollt ist, jede Geburt sicher ist und das Potenzial jedes jungen Menschen ausgeschöpft wird” gegründet. Unter dem Motto “Rechte und Wahlmöglichkeiten für alle gewährleisten” fordert die UNFPA die Gleichstellung der Geschlechter und die Befähigung von Mädchen und Frauen, die Kontrolle über ihren Körper und damit über ihre Zukunft zu nehmen. Mit Partner:innen in über 150 Ländern wollen sie bis zum Jahr 2030 einen flächendeckenden Zugang zu sexuellen und reproduktiven Diensten schaffen. Sie fordern einen gedeckten Bedarf an Verhütungsmitteln, vermeidbare Müttersterblichkeit sowie das Ende von skrupelloser geschlechtsspezifischer Gewalt wie weibliche Genitalverstümmelung und Kinderheirat. Um ihre Ziele durchzusetzen, trägt die UNFPA dazu bei, dass das Gesundheitssystem gestärkt wird und das Personal und Hebammen besser ausgebildet werden. Die UNFPA ist außerdem weltweit der größte Anbieter von gespendeten Verhütungsmitteln für Entwicklungsländer und arbeitet mit politischen Entscheidungsträgern und Justizsystemen zusammen.
Die Versorgung und Aufklärung von Sexualbildung und Verhütungsmitteln ist in Deutschland ein Thema wie jedes andere und sogar verpflichtend an den Schulen. Sexualkunde wird in den meisten Schulen bereits in der Grundschule behandelt und der gedeckte Zugang und Bedarf zu Verhütungsmitteln ist vorhanden. Kondome gibt es in jedem Supermarkt, in jeder Drogerie und können sogar online bestellt werden. Verhütungsmittel wie die Antibabypille, die Spirale oder andere Methoden werden jungen Mädchen und Frauen von Gynäkolog:innen verschrieben wie Nahrungsergänzungsmittel. Bei der Vielfalt der Themen rund um die Sexualität, mit denen Kinder und Jugendliche mittlerweile immer früher konfrontiert werden, fühlen sich einige Lehrkräfte nicht ausreichend vorbereitet. Hinzu kommt: Viele der Themen sind nicht in der klassischen Lehrkräfteausbildung enthalten und die Lehrer:innen müssen sich selbst um die Informationen für die Themen kümmern. Auch wenn Sexualaufklärung in einigen Fällen auch zu Hause stattfinden kann, bleibt es Teil des Lehrplanes.
Um das Thema Sexualbildung besser in euren Unterricht einzubauen, stellen wir euch heute verschiedene Möglichkeiten vor. Dem Alter der Klasse entsprechend könnt ihr euch mit unterschiedlichen Methoden auf den Unterricht vorbereiten. Neben den biologischen Fakten und der Veränderung des Körpers kommen dennoch einige Themen in der Sexualpädagogik zu kurz.
Vor allem das Thema Verhütung sollte im Unterricht die nötige Aufmerksamkeit bekommen, um nicht nur ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden, sondern auch, um vor möglichen sexuell übertragbaren Krankheiten geschützt zu sein. In der Praxis könnt ihr die Schüler:innen bitten, alle Verhütungsmittel zu nennen, die sie kennen und nachfragen, ob sie wüssten, auf welche Art und Weise die Methode wirkt und schützt. Das hilft nicht nur den Schüler:innen dabei, sich die Verhütungsmethoden noch mal vor Augen zu führen, sondern auch, dass ihr als Lehrkraft einen Überblick über das bereits vorhandene Wissen der Schüler:innen bekommt. Wenn die Klasse alle Mittel und Methoden aufgezählt habt, könnt ihr entweder noch Vergessene dazu nennen oder auf einige etwas spezieller eingehen.
Ein hilfreicher und wichtiger Tipp ist der Besuch in einem Beratungszentrum wie pro familia. Dort können die Schüler:innen direkt von fachkundigem Personal lernen und ihnen Fragen rund um das Thema Sexualität stellen. Auch sensible Themen wie sexuelle Gewalt und Schwangerschaftsabbrüche werden von den Mitarbeitenden von pro familia behandelt. Ihr könnt versuchen den Schüler:innen den Scham und die Angst zu nehmen, mögliche Fragen zu stellen oder Themen anzusprechen, indem ihr anonyme Zettel mit den Fragen der Schüler:innen sammelt und an die Mitarbeiter:innen weiterleitet. Wenn die Zeit nicht reicht, mit der gesamten Klasse hinzugehen: Schickt eine “Abordnung” eurer Klasse und lasst sie berichten!
Und wo gibt’s Material? Die Quellen sind vielfältig. Hier könnt ihr euch didaktisch gut aufbereitete Unterrichtsmaterialien zum Thema Pubertät, Menstruation und dem Körper herunterladen. Die kostenlosen Informationsblätter könnt ihr in euren Sexualbildungsunterricht einbauen oder mit ihnen den Unterricht vorbereiten. Sie können sowohl den Schüler:innen als auch euch als Unterstützung dienen. Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA) bietet auf ihren Seiten umfangreiches Material, dass ihr gut für euren Unterricht verwenden könnt. Das neue Buch “Sexualerziehung mit Generation Z” dient als Hilfestellung und Unterstützung rund um die vielfältigen Themen in der Sexualbildung. Mit abgestimmten Arbeitsblättern, vorbereiteten Stundenbildern und eingehenden Hinweisen gibt euch das Buch viele Tipps für den richtigen Umgang mit den sehr wichtigen Themen.
Die Aufklärung über Sexualität und Verhütung ist nicht in jedem Land der Welt gleich und gerecht. Während in einigen Ländern der Zugang zu Sexualbildung und Verhütungsmittel nahezu unmöglich ist, haben wir in Deutschland ein großes Privileg, dass unsere Lehrkräfte sich meist eigenständig um die Themen kümmern und sie im Unterricht behandeln. Durch die Vielfalt der Themen und der Tatsache, dass Kinder und Jugendliche immer früher mit Sexualität in Berührung kommen, ist es gar nicht so leicht, die Themen passend in den Unterricht einzubauen. Wir hoffen, dass wir euch einen kleinen Überblick über den Weltverhütungstag geben können. Wenn ihr noch weitere Ideen und Vorschläge habt, wie die Themen in den Unterricht eingebaut werden können, dann lasst uns gerne einen Kommentar da!