Wer keine Lust auf Arbeit hat, wird Lehrer – Kultusministerium sorgt für Fassungslosigkeit

Von
Katalin Gébl
|
3
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August 2023
|
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Wer keine Lust auf Arbeit hat, wird Lehrer – Kultusministerium sorgt für Fassungslosigkeit

Die Kampagnenreihe des Kultusministeriums von Baden-Württemberg (Quelle: lehrer-in-bw.de)

Stuttgart. Die neue Werbekampagne des Kultusministeriums von Baden-Württemberg sorgt bei Lehrer:innen für Empörung. Mit Großplakaten will das Ministerium gegen den Lehrkräftemangel vorgehen und neue Lehrer:innen anwerben – und leistet sich damit einen großen Fauxpas.

“Deutlicher und niveauloser kann man die Geringschätzung des Lehrerberufs in Baden-Württemberg nicht ausdrücken. Die Verantwortlichen sollten sich in Grund und Boden schämen”, lautet die scharfe Kritik von Karin Broszat, Landesvorsitzende des Realschullehrerverbandes Baden-Württemberg. Auch auf Instagram und anderen Kanälen der sozialen Netzwerke hagelt es massive Empörung über die Werbekampagne, die sich rasend schnell verbreitet hat. Auf ihrem Instagram-Profil halloferien wendet sich eine Grundschullehrerin direkt an das Kultusministerium: “Als Grundschullehrerin habe ich zahlreiche Ideen, wie in den Lehrberuf und das Bildungssystem investiert werden könnte, um den Beruf wieder attraktiver zu gestalten und das Image etwas aufzupolieren. Eure Marketing-Kampagne gehört da definitiv nicht dazu.” In mittlerweile rund 600 Kommentaren bringen zahlreiche User:innen ihre Fassungslosigkeit zum Ausdruck.

Im Fokus der Kritik steht ein großes Werbeplakat, das am Stuttgarter Flughafen hängt und mit dem Slogan “HURRAAA! Gelandet und gar keinen Bock auf Arbeit morgen? Mach was Dir Spaß macht und werde Lehrer*in” für den Lehrerberuf wirbt. Andernorts sind Slogans wie “Lust auf Veränderung? Dann werde Lehrer*in” zu finden, die besonders potenzielle Quereinsteiger:innen ansprechen sollen. Mit dem Plakat am Flughafen geht die gute Absicht dieses Vorhabens allerdings nach hinten los, da es suggeriert, dass Lehrkräfte keine Lust auf Arbeit hätten und es ihnen nur um die Ferien gehe. Viele fühlen sich vom Kultusministerium verspottet – Wertschätzung für Lehrkräfte, die sowieso schon am Limit arbeiten und für das Ansehen ihres Berufs in der Gesellschaft kämpfen, sieht anders aus.

“Ich kann immer noch nicht glauben, dass dieses Plakat tatsächlich so am Flughafen Stuttgart hängt. Glaubt das Kultusministerium Baden-Württemberg, dass es damit Menschen in die Schulen lockt, die sich wirklich für das Lehramt eignen? Diese Kampagne diffamiert unseren Berufsstand”, teilt Susanne Lin-Klitzing ihre Fassungslosigkeit auf Linkedin mit. Sie fordert eine Entschuldigung des Kultusministeriums und bessere Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte, mit denen sich auch die Ausgaben für eine solche Kampagne gespart werden könnten. 

Aus einer Stellungnahme eines Sprechers des Kultusministeriums heißt es, dass die Slogans der Kampagne bewusst gewählt worden seien, um Aufmerksamkeit zu erregen – scheinbar mit Erfolg, da die Zahl der Rückmeldungen auf die Plakate überdurchschnittlich hoch seien. Dabei weist der Sprecher eine mangelnde Wertschätzung der Lehrkräfte zurück: “Wir wissen um die Leistungen unserer Lehrkräfte." Auch die verantwortliche Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) war letzte Woche noch sehr stolz auf das neue Projekt: “Wir haben großes Lob aus Bayern bekommen von offizieller Stelle, dass wir eine richtig coole, erfolgreiche und tolle Kampagne aufgestellt haben.” Ob sie angesichts der massiven Empörung und Kritik bei dieser Einstellung bleibt, bleibt abzuwarten.

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