Wie Landesregierungen die politische Bildung in Schulen formen

Von
Jonasz Schulze
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September 2024
|
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Schulklasse

Studie belegt: Zahl der Politikstunden hängt von der Landesregierung ab (Quelle: Canva)

Bamberg. Eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe (LIfBi) untersucht den Einfluss der Zusammensetzung von Landesregierungen auf die politische Bildung in deutschen Schulen. Die Untersuchung zeigt, dass unter SPD-geführten Regierungen seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 bis Ende der 1990er Jahre mehr Politikunterricht angeboten wurde als unter CDU/CSU-geführten Regierungen. Besonders deutlich wird dies in den neuen Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die nach der Wiedervereinigung überwiegend von der CDU regiert wurden. Hier war die Anzahl der vorgesehenen Stunden für politische Bildung geringer als in anderen Bundesländern. 

Die Studie unterstreicht die weitreichenden Konsequenzen für die Demokratiebildung in Schulen. Angesichts der zunehmenden Politikverdrossenheit und des sinkenden Vertrauens in staatliche Institutionen, wie auch die jüngsten U-18-Wahlen zeigen, wird der Ruf nach einer Stärkung der politischen Bildung immer lauter (Lehrer News berichtete). Ein fundierter Politikunterricht ist entscheidend, um demokratische Werte zu vermitteln und ein kritisches Verständnis politischer Prozesse zu fördern. 

Marcel Helbig, einer der Autoren der Studie, erklärt: “Wichtiger als die Anzahl der Unterrichtsstunden ist, was im Unterricht tatsächlich passiert. Studien belegen, dass Methoden wie simulierte Wahlen oder Gespräche mit Lokalpolitiker:innen besonders effektiv sind, weil sie den Unterricht anschaulich gestalten und ein tieferes Verständnis für demokratische Prozesse fördern.” So legen die Ergebnisse nahe, dass eine verbesserte politische Bildung junge Menschen besser auf ihre Rolle als aktive Bürger:innen vorbereitet werden könnten. Dies ist besonders relevant angesichts der aktuellen Diskussionen über eine mögliche Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. 

Um die Entwicklung des Politikunterrichts in Deutschland von 1949 bis 2019 systematisch zu analysieren, nutzte die Studie historische Stundentafeln. Die daraus ergebene bildungshistorisch-quantitative Perspektive ermöglicht es erstmals, den Einfluss politischer Mehrheiten auf die politische Bildung umfassend zu verdeutlichen und zeigt, wie die Unterrichtszeit in Politik in den verschiedenen Bundesländern variiert. Die Studie zeigt, dass unter SPD-geführten Regierungen die Anzahl der Wochenstunden für politische Bildung etwa eine Stunde höher war als unter CDU/CSU-geführten Regierungen. Dieser Unterschied war besonders ausgeprägt in nicht-gymnasialen Schulformen, wo etwa eine zusätzliche Wochenstunde politischer Bildung verzeichnet wurde, während an Gymnasien der Unterschied etwa eine halbe Wochenstunde betrug. Allerdings bleibt trotz der detaillierten Analyse unklar, inwieweit die politische Bildung allein durch die Anzahl der Unterrichtsstunden, die politischen Einstellungen und das Verhalten der Schüler:innen beeinflusst wird. “Wir wissen auch aus der nationalen und internationalen Forschung, dass mehr Unterrichtsstunden nicht automatisch zu einem höheren politischen oder gesellschaftlichen Engagement führen”, betont Helbig. “Es kommt darauf an, wie der Unterricht gestaltet wird und ob die Schüler:innen ein Verständnis für das politische System und ihre eigene Rolle darin entwickeln”. 

Die Studie verdeutlicht, wie politische Entscheidungen auf Landesebene die politische Notwendigkeit beeinflussen, sowohl die Quantität als auch die Qualität des Politikunterrichts zu verbessern. Die Erkenntnisse bieten Ansatzpunkte für zukünftige bildungspolitische Entscheidungen, um die Demokratiekompetenz der aufkommenden Generation zu stärken und sie auf die Herausforderungen einer zunehmend polarisierten Gesellschaft vorzubereiten. 

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