Für Lehrkräfte ist es oft nicht einfach, die zahlreichen außerunterrichtlichen Aufgaben ohne Zeitstress zu bewältigen. (Quelle: Canva)
Lehrkräfte werden oft für ihre flexiblen Arbeitszeiten und langen Ferien beneidet. Doch wer selbst als Lehrkraft tätig ist oder Lehrer:innen in seinem engen Umfeld hat, weiß, dass hinter dem Lehrberuf auch haufenweise administrative Aufgaben, anstrengende Elterngespräche und natürlich ausführliche Unterrichtsvorbereitungen stecken. In Zeiten des Lehrermangels und einer Kultusministerkonferenz, die sich gegen die Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte bemüht, werden politische Lösungen für den gewaltigen Arbeitsdruck und den Zeitstress, dem Lehrer:innen unterliegen, vermutlich auf sich warten lassen. In diesem Artikel geben wir euch zum Abschluss unserer Themenwoche zu Stress und Depressionen zehn Zeitmanagement-Tipps mit, mit denen ihr euren vielfältigen Schulalltag etwas entspannen könnt.
Viele Lehrkräfte tun sich schwer, ihr persönliches Leben und ihre Freizeit klar von ihrem Beruf zu trennen. Das liegt vor allem daran, dass Lehrer:innen oft im Homeoffice arbeiten, auch am Wochenende und nachts – Zeiten, die bei den meisten Berufstätigen für die Freizeit vorgesehen sind. Lehrkräfte haben auch viele kleine Aufgaben zu erledigen, oder solche, die nicht viel Denkleistung erfordern. Man ist als Lehrer:in also leicht dazu verleitet, eine Aufgabe noch kurz dazwischenzuschieben oder nebenbei zu erledigen. Wir zeigen euch, wie ihr die Verschmelzung eurer Arbeit mit eurem persönlichen Leben reduziert.
1. Räumliche Grenzen setzen: Wenn man abends sowieso im Wohnzimmer sitzt, kann man dort ja auch gleich Arbeitsblätter ausdrucken und Diktate, die noch rumliegen, lassen sich ja eigentlich genauso gut im Bett korrigieren, oder? Nein! Um eure Freizeit von der Arbeit zu trennen, kann es schon helfen, räumliche Grenzen zu ziehen zwischen Arbeitsplätzen und Plätzen, an denen man Freizeitaktivitäten nachgeht. Wenn es eure Wohnsituation zulässt, richtet euch am besten ein Büro ein, um zu verhindern, dass die Arbeit auch eure Entspannungsorte übernimmt. Doch schon das bewusste Wegpacken des Laptops und jeglicher Papiere, wenn ihr gerade nicht arbeitet, kann helfen, dass ihr in eurer Freizeit räumlichen sowie gedanklichen Abstand von der Arbeit nehmen und mal so richtig entspannen könnt.
2. Zeitliche Grenzen setzen: Auch die zeitliche Trennung von Arbeit und Freizeit ist wichtig, denn wer beim Gucken der Tagesschau nur daran denkt, welche Themen im Unterricht angesprochen werden sollten, oder beim Joggen im Kopf den nächsten Tag durchgeplant, nutzt diese Zeit nicht wirklich für sich selbst. Es ist zwar löblich, aus jeder Situation das Beste für den Unterricht ziehen zu wollen, doch eine durchweg angespannte Lehrkraft nützt euren Schüler:innen auch nichts. Deshalb empfehlen wir bewusste Pausen, die nur euch oder euren Liebsten gewidmet sind. Ihr müsst auch wirklich streng mit euch selbst sein: Gedanken an die Schule sind hier nicht erlaubt! Wie wäre es zum Beispiel mit einem Spaziergang an der frischen Luft oder einem interessanten Podcast?
3. Erreichbarkeit limitieren: Auch Erreichbarkeit spielt bei der Abgrenzung von Arbeit und Freizeit eine Rolle. Wenn ihr euch schwer tut, Feierabend zu machen, weil ihr dauernd neue E-Mails oder Anrufe bekommt, die im Moment super dringend scheinen, setzt euch doch eine Uhrzeit, nach der ihr abends nicht mehr für Arbeitsgelegenheiten erreichbar seid. Teilt diese Uhrzeit unbedingt euren Kollegen und anderen schulischen Kontakten mit, damit möglichst wenige Anrufe und E-Mails nach dieser Zeit eingehen und ihr nicht in Versuchung kommt, doch noch ranzugehen oder zu antworten.
4. Rückzugsorte schaffen: Auch in der Schule ist es wichtig, dem Berufsalltag und dem damit einhergehenden Stress entkommen zu können. In der bundesweiten Studie “Lehrarbeit im Wandel” (2020) gaben 74 Prozent der teilnehmenden Gymnasiallehrkräfte an, dass das Fehlen von Ruhezonen in der Schule einen Belastungsfaktor im Lehrberuf darstellt. Falls es also noch nicht der Fall ist, versucht doch euer Lehrerzimmer so einzurichten, dass sich alle wohlfühlen und wirklich entspannen können, zum Beispiel durch farbige Pflanzen und bequeme Sitzgelegenheiten. Wenn möglich, könnt ihr an eurer Schule auch einen separaten Ruheraum für Lehrer:innen einführen, wo man sich in der Pause kurz von der Arbeit distanzieren kann. So könnt ihr frische Energie tanken und entspannt in die nächste Unterrichtsstunde starten.
Wie geht ihr am besten die Zeit an, wo ihr tatsächlich arbeitet? Vom sturen Ausfüllen von Formularen, über Elterngespräche und der Nachverfolgung von Fehlzeiten, bis hin zur Organisation von Exkursionen und Fahrten – neben dem Unterrichten und der Unterrichtsvorbereitung kommen im Lehrberuf noch ein Haufen bunter Aufgaben dazu. Es ist nicht nur schwer, den Überblick über alle anstehenden Aufgaben zu behalten, sondern auch, sich von ihrer Masse und Vielfältigkeit nicht erschlagen zu fühlen. Wir zeigen euch, wie es geht.
5. Ordnung schaffen: Wer am Schreibtisch zwischen Stapeln unkorrigierter Klausuren und ungeklärter Abwesenheitsnotizen auf ein Postfach mit 50 ungelesenen E-Mails blicken muss, fühlt sich selbstverständlich überfordert. Doch mit ein bisschen Ordnung könnt ihr auch den größten Arbeitsberg schrumpfen lassen. Sortiert eure Papiere und E-Mails zum Beispiel nach bestimmten Aufgabengebieten oder nach Dringlichkeit. Diese kleinen Stapel an Arbeit scheinen dann gleich gar nicht mehr so schlimm. Räumt auch euren Schreibtisch so auf, dass ihr immer nur eine Aufgabe vor euch liegen habt – nämlich die, an der ihr gerade arbeitet. Führt ein Lagersystem ein, wo ihr andere Aufgaben für später ablegen und so aus eurem Blickfeld und euren Gedanken entfernen könnt. Und nicht vergessen: wenn ihr eine Aufgabe erledigt habt und ihr die zugehörigen Papiere oder E-Mails nicht mehr braucht: ab in den Papierkorb damit! So schafft ihr die Aufgabe und den damit einhergehenden Stress wortwörtlich aus der Welt.
6. Die kleinen Erfolge feiern: Nicht jeder Tag im Lehrberuf wird perfekt ablaufen – das ist normal und völlig in Ordnung. Wenn ein:e Schüler:in sich um eine Note zur Vorklausur verbessert, oder ein stilles Kind sich mal im Unterricht meldet, seid also ruhig stolz auf euch und eure harte Arbeit, die solche kleinen Momente jeden Tag ermöglicht. So erhaltet ihr nicht nur die Motivation, jeden Tag für eure Schüler:innen euer Bestes zu geben, sondern ihr könnt auch gelegentliche Rückschläge besser wegstecken, da ihr euch eurer Erfolge als Lehrkraft bewusst seid.
7. Austausch mit Kolleg:innen suchen: Manchmal hilft es auch einfach zu sehen, dass andere es genauso schwer haben wie man selbst. Ein kurzes Pausengespräch mit einem Kollegen oder einer Kollegin über aufwendige Unterrichtsvorbereitungen oder den Korrekturstau, den alle zuhause herumliegen haben, erinnert einen daran, dass man mit seinen Problemen nicht alleine ist und andere sich oft genauso überfordert fühlen, auch wenn sie noch so gelassen wirken.
Doch auch wenn man ruhig und entspannt auf die anstehenden Aufgaben schauen kann und genau versteht, was alles gemacht werden muss, kann es schwer sein, alle Aufgaben in der begrenzten Zeit abzuschließen, die Lehrkräften neben dem Unterricht zur Verfügung steht. Auch hier haben wir einige Tipps für euch.
8. Kleine Aufgaben sofort erledigen: Bei kleinen Aufgaben ist das Anfangen oft der zeitaufwendigste Teil. Kurze Telefonate oder Arbeitsblätter, die ausgedruckt werden müssen, nehmen alleine kaum Zeit in Anspruch und werden oft aufgeschoben unter dem Vorwand, man könne sie doch später noch schnell erledigen. Aber wenn diese Mini-Aufgaben sich häufen, kann es oft mehrere Stunden dauern, bis man alle abgearbeitet hat – Zeit, die man so nicht eingeplant hat und die man eigentlich für andere Sachen braucht. Unser Tipp: Um kleine Aufgaben immer so schnell wie möglich zu erledigen, definiert eine Zeit, unter der eine Aufgabe für euch noch als Mini-Aufgabe zählt, beispielsweise zwei Minuten. Wenn ihr denkt, dass eine neue Aufgabe weniger als zwei Minuten in Anspruch nehmen wird, erledigt sie immer, sobald sie anfällt.
9. An feste Zeitfenster halten: Aber wie sieht es mit größeren Aufgaben aus? Auch hier solltet ihr für jede Aufgabe eine Zeit definieren, in der sie erledigt sein muss. Als Lehrkraft steht einem neben dem Unterricht schließlich nur eine begrenzte Anzahl an Stunden zur Verfügung, mehr kann man schlichtweg nicht arbeiten. Versucht also euren inneren Perfektionisten verstummen zu lassen und nehmt euch für eine Aufgabe nur so viel Zeit, wie ihr euch leisten könnt. Zum Beispiel, wenn ihr ein Arbeitsblatt erstellt, gebt euch maximal 45 Minuten, auch wenn ihr mit mehr Zeit eine noch detailliertere Internetrecherche durchführen und das Blatt schöner formatieren könntet. Hier müsst ihr wieder streng sein mit euch selbst, denn nur so könnt ihr sichergehen, dass wirklich alle Aufgaben rechtzeitig erledigt werden.
10. Aufgaben delegieren: Auch Lehrer:innen sind nur Menschen. Denkt also daran, dass nicht alles immer eure Aufgabe oder eure Verantwortung sein kann. Es gibt sowohl in eurem Privatleben als auch in der Schule einige Aufgaben, die auch von anderen erledigt werden können, um euren Alltag zu entlasten. Beispielsweise kann jede Stunde ein:e andere:r Schüler:in die Anwesenheitskontrolle übernehmen, um euch zu Beginn des Unterrichts ein paar Minuten zum Durchschnaufen oder zur finalen Vorbereitung zu gewähren. Oder teilt mit euren Kolleg:innen Unterrichtsmaterialien und Stundenentwürfe bzw. lasst euch von deren Ideen inspirieren, um eure Arbeitsbelastung etwas aufzulockern.
Ihr seht also, ihr könnt mit ein paar gezielt eingeführten Maßnahmen selbst schon viel dazu beitragen, euren Berufsalltag aufzulockern und Zeitstress zu reduzieren. Habt ihr noch weitere Tipps für erfolgreiches Zeitmanagement im Lehralltag? Teilt sie gerne in den Kommentaren!