Die Akropolis als Symbol der antiken Bildung (Quelle: Commons)
Schon Platon, der bereits seit tausenden Jahren nicht mehr unter uns weilt, sprach von der Bildung als ein Instrument, das uns erlaubt, uns selbst zu verwirklichen und “von den Fesseln der Unwissenheit zu lösen”. Bildungsideale, wie der Name es schon vermuten lässt, sind meist eher Wunschvorstellung als Realität und werden von verschiedenen Personen, Gruppen und Organisationen unterschiedlich betrachtet, da diese durch eine Vielzahl an Faktoren geprägt werden. Grund hierfür sind oftmals individuelle, kulturelle, religiöse oder ethische Uneinigkeiten.
Nun ist es aber nicht so, dass das Thema Bildung und die dazugehörigen Bildungsideale, also die Form, wie Bildung aussehen sehen soll, auserzählt sind. Bildungsideale durchliefen und durchlaufen, wie soll es auch anders sein, Veränderungen, welche sich auf gesellschaftliche Strömungen, kulturelle Einflüsse, technische Errungenschaften, etc. zurückführen lassen. Aktuell wird das Thema stark durch den Prozess der Digitalisierung beeinflusst und unterliegt einem stetigen Wandel. Infolgedessen wollen wir im Rahmen unserer Themenwoche “Geschichte der Bildung” die Bildungsideale der fernen Vergangenheit, aber auch die aus der Gegenwart genauer betrachten.
Wie wir alle wissen, war Bildung nicht immer der breiten Masse zugänglich. Im vierten Jahrhundert vor Christus, als (schulische) Bildung noch alles andere als selbstverständlich war, war Platon einer der ersten Philosophen, der sich dem Thema widmete. Im Gegensatz zu vielen Denkern seiner Zeit war er der Überzeugung, dass der Mensch sein (gottgegebenes) Schicksal auf Erden nicht einfach hinnehmen muss, sondern darauf Einfluss nehmen kann. Je höher die Bildung der Person, desto höher ist laut dem Philosophen auch der Einfluss, der auf das eigene Leben ausgeübt werden kann.
Im weiteren Verlauf der Zeit kamen immer neue Theoretiker hinzu, die Bildungsideale auf ihre eigene Art und Weise betrachteten, jedoch in den meisten Fällen mit Platons Gedanken, durch Bildung mehr Entscheidungsmöglichkeiten über sein Leben zu bekommen, übereinstimmten.
Im Mittelalter wurde Bildung ähnlich wie in der Antike und im Gegensatz zu heute größtenteils von Theologen festgelegt und schriftlos vermittelt, was darauf zurückzuführen ist, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung zu dieser Zeit Analphabeten waren. Infolgedessen wurde Wissen hauptsächlich im Familienkreis weitergegeben und hatte die Festlegung von ethischen Grundwerten zum Hauptziel. Im starken Kontrast zum “dunklen” Mittelalter stand die Epoche der Aufklärung mit dem Ziel, alle den Fortschritt behindernden Strukturen durch rationales Denken zu überwinden. Die Epoche war von tiefgreifenden Transformationen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik und durch eine neue Form des Denkens geprägt. Ein bedeutender Denker dieser Zeit war Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) , der mit seinem Ansatz zum Thema Bildungsideale im 18. Jahrhundert neue Schwerpunkte setzte und der als Vorläufer der Anschauungspädagogik gilt. Der Pädagoge und Schriftsteller setzte den Fokus auf die vor- und außerschulische Bildung von Kindern durch deren Väter und Mütter, sodass diese Kinder wiederum deren Kinder bildeten. Dadurch sollte eine gesamtheitliche Volksbildung entstehen, die die Kooperation untereinander und damit die Demokratie stärken sollte.
Zu den wichtigsten Vertretern der Neuzeit zählen ohne Frage Humboldt und Hegel. Auf deren Schaffen werden wir im Folgenden nur oberflächlich eingehen, wer sich mit der Thematik tiefergehend beschäftigen möchte, kann sich unseren Artikel zu dem Thema durchlesen. Wilhelm von Humboldt (1767-1835), seines Zeichens Verfechter des Neuhumanismus und Teil der Aufklärung, legte großen Wert auf die Allgemeinbildung und sprach von ihr als Grundpfeiler für die Ausbildung. Weiterhin sah er die Selbstfindung als große Voraussetzung für den Bildungserfolg. Das Bildungsideal zur Zeit der Aufklärung, also im 18. und 19. Jahrhundert, lässt sich auf einen Leitsatz herunterbrechen: Bildung schafft Mündigkeit, wodurch die Fähigkeit entsteht, selbstverantwortlich in Freiheit und Selbstbestimmung zu leben.
Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) hegte den Anspruch an Bildung, die Individuen in einer Gesellschaft zum eigenständigen Lernen zu animieren, sodass diese unter anderem dazu befähigt werden, eigenständig, wirtschaftlich und politisch handeln zu können. Der Anspruch bezieht sich darüber hinaus auf die Fähigkeit der Erfassung der gesamten Wirklichkeit mit Einbezug der geschichtlichen Hintergründe.
Bildung hat neben der Erziehung zur Mündigkeit allerdings noch einen ganz anderen Anspruch: Schüler:innen auf das spätere Arbeitsleben vorzubereiten und deren Wert am Arbeitsmarkt durch die Aneignung von Qualifikationen zu erhöhen. Heutzutage wird die deutsche Gesellschaft, sowie die anderer industriell geprägter Nationen, als Wissensgesellschaft bezeichnet. In dieser Gesellschaftsform wird individuelles und kollektives Wissen als Kapital angesehen und bestimmt dadurch die soziale und ökonomische Stellung von Individuen und Gemeinschaften. Je höher der Bildungsgrad, desto größer kann somit auch der Grad der gesellschaftlichen Teilhabe ausfallen. Dementsprechend hat die Bildung der Gegenwart neben dem Mündigkeitsgedanken den Anspruch, die Schüler:innen auf die Arbeitswelt vorzubereiten, sodass diese die Möglichkeit bekommen, den Beruf auszuüben, den sie möchten und sich bestmöglich zu vermarkten. Auf diese Weise sollen sie auf der einen Seite einen möglichst großen Beitrag zur Gesellschaft leisten können und auf der anderen Seite die Chance bekommen, ein gutes Gehalt zu verdienen und sich zu verwirklichen. Zu diesen Kompetenzen gehören in der Gegenwart auch der Umgang mit digitalen Medien, da auch die Arbeitswelt zunehmend digitaler wird.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass obwohl es große Abweichungen in den Theorien gibt, es den großen Philosophen und Theoretikern um einen Kernaspekt in ihren Bildungsidealen ging: mehr Bildung führt zu einem besseren Leben. Hierbei fallen Begriffe wie Selbstverwirklichung, Freiheit und Eigenverantwortlichkeit. Die Realität der letzten Jahrzehnte fügt diesem philosophischen Aspekt jedoch auch eine wirtschaftliche Komponente hinzu: je höher der Bildungsgrad, desto besser sind die Startvoraussetzungen in das Arbeitsleben und dementsprechend auch die Chancen auf einen erfüllenden Beruf und ein erstrebenswertes Gehalt.
Habt ihr ein favorisiertes Bildungsideal, mit dem ihr besonders übereinstimmt? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!