Lehrermangel bringt Thüringen an seine Grenzen

Von
Katja Kraffzik
|
25
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November 2022
|
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Erfurt. Wir setzen unsere Reihe über den Lehrermangel in den einzelnen Bundesländern fort. Wie dramatisch es im Freistaat aussieht, zeigen die aktuellen Schlagzeilen. Es ist von Hybridunterricht, klagenden Eltern und Problemen im öffentlichen Nahverkehr zu lesen. 

In Thüringen fehlen aktuell 709 Lehrkräfte. An 806 staatlichen Schulen arbeiten laut Bildungsministerium 16.901 Lehrer und Lehrerinnen. Gründe für den Mangel sind unter anderem auch hier der demografische Wandel, steigende Schülerzahlen und Krankheitsausfälle. An Grundschulen und Gymnasien ist die Zahl der Lehrkräfte konstant, jedoch müssen die gleichen Lehrer:innen mehr Schüler unterrichten – dieses Ungleichgewicht hat auch Unterrichtsausfall zur Folge. 

Wie “in süd Thüringen.de” berichtet, wirkt sich in Erfurt der Unterrichtsausfall sogar auf den ÖPNV aus. Sind die freien Stunden zu lang, melden sich Schulen bei den Busunternehmen und bitten die Schüler und Schülerinnen abzuholen. Dies bringt wiederum Fahrpläne durcheinander und erfordert mehr Personal. Am Perthes-Gymnasium in Friedrichroda gehen Eltern mit einer Eilklage gegen das Land Thüringen vor. Obwohl die Schule eine neu zu besetzende Lehrerstelle rechtzeitig bekannt gab, kümmerte sich das zuständige Bildungsministerium zu spät und lehnte eine Einstellung eines Bewerbers aus Kostengründen ab. Mehr zu den Hintergründen findet ihr hier.

Eine Lösung des akuten Lehrermangels sieht der Bildungsminister Helmut Holter (Linke) in der Möglichkeit des Hybridunterrichts. In Sachsen startet dazu gerade ein Modellversuch. Im Fall des Perthes-Gymnasium würde es bedeuten, dass verschiedene Klassen aus mehreren Schulen gleichzeitig online geschalten sind und von einem Fachlehrer unterrichtet werden. “Das müsste man aber rechtlich klären, auch Datenschutzfragen gilt es zu beachten”, so Holter zur Nachrichtenagentur dpa.

Große Zustimmung erhält der Landesminister nicht. CDU-Bildungspolitiker Christian Tischner meint, dass fehlende Lehrkräfte nicht durch Distanz- oder Hybridunterricht ersetzt werden können. Trotzdessen wird unter anderem gerade über eine rechtliche Grundlage für Distanzunterricht diskutiert. Im Juli 2021 gab es dazu im Landtagsbeschluss die Einigung über das Schaffen von Rechtsgrundlagen und Konzepten. FDP-Politikerin Franziska Baum schlägt vor, Nicht-Akademiker zeitweise für das Unterrichten zuzulassen. Seiteneinsteiger, die einen Hoch- oder Uniabschluss haben, arbeiten bereits vermehrt an Schulen. Weitere Lösungsansätze sind die Einführung von vereinfachten Bewerbungsverfahren und unbefristeten Arbeitsverträgen. Um dem Unterrichtsausfall möglichst gering zu halten, wird das gesamte Jahr über eingestellt. Damit jungen Lehrkräften Anreize geboten werden, in Thüringen zu bleiben, gibt es zwischen den Schularten in Thüringen seit 2021 keine Gehaltsunterschiede mehr. Seit Oktober 2022 sollen zudem Zulagen an Lehrerinnen und Lehrer ausgezahlt werden, die dort unterrichten, wo sie am dringendsten gebraucht werden. 

Trotz der eingeführten Maßnahmen bleibt die Lage in Thüringen angespannt. Die Meldungen der letzten Tage weisen auf eine uneinige Führung seitens der Politik hin. Besorgte und verärgerte Eltern und andere Betroffene, wie der ÖPNV in Erfurt, kommen hinzu. Vielleicht wäre der Hybridunterricht mit den bereits vorhandenen Maßnahmen, wie die Gehaltsanpassungen und Möglichkeiten zum Quereinstieg, eine effiziente Methode. Denn der demografische Wandel vor allem in den ländlichen Gebieten Thüringens lässt sich nicht aufhalten.

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