(Quelle: Canva)
Der Lehrberuf wird oft mit einer Fülle von Freizeit und kurzen Arbeitstagen in Verbindung gebracht. Doch die Realität sieht anders aus. Lehrer:innen sind oft überlastet und arbeiten deutlich mehr Stunden, als viele denken. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die tatsächlichen Arbeitszeiten von Lehrer:innen, die Verteilung ihrer Aufgaben und die Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind.
Wie viel Lehrer:innen tatsächlich arbeiten
Der allgemeine Eindruck, dass Lehrer:innen nach dem Vormittagsunterricht den Nachmittag frei haben, ist nur teilweise richtig. Während es stimmt, dass viele Lehrer:innen nur bis zum Mittag in der Schule sind, endet ihre Arbeitszeit dort nicht. Tatsächlich besteht der Unterricht nur aus einem Teil ihrer Gesamtarbeitszeit.
Im Gegensatz zu anderen Berufen, die eine 38- oder 40-Stunden-Woche haben, arbeiten Vollzeit-Lehrer:innen in der Regel deutlich länger. Die durchschnittliche wöchentliche Soll-Arbeitszeit liegt bei 46 Stunden und 38 Minuten. Dieser Wert basiert auf Studien der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Universität Göttingen, die in den letzten Jahren in Niedersachsen, Frankfurt am Main und bundesweit durchgeführt wurden. Tatsächlich arbeiten Lehrer:innen jedoch fast 50 Stunden pro Woche, wie Bildungsexperte Mark Rackles in einer Expertise zur Lehrer:innenarbeitszeit festgestellt hat. Das bedeutet, dass Lehrer:innen im Durchschnitt fast vier Überstunden pro Woche leisten.
Dabei gilt zu beachten, dass diese wöchentliche Soll-Arbeitszeit auf die Schulwochen beschränkt ist. Während der unterrichtsfreien Zeiten, wie den Schulferien, wird weniger gearbeitet, um die längeren Arbeitszeiten während der Schulwochen auszugleichen.
Nur ein Drittel der Arbeitszeit entfällt auf den Unterricht
Doch wie setzt sich die Arbeitszeit von Lehrkräften überhaupt zusammen? Viele von euch dürften es bereits ahnen: Der eigentliche Unterricht macht nur einen Teil der Arbeitszeit von Lehrer:innen aus. Etwa ein Drittel ihrer Zeit entfällt auf den Unterricht selbst. Fast genauso viel Zeit wird für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie für Prüfungen benötigt. Darüber hinaus fallen weitere Aufgaben an, die innerhalb der Schule erledigt werden müssen, wie die Mitarbeit in Arbeits- oder Steuerungsgruppen. Die Kommunikation spielt ebenfalls eine wichtige Rolle in der Arbeitszeit von Lehrer:innen, einschließlich Konferenzen, Sitzungen und Gespräche mit Kolleg:innen, Eltern und Schüler:innen.
Während die Unterrichtsstunden und die Zeit für Funktionsaufgaben relativ genau planbar sind und die tatsächliche Arbeitszeit in der Regel nicht stark von der geplanten abweicht, gibt es bei den anderen Tätigkeiten oft Unterschiede zwischen der geplanten und der tatsächlichen Arbeitszeit. Dies zeigt eine Studie der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Universität Göttingen, die während der Corona-Pandemie durchgeführt wurde. (Quelle: Deutsches Schulportal)
Arbeitszeit und Arbeitszufriedenheit
Lange Arbeitszeiten sind ein Hauptgrund für die berufliche Unzufriedenheit vieler Lehrer:innen. Eine Umfrage des Deutschen Philologenverbands aus dem Jahr 2020 ergab, dass 36 Prozent der befragten Lehrer:innen an Gymnasien lange Arbeitszeiten als Hauptgrund für ihre Unzufriedenheit nannten. Während der COVID-19-Pandemie stieg die wahrgenommene Arbeitszeitbelastung der Lehrkräfte weiter an. Laut einer Studie der Kooperationsstelle von 2021 erhöhte sich die Arbeitszeit der Lehrkräfte um 40 Prozent. Ein Viertel der Lehrer:innen überschritt regelmäßig die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche.
Teilzeitquote von Lehrer:innen
Die hohe Arbeitszeit führt zu einer hohen Teilzeitquote unter Lehrer:innen. Diese ist im Schuljahr 2021/2022 erneut gestiegen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes arbeiteten 40,6 Prozent der Lehrer:innen in Teilzeit. Dies ist ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, als die Quote bei knapp 40 Prozent lag. Es gibt jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. In den östlichen Bundesländern (ohne Berlin) ist der Anteil der Lehrkräfte in Teilzeit niedriger als in den westlichen Bundesländern. Am niedrigsten ist die Teilzeitquote in Sachsen-Anhalt (20,7 Prozent) und Thüringen (21,9 Prozent), während sie in Hamburg und Bremen mit jeweils 52,4 Prozent am höchsten ist. Die hohe Teilzeitquote bei Lehrer:innen ist größtenteils auf den hohen Anteil von Frauen in diesem Beruf zurückzuführen. Da 73 Prozent der Lehrkräfte Frauen sind, ist auch der Anteil der teilzeitbeschäftigten Lehrer:innen hoch (48,2 Prozent), während nur 20,1 Prozent der Lehrer in Teilzeit arbeiten.
Lehrer:innen stehen vor Herausforderungen wie langen Arbeitszeiten und steigender Arbeitsbelastung, insbesondere während der Pandemie. Dass das auf Dauer nicht funktioniert, zeigt der Fall aus Sachsen-Anhalt, wo eine Lehrerin entlassen wurde, weil sie nicht länger arbeiten wollte. Die Frage der Arbeitszeit wird also ein immer wichtigerer Diskussionspunkt in der Bildungspolitik, welche durch den Lehrermangel wohl weiterhin angestachelt wird, da so immer mehr Lehrkräfte in die Teilzeit wechseln könnten. Wie sieht eure Arbeitszeit im Durchschnitt aus? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!