Expert:innen sind sich beim Einsatz von digitalen Medien im Unterricht uneinig. (Quelle: Envato)
Berlin. Mehr als 40 Wissenschaftler:innen unterschiedlicher Disziplinen fordern vom Bundeskultusministerium einen Aufschub der Digitalisierung an Schulen, insbesondere für Schüler:innen von der Grundschule bis zur 6. Klasse. In dem Schreiben der Gesellschaft für Bildung und Wissen (GBW) wird sich für ein Umdenken im Einsatz neuer Technik im Unterricht eingesetzt. "Es geht nicht um ein Verbot der digitalen Technik, sondern um eine Rückbesinnung auf die Aufgabe des Unterrichts", sagt Ralf Lankau, Professor für Medientheorie und Erstunterzeichner im Gespräch mit der Deutschen Welle.
Gründe für die Petition, die unter anderem von Pädagog:innen und Ärzt:innen unterschrieben wurde, sind Befürchtungen hinsichtlich negativer gesundheitlicher Folgen und sinkender Lernleistungen. Außerdem betonen die Unterzeichnenden, dass es keine ausreichenden Belege für einen Mehrwert bei der Nutzung digitaler Medien im Unterricht gebe. Dabei stützen sie sich auf die Stellungnahmen verschiedener Akteure, einschließlich des Ethikrats. Dieser hat Bedenken zum Einsatz künstlicher Intelligenz bei jungen Schüler:innen geäußert. Die Unterzeichnenden beziehen sich auch auf den 2023 veröffentlichten UNESCO-Bericht. Darin wird kritisiert, dass bei der Einführung neuer Technologien oft wirtschaftliche Interessen vor dem pädagogischen Nutzen stünden.
Einige Expert:innen sehen Probleme in der Aufforderung, die Digitalisierung an Schulen aufzuschieben. So Ralf Capary, Bildungsexperte des SWR, der darin eine veraltete, medienkritische Botschaft sieht, die der ohnehin mangelnden Digitalisierung an deutschen Grundschulen nicht zugutekomme. Es wäre ein Aufschub, den sich die Gesellschaft nicht leisten könne, sagt Capary. Außerdem betont der Experte die Vorteile, die der Unterricht bringen kann. Richtig eingesetzt, könnten digitale Medien im Unterricht durchaus sinnvolle und vorteilhafte Auswirkungen haben, so der Experte.
Auch in anderen Ländern wird intensiv über den Nutzen digitaler Medien im Unterricht diskutiert. Neben den Debatten über ein mögliches Smartphoneverbot an Schulen in England und der Umsetzung eines solchen Verbots in den Niederlanden überdenken weitere Staaten ihre Digitalisierungsmaßnahmen. Zuletzt hatte die schwedische Regierung nach Empfehlungen einiger Expert:innen den Einsatz von Tablets an Vor- und Grundschulen gestoppt, um wieder zu Schulbüchern zurückzukehren.