Während Frau Miller mit einem Glas Sekt auf den Countdown wartet, kommt ihr kurz der Gedanke an die letzte Schulwoche vor Weihnachten ins Gedächtnis. Sie hat mit ihrer Klasse das Projekt “Silvester rund um die Welt” erarbeitet und mit Freude beobachtet, was ihre Schüler und Schülerinnen sich haben einfallen lassen. Ihre Klasse präsentiert die Ergebnisse in einem Theaterstück. Kommt mit uns auf eine Reise in ferne Länder und ihrer Silvesterbräuche.
In der Turnhalle der Schule ist leises Getuschel zu vernehmen, alle sind ein wenig aufgeregt. Heute, am letzten Schultag findet die Vorführung statt. Der Trommelwirbel setzt ein, das Licht wird gedämpft und das Publikum schaut leise und gespannt nach vorn. Silvio kommt als Papst hinter dem Vorhang hervor und beginnt mit verstellter Stimme eine kurze Rede.
“Silvester wird bereits seit dem Jahr 153 v. Chr. im Römischen Reich unter dem Namen Jahresendfest gefeiert. Seit 1582, zur Einführung des Gregorianischen Kalenders, verbinden die Menschen das Jahresende mit dem Namen Silvester (dt. Waldmensch, von lateinisch silva Wald). Silvester († 31. Dezember 335) war von 314 bis 335 Papst und unter seinem Pontifikat vollzog sich die Einführung des Christentums als Staatsreligion.” Mit lautem Getöse und Getrommel, von Leinen und Wolldecken bekleideter Menschen, wird Papst Silvester unterbrochen. Die “Meute” zieht durchs Publikum davon und Silvio beendet seinen Text. Um böse Geister zu vertreiben, führten die Germanen den Brauch der Feuerfeste und lautes Trommeln ein. “Seht nun, welche Bräuche in anderen Ländern begangen werden.”
Der Vorhang fällt und zu sehen ist ein Wohnzimmer. Auf dem Teppich steht ein gedeckter Tisch mit acht Stühlen drumherum, ein Fernseher in der rechten Ecke und allerlei Bilder, Gebimsel und Gebamsel an der Pappkulisse im Hintergrund. Am linken Ende des Raumes steht eine Kommode mit Feuerzangenbowle, einer Menge Sekt und anderen Getränken. Denn die hier vertretenen Gäste feiern im Allgemeinen gern und mit viel Alkohol. Für jedes Land hat Deutschland Glücksbringer wie ein Schwein aus Marzipan, gehäkelte Kleeblätter oder kleine Schornsteinfeger bereitgestellt.
Nacheinander kommen die Schüler:innen in den Flaggen diverser Nationalitäten in den Raum und ein:e jede:r bringt die Nationalspeise der Heimat mit. In den meisten Ländern auf der Welt wird am 31.12. festlich geschmaust. Griechenland bringt die Vassilopitta, einen Neujahrskuchen mit und holt sogleich Poker- und Kartenspiele heraus, denn bei ihnen spielt man den ganzen Abend über Glücksspiele, bei denen um Geld gespielt wird. Man glaubt, dass derjenige, der jetzt gewinnt, im folgenden Jahr besonders glücklich sein wird.
Brasilien stellt die Linsensuppe auf den Tisch und ist in weiße Kleider gehüllt, welche die Reinheit und den Neuanfang symbolisieren sollen. Die Frauen tragen zudem rote Unterwäsche, in der Hoffnung, das Liebesglück im neuen Jahr zu erhöhen. Außerdem hat sie Kerzen und Blumen dabei. Später geht sie zum Strand, um die Kerzen im Sand zu verteilen und die Blumen ins Meer zu legen, um die Meeresgöttin Yemanja zu ehren. In Kuba wird ein Eimer Wasser vom Balkon auf die Straße gekippt, um die Probleme und den Ballast des alten Jahres wegzuwaschen.
Japan ist bereits super entspannt und stellt den Reiskuchen zum Buffet dazu. Dort sind seit dem 29.12. die Geschäfte geschlossen und heute beginnt der erste von vier Feiertagen. Anstatt sich zu den anderen Beiden zu gesellen, kehrt Japan mit dem Besen die restlichen Staubkörner weg und schmückt dann den Raum mit Lichtern und Girlanden. Zu den wichtigsten Bräuchen zählen Tempelbesuche und ein im Fernsehen übertragener Gesangswettstreit. Die Mikrofone liegen bereit. Das goldbraun gebratene Hähnchen stellt Finnland auf den Tisch und erklärt sein Mitbringsel: “Es ist Silvestertradition, ein Hufeisen einzuschmelzen und in eiskaltem Wasser erstarren zu lassen, um so die Zukunft zu deuten. Deutschland freut sich sehr darüber, denn an die Zutaten zum Bleigießen hat es nicht gedacht. Dafür gibt es gekochten Karpfen, Zutaten für Raclette und Kartoffeln im Überfluss. Über den Fisch freut sich nun auch die Bahamas. Bahamas ist gekleidet wie beim Karneval in Rio und überreicht den gegrillten Fisch mit einer Chilli Kokosmilchsuppe. Da Bahamas nicht zu Hause beim Junkanoo, einem Straßenfest mit dem Ursprung aus der Zeit der Sklaverei, dabei sein kann, eröffnet sie den Abend spontan mit einem traditionellen Tanz und lauter Musik aus der Bluetooth Box. Die anderen Gäste sind begeistert und steigen sogleich mit ein. Doch der Gastgeber Deutschland unterbindet das frohe Treiben und bittet zu Tisch. Außer Atem und mit lächelndem und zum Teil hochgezogenen Augenbrauen setzen sich alle und beginnen zu essen. Deutschland stellt derweil den Fernseher an und unter großen Worten der Tradition beginnt der Film Dinner for One. Nach dem Essen wird gespielt und Karaoke gesungen. Es ist ein lustiges und fröhliches Miteinander. Das Tanzbein wird geschwungen und der ein oder andere Gast wirkt leicht beschwipst. Die Uhr geht auf Mitternacht zu, da klingelt es an der Tür. Es ist Spanien. Mit einem Korb voll Weintrauben tritt Spanien ein und verteilt 12 Stück an jeden Gast. In Spanien gibt es den Brauch zum Jahreswechsel, 12 Trauben bei jedem Glockenschlag zu essen. Sie stehen für die nächsten 12 Monate und sollen Glück bringen. Challenge accepted… Es wird der Countdown eingeläutet und die Trauben verspeist. Draußen hört man die Silvesterraketen und so endet unser Fest.
In dieser schwierigen Zeit haben wir etwas Wunderbares geschaffen. Das war wirklich ein gelungener Auftritt, denkt Frau Miller noch. Wenn sich nur alle Länder der Welt mit ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden so friedlich miteinander vergnügen könnten. Mit einem lauten: “Frohes neues Jahr!”, wird sie aus ihren Gedanken gerissen, umarmt und gedrückt.
Hier gibt es ein YouTube-Video, welches verschiedene Silvesterbräuche kurz und knackig erklärt. Kommt alle gesund und munter in das Jahr 2023 – eure Lehrer-News Redaktion.