Unterrichten an der Privatschule: die bessere Option?

Eltern beeinflussen mit der Schulwahl massiv die Zukunft ihrer Kinder (Quelle: Envato)

Elitäre Einrichtungen für Reiche und Privilegierte. Schüler:innen, die über kaum bis keine Sozialkompetenzen verfügen. Den eigenen Namen tanzen als Unterricht. Das sind unter anderem die Klischees, welche über Privatschulen in den Köpfen vieler Menschen verankert sind. Doch was ist dran? Sind sie wirklich so schlecht, wie ihr Ruf es erahnen lässt? Oder hat das Vorurteil auch etwas mit Unverständnis zu tun und haben Privatschulen womöglich sogar Vorteile gegenüber staatlichen Bildungsträgern? Wie steht es um die Rolle von Lehrkräften an Privatschulen? Dem widmen wir uns und betrachten die verschiedenen Arten von Privatschulen, den gesetzlichen Hintergrund und deren Besonderheiten in diesem Artikel. 

Auf die generellen Eigenschaften von Privatschulen, ihre Qualität als Arbeitsplatz sowie die statistische Verteilung im Schulsystem sind wir bereits in diesem Artikel eingegangen. Hier nochmal ein kurzer Überblick:

Einige der Punkte, welche Privatschulen von staatlichen Schulen unterscheiden, sind naheliegend und lassen sich leicht nachvollziehen: 

Generelle Regelungen, welche die Gründung, Voraussetzungen und Umsetzung von Privatschulen betreffen, sind in Artikel Sieben des Grundgesetzes verankert. Dieser soll auch die wirtschaftliche Segregation von Schülern verhindern und die Konkurrenz zwischen staatlichen und privaten Schulen einschränken. Weiterhin richtet sich das Gesetz auch explizit an Lehrkräfte und verbietet den Betrieb einer Privatschule, wenn: “die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.“ Ebenfalls beinhaltet das Gesetz, dass Schüler nicht nach den Besitzverhältnissen der Eltern diskriminiert werden dürfen, wodurch das Schulgeld entweder so niedrig sein muss, dass alle es sich leisten können oder es nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt werden muss. In der Praxis betrug das durchschnittliche Schulgeld, das Eltern für ein Kind jährlich bezahlen, in einer Statistik des Statistischen Bundesamtes 2016 rund 2000 Euro. Dies ist natürlich nur ein Mittelwert, denn in der Praxis kann der Besuch einer Privatschule je nach Trägerschaft und Art der Schule zwischen 50 - 100 Euro und Tausenden Euro monatlich kosten.

Platz für Weltanschauungen abseits des Mainstreams

Aber was außer dem Aspekt der Trägerschaft und die in der Regel auftretenden Kosten des Schulgeldes machen Privatschulen denn jetzt so besonders? Privatschulen können vor allem für die Eltern und Lehrkräfte an den Schulen interessant sein aus dem Grund, da viele bestimmte Weltanschauungen und pädagogische Konzepte vertreten werden. So gibt es beispielsweise christliche Privatschulen, die natürlich auch die Wert- und Normvorstellungen der Glaubensrichtung vertreten und diese den Schüler:innen weitergeben. Typisch hierfür ist eine von den staatlichen Schulen abweichende Fächergewichtung. An christlichen Privatschulen beispielsweise liegt der Fokus in der Regel stärker auf der Vermittlung von Inhalten, die üblicherweise in den Religionsunterricht fallen.

Eine andere Form der Privatschulen mit besonderen Konzepten sind die bekannten Waldorfschulen. Diese orientieren sich an der Lehre des Pädagogen, Theosophen und Schriftstellers Rudolf Steiner. Seine Lehren lassen sich dem Spektrum der Esoterik zuordnen und handeln unter anderem von der Erkenntnis einer höheren Welt und den Kindern als “wiedergeborenes geistiges Wesen”. Große Kritik über Steiners Werke gab es aufgrund von antisemitischen und diskriminierenden Inhalten. So stufte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) einen Textauszug aus Rudolf Steiners Werken als “rassendiskriminierend” ein. Eine Indizierung blieb aus, jedoch müssen die Werke, welche im Rudolf-Steiner-Verlag herausgegeben werden, in Zukunft in kommentierter Fassung erscheinen. In der realen Umsetzung der Waldorfschulen geht es vor allem um die frühe musische und künstlerische Erziehung der Schüler:innen. Aufgabe der Lehrkräfte, die eine eigene Ausbildung bzw. Studium abschließen müssen, ist es herauszulesen, welche Fähigkeiten und Anlagen ein Kind mitbringt und diese zu fördern. Darüber hinaus gilt der Anspruch, den Unterricht künstlerisch und rhythmisch zu gestalten und aus jeder Unterrichtseinheit ein Kunstwerk zu schaffen. 

Als drittes und letztes bekanntes Beispiel wollen wir die Montessori-Schulen betrachten. Montessori-Schulen und die dazugehörige Montessoripädagogik gehen zurück auf die Medizinerin und Pädagogin Maria Montessori, die Ende des 19. Jahrhunderts in der Arbeit mit unterentwickelten und verwahrlosten Kindern ihre Arbeitsmaterialien und Konzepte entwickelt hat, um deren Lern- und Entwicklungsprozess sowie deren Aufmerksamkeitsspanne zu fördern. Montessori´s Konzept dreht sich im Kern darum, Kindern und Jugendlichen eine Umgebung zu bieten, in denen sie ohne Belohnung und Strafe in ihrem eigenen Tempo lernen können. Hierbei ist die Rolle der Lehrkraft mehr als unterstützend und beratend, denn als unterrichtend anzusehen. Das Montessori-Konzept beinhaltet in der Regel eigens dafür angefertigte Möbel und Klassenzimmer, die das Kind in seiner Eigenständigkeit unterstützen soll, sowie besondere Arbeitsmaterialien. 

Privatschulen als Zündstoff der sozialen Teilung

Bis hierhin mögen einige der Aspekte für manche befremdlich wirken, aber ansonsten klingen Privatschulen doch nach dem idealen Konzept für alle, die es sich leisten können. Wo ist der Haken an der Sache? Denn natürlich haben auch Privatschulen ihre Kehrseiten und diese haben durchaus auch politische Relevanz.

Als zentrale Kritik an allen Sonderformen von Privatschulen, welche auf alle bereits genannten Kategorien zutreffen, ist die soziale Teilung, welche an dieser Stelle verstärkt wird. 70 Prozent aller Eltern von Privatschüler:innen haben Abitur und nur jedes 20. Kind von Menschen ohne Ausbildung gingen auf eine Privatschule. Der Besuch einer Privatschule ist ein Privileg, welches meist Gutverdienenden vorbehalten ist, wodurch die Vorteile, die diese Schulen bieten, exklusiv bleiben. Trotz des gesetzlichen Anspruchs, dass die wirtschaftliche Lage der Eltern keinen Einfluss spielen soll und darf, zeigt die Realität, dass vor allem Eltern mit Migrationsgeschichte, aus bildungsfernen Hintergründen und ohne höhere Bildungsabschlüsse ihre Kinder erheblich seltener auf Privatschulen schicken (können). Dadurch entsteht ein klares zwei Klassen System: Die Eltern, die ihre Kinder auf Privatschulen mit höheren Mitteln, kleineren Klassen und individueller Förderung schicken können auf der einen Seite und alle anderen, die es nicht können, geben ihre Kinder in staatliche Schulen, welche in der Regel weit mehr mit Problemen wie dem Lehrkräftemangel, fehlenden Budgets und maroden Gebäuden zu kämpfen haben. Infolgedessen haben die Kinder auf privaten Schulen erheblich bessere Startvoraussetzungen als die Kinder, welche aufgrund ihrer sozialen Herkunft dieses Privileg nicht genießen dürfen. Dazu kommt die Identifikation der Kinder zu ihrer Klasse, die durch die Abgrenzung aufgrund der Schulformen steigt. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Schichten sich weiter verfestigen, wodurch Klassenhass verstärkt und das Vertrauen in Politik und Demokratie geschwächt wird.

Neben der spezifischen Kritik an den Konzepten der Sonderformen von Privatschulen, wie etwa dem problematischen Hintergrund von Waldorfschulen, kommt die allgemeine Indoktrinierung der Kinder mit den Weltanschauungen der Eltern. Die Kinder werden etwa christlich oder nach besonderen pädagogischen Konzepten erzogen und unterrichtet, wodurch ihnen der Kontakt zu andersdenkenden Kindern und Lehrkräften verwehrt wird und diese lediglich mit einem eingeschränkten Weltbild in Berührung kommen. Darüber hinaus kann es durch die von der Norm abweichenden Schulkonzepte später zu Problemen in der Arbeitswelt und bei der Kontaktaufnahme zu anderen Menschen kommen. 

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass Privatschulen sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringen. Die Lernvoraussetzungen sind generell besser, der Rahmen für die persönliche Entwicklung der Kinder nicht zwingend. Privatschulen gibt es in vielen verschiedenen Sonderformen, die meist auf religiöse oder pädagogische Konzepte zurückzuführen sind. Das Bewerbungsverfahren für Lehrkräfte ist oftmals unbürokratischer als an staatlichen Schulen, der Lehrkräftemangel noch nicht so stark ausgeprägt, jedoch ist die Bezahlung in der Regel schlechter und eine Identifikation und Vorwissen zu eventuellen pädagogischen Konzepten empfehlenswert. Das Grundgesetz trifft klare Regelungen, welche Privatschulen anbelangt und regelt darin auch die Rolle der Lehrkräfte. Jedoch sind nicht alle Aspekte des Gesetzes realitätskonform, sodass nach wie vor eine klare Exklusivität von Privatschulen zu erkennen ist und die Eltern, die ihre Kinder auf solche schicken, stammen zumeist nach wie vor aus dem Bildungsbürgertum. 

Was haltet ihr von Privatschulen? Arbeitet ihr womöglich selbst an einer? Wir freuen uns über eure Kommentare!

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