NRW plant die Reformierung des Abiturs: Ab 2026 soll es zusätzliche Prüfungsformate und ein fünftes Abiturfach geben. (Quelle: Unsplash)
Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen soll es künftig beim Abitur neben den traditionellen schriftlichen und mündlichen Prüfungen auch neue Prüfungsformate geben. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) plant zudem ein zusätzliches Abiturfach. Am Mittwoch stellte Schulministerin Feller die Pläne dazu vor. Demnach soll die gymnasiale Oberstufe in NRW durch ein fünftes Abiturfach reformiert werden. Das fünfte Fach soll in neuen Formen wie einer “Präsentationsprüfung” oder einer “besonderen Lernleistung” absolviert werden können.
Ein Sprecher des Schulministeriums erklärte, dass bei einer Präsentationsprüfung ein Thema selbstständig erarbeitet und anschließend in der Prüfung vorgestellt wird. Was bestehen bleibt, sind zwei Leistungskurse, eine schriftliche Prüfung im dritten Abiturfach und eine mündliche Prüfung im vierten Fach. Das neue, fünfte Abiturfach soll den Schülern „zukunftsweisende“ Möglichkeiten bieten, wie in einem Eckpunktepapier dargelegt wird. Es soll nicht als zusätzliche Belastung verstanden werden. Geplant ist unter anderem, dass Schüler:innen bei bestimmten Abiturfächern wie Kunst oder Musik künftig nicht mehr verpflichtend auch Mathematik belegen müssen. Außerdem sollen Prüfungen in zwei Naturwissenschaften möglich sein. Insgesamt sollen die Fächer individueller kombinierbar werden.
Die Änderungen sollen erstmals für Schüler:innen gelten, die im Sommer 2026 in die gymnasiale Oberstufe eintreten und 2029 ihr Abitur machen. Das fünfte Abiturfach gibt es in einigen anderen Bundesländern schon länger: “Wir machen die gymnasiale Oberstufe zukunftsfest. Wir streben eine Balance zwischen Neuem und Bewährtem sowie zwischen Notwendigem und Gewünschtem an”, sagte Feller. Laut Ministerium sollen „Besondere Lernleistungen”, Präsentationsprüfungen, und die neuen Abitur-Prüfungsformate, auch wichtige Kompetenzen für einen späteren Beruf oder ein Studium abbilden. Um eine gute Vorbereitung zu gewährleisten, wäre es möglich, Klausuren in der Oberstufe teilweise durch alternative Formen der Leistungsüberprüfung zu ersetzen.
Darüber hinaus soll durch die Neuerung die Dauer von Klausuren in der Abitur-Vorbereitung “in sinnvollem Umfang” reduziert werden. Im Hinblick auf die Kombination ihrer Prüfungsfächer soll das fünfte Abiturfach die Möglichkeiten der angehenden Abiturient:innen “methodisch und fachlich” erweitern. Dirk Schnelle, Schulabteilungsleiter im Ministerium, fügte hinzu, dass für die Leistungskurse weiterhin fünf Unterrichtsstunden und für die Grundkurse drei Wochenstunden benötigt werden, um genügend Zeit für die Vermittlung von Inhalten zu bieten. Außerdem sollen obligatorische Projektkurse implementiert werden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte den Ländern Ende 2017 die Aufgabe gestellt, eine bessere länderübergreifende Vergleichbarkeit beim Abitur zu schaffen. Daher wollen die Bundesländer das Abitur in Deutschland nun einheitlicher und vergleichbarer machen. Ein Schritt in diese Richtung hatte die Kultusministerkonferenz (KMK) im Frühjahr 2023 gemacht, indem sie sich für die “Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe und der Abiturprüfung“ entschied.
Die FDP im Düsseldorfer Landtag befürwortete die Pläne, kritisierte aber: “Es ist irritierend, dass die Mitglieder des Schulausschusses erst in der Sitzung selbst einen rein mündlichen Bericht zur größten Oberstufenreform seit Jahrzehnten erhalten. Vom Kabinett erst gestern beschlossen, ad hoc auf die Tagesordnung gesetzt, ohne Möglichkeit der Vorbereitung – wir wünschen uns mehr Respekt vor dem Parlament”, sagte Franziska Müller-Rech, schulpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion NRW.
Auch aus der SPD gab es Unmut über die Art und Weise, wie Feller die Reformpläne kommuniziert hat. Es seien zu diesem Zeitpunkt "noch zu viele Fragen offen, um die konkrete Ausgestaltung zu bewerten”, so Dilek Engin, schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag NRW.
Die Kritik wurde von einem Sprecher des Schulministeriums zurückgewiesen. Auch die Fraktionen seien von Anfang an eng in den Diskussionsprozess involviert gewesen. Schon zu Beginn des Jahres sei allen Beteiligten und somit auch der Politik eine erste Fassung der Eckpunkte vorgelegt worden.
Eine einjährige Dialogphase mit allen relevanten Akteuren, wie Schüler- und Elternvertretungen, Lehrerverbänden oder Personalvertretungen, ist nach den KMK-Beschlüssen die Grundlage der Abiturreform-Pläne in NRW. Es wurden auch technologische Entwicklungen wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Betracht gezogen. Die Landeselternschaft äußerte sich zuletzt besorgt über die geplanten Neuerungen. Sie befürchten unter anderem, dass ein fünftes Prüfungsfach die Schüler:innen überfordern könnte.