Auf einer Party sollen Schüler:innen des Elite-Internats Louisenlund in Schleswig-Holstein rassistische Parolen gesungen haben – die Kieler Bezirkskriminalinspektion ermittelt. (Quelle: Pexels)
Am vergangenen Donnerstag sollen minderjährige Schüler:innen des renommierten Elite-Internats Louisenlund in Schleswig-Holstein bei einer Feier zur Melodie des über 20 Jahre alten Party-Hits “L’Amour toujours” von Gigi D’Agostino rassistische Parolen gesungen haben. Daraufhin hätten die Lehrkräfte die Feier abgebrochen und die Schüler:innen ins Bett geschickt, wie das schleswig-holsteinische Bildungsministerium berichtet.
Laut eigenen Angaben hat das Ministerium eine Überprüfung durch die Schulaufsicht eingeleitet. Zudem ermittelt die Kieler Bezirkskriminalinspektion, berichtet das Hamburger Abendblatt. “Sollten Parolen wie ‚Deutschland den Deutschen – Ausländer raus‘ gefallen sein, könnte es sich um Volksverhetzung handeln”.
Bestätigt wurde der Vorfall offiziell am Montag von der Stiftung Louisenlund. Der Leiter des Internats, Peter Rösner, teilte mit, dass am 23. Mai um ca. 21:15 Uhr etwa 40 Jugendliche an der Feier teilgenommen hätten. Acht von ihnen sollen zur Melodie des Party-Hits rassistische Parolen gesungen haben. Zu diesem Zeitpunkt hätten drei Internatspädagog:innen die Jugendparty beaufsichtigt. Laut Rösner gab es direkt im Anschluss Gespräche mit einigen Schüler:innen, um den Vorfall aufzuklären. Diese hätten in einem Anfall großer “Dummheit” versucht, ein auf Sylt entstandenes Video nachzuahmen, ohne sich der möglichen Tragweite bewusst zu sein. Die betroffenen Schüler:innen sollen nun für eine Woche vom Schulbetrieb suspendiert werden.
Während dieser Woche sollen sich die Jugendlichen ehrenamtlich engagieren und über ihr Verhalten nachdenken. Die Schule, Lehrkräfte sowie Internatspädagog:innen werden alle Schüler:innen bei der Aufarbeitung des Vorfalls unterstützen. Das Lied “L'Amour toujours” wird aus der Playlist des Schülerhauses entfernt. Zudem plant das Internat, ihr Konzept zur politischen Bildung und Demokratieerziehung weiter auszubauen.
Das Lied von D‘Agostino gehöre zum regelmäßigen Repertoire der DJ-Teams. “Eine unserer Internatspädagoginnen hatte den aktuell in den Medien intensiv dargestellten Vorfall dazu verfolgt und war entsprechend aufmerksam. Sie glaubte aus der allgemeinen Lautstärke ein ‘Ausländer raus’ gehört zu haben”, schilderte Rösner den Verlauf der Party. “Da die Pädagogin an der Theke direkt neben dem Hauptschalter der Lautsprecheranlage stand, hat sie reflexartig sofort die Anlage abgestellt, ging auf die Tanzfläche und hat die Schülerschaft deutlichst auf ihr offensichtliches Fehlverhalten hingewiesen”.
Viele der Schüler:innen gaben an, die Gesänge aufgrund der Lautstärke der Musik gar nicht wahrgenommen zu haben. Rösner fügte hinzu, dass einige glaubten, es sei bereits 21:30 Uhr, ein Zeitpunkt, zu dem traditionell „10er raus“ skandiert wird, “weil der 10. Jahrgang dann die Party verlassen und zum Alkoholtest muss”.
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) äußerte sich besorgt gegenüber dem Vorfall: “Allen Schülerinnen und Schülern muss klar sein, dass es kein Scherz ist, solche Parolen zu singen“. Auch Alkohol oder jugendlicher Überschwung seien keineswegs eine Rechtfertigung für rassistische Gesänge. Prien befürchte außerdem weitere Nachahmungen: “Jugendliche haben schon immer bewusst gesellschaftliche Tabus gebrochen. Es ist daher eine Aufgabe für uns alle, mit den jungen Menschen ins Gespräch zu kommen, um ihnen zu verdeutlichen, welche Tragweite solche Gesänge haben“.
Das Internat reagierte auf den Vorfall auch in einem Brief, der an die Eltern ging: “Die Stiftung Louisenlund steht für Toleranz, Völkerverständigung, Weltoffenheit – und wendet sich gegen jede Form von Ausgrenzung, Rassismus oder Ausländerfeindlichkeit. Diese Werte sind unser fundamentaler Erziehungsauftrag“, heißt es in dem Schreiben, das auch an die Schüler- und Lehrerschaft ging.
Vor der Schülerparty hatte ein rassistischer Vorfall an Pfingsten in einem Nobel-Lokal auf Sylt bundesweit für Empörung gesorgt. In einem kurzen Video, das in den sozialen Medien verbreitet wurde, sangen junge Menschen ebenfalls zu “L'Amour toujours” rassistische Parolen, der Staatsschutz ermittelt nun wegen Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Symbole.
Ähnliche Fälle nehmen deutschlandweit zu. In Niedersachsen sollen bei einer mehrtägigen Veranstaltung in Altendorf nördlich von Wolfsburg mehrere Personen rassistische Parolen zu dem Lied gesungen haben, was ebenfalls Ermittlungen des Staatsschutzes zur Folge hat. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich auf dem Schützenfest in Löningen im Landkreis Cloppenburg an Pfingsten.
Auch beim Partyumzug Schlagermove in Hamburg sollen Teilnehmer zu "L'Amour toujours" rassistische Parolen gerufen und den Hitlergruß gezeigt haben. Das Landeskriminalamt für Staatsschutzdelikte ermittelt.
In Sachsen-Anhalt laufen ebenfalls mehrere Ermittlungen. Beim traditionellen Fest Leißlinger Eierbetteln in einem Festzelt bei Weißenfels sollen Besucher zu dem Partyhit “Ausländer raus” und “Deutschland den Deutschen” gegrölt haben. In Magdeburg und Halle wurden ähnliche Vorfälle gemeldet.