Bereits in der dritten Schulwoche in Baden-Württemberg zeigen sich Personalengpässe auf (Quelle: Canva)
Stuttgart. In Baden-Württemberg häufen sich die Unterrichtsausfälle, lediglich 30 Prozent der Schulen können von einer Vollversorgung sprechen — und das bereits in der dritten Unterrichtswoche. Zu diesen Schlüssen kommt eine Studie vom Verband Bildung und Erziehung (VBE), welcher mehr als 1.000 baden-württembergische Schulen in der dritten Schulwoche des laufenden Schuljahres befragt hat. Besonders nötig seien Reformen im Bereich der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren in Baden-Württemberg.
Im Rahmen der Befragung wurden Daten der Schulleitungen von Grundschulen, der Sekundarstufe 1 und Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) erhoben, wobei der Schwerpunkt auf der aktuellen Unterrichtssituation und personellen Versorgung ihrer Schulen lag. An 17 Prozent der Grundschulen, 38 Prozent der Sek-1-Schulen und 57 Prozent der SBBZ ist ein Regelbetrieb, also der Unterricht zumindest in den Pflichtfächern, nicht mehr möglich.
Die Folgen des Lehrkräftemangels spürt man in Baden-Württemberg bereits seit Längerem (Lehrer-News berichtete). In den Anfängen des aktuellen Schuljahres können nur rund 30 Prozent der Schulen von einer 100-prozentigen personellen Versorgung sprechen. Jede vierte Schule fällt unter die kritische 90-Prozent-Marke und leidet unter massivem Personalmangel. “Um Ausfälle und Fehlzeiten durch Krankheiten, Schwangerschaften oder Fortbildungen kompensieren zu können, müssten eigentlich alle Schulen mit einer Personalreserve von 10 bis 20 Prozent ins Schuljahr gehen”, so VBE-Landesvorsitzender Gerhard Brand, “Tatsächlich kämpfen aber bereits in der dritten Schulwoche viele Schulen von 10 bis 20 Prozent”.
Die Schulen müssen aktuell zu verschiedenen Maßnahmen greifen, um die personelle Versorgung zu kompensieren. So berichtet jede zweite Schule, dass ihre Lehrkräfte bereits in der dritten Schulwoche Mehrarbeit leisten müssen und vier von zehn Schulen verschiedene Klassen zusammenlegen müssen. Auch der Einsatz von Personen ohne Lehramtsausbildung, beispielsweise Pensionären oder Studierenden, in Vertretungsstunden sei ein Mittel, Unterricht trotz Mangel sicherzustellen. Trotz dessen ergibt sich eine besorgniserregende Statistik: An 45 Prozent der befragten Schulen in Baden-Württemberg musste in der dritten Schulwoche bereits Unterricht ausfallen.
Eine Veränderung der Personalversorgung ist an SBBZ nicht zu verzeichnen, der Anteil der vollversorgten Schulen bleibt seit zwei Jahren bei drei Prozent stehen. An knapp der Hälfte aller befragten Sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen fehlen aktuell 20 bis 40 Prozent der Lehrkräfte. Mit verheerenden Folgen: Nur 43 Prozent der SBBZ können den Regelbetrieb abdecken. Besonders in solchen Schulen kommt es zu Klassenzusammenlegungen und Unterrichtsausfällen. “Die Praxis zeigt, dass bei den Schwächsten in der Bildungslandschaft maximal gespart wird”, so Brand. Die Zahl der Anmeldungen an SBBZ steigt, nicht jedoch der Personalschlüssel. Statt Förderung kämen Schüler:innen in ein “System, das an allen Ecken knirscht und knarrt”.
Um dem Unterrichtsentfall und dem Personalmangel an Schulen entgegenzuwirken, spricht sich der VBE für eine Verstärkung der Krankheitsreserven aus. Der Ausbau der Ausbildungsmöglichkeiten, insbesondere des Studiums der Sonderpädagogik, sowie die Abschaffung des Numerus clausus könnten Abhilfe verschaffen (Lehrer-News berichtete). Lehrkräfte müssten für ihre Arbeit mehr geschätzt und ihre Bezahlung auf das Niveau der Besoldungsgruppe A 13 angehoben werden. “Die Beschäftigten (...) sehnen sich vor allem nach mehr Beständigkeit.”, so Brand.
Trotz drastischer Personallücken ist auch ein positiver Trend zu erkennen: Während letztes Jahr 25 Prozent und im vorletzten Jahr lediglich 21 Prozent der Schulen vollversorgt waren, stieg dieser Wert dieses Jahr an. Diese Entwicklung lässt sich jedoch mehr in den Grundschulen und der Sekundarstufe 1 beobachten als in Sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen.