Weil der Platz nicht mehr reicht: Der Berliner Senat plant die Einrichtung neuer Willkommensklassen direkt in Flüchtlingsunterkünften. (Quelle: Wikimedia Commons)
Berlin. Der Berliner Senat plant, junge Geflüchtete in Zukunft in sogenannten “Willkommensklassen” zur Schule gehen zu lassen. Das soll direkt in Flüchtlingsunterkünften passieren, da die regulären öffentlichen Schulen mit Platzmangel zu kämpfen hätten.
Wie die dpa berichtet, sind die Pläne auf der Senatssitzung am Dienstag verkündet worden. Die Einrichtung von "Willkommensklassen" sei in den großen Flüchtlingsunterkünften Tegel und Tempelhof geplant. Die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wunsch argumentiert mit dem Recht auf Bildung, das es einzuhalten gelte: “Derzeit erfüllen wir unsere verfassungsmäßige Verpflichtung nicht, geflüchteten Kindern und Jugendlichen das Recht auf Bildung zu gewähren”. Diese Klassen seien wichtig dafür, die Schüler;innen als “vorübergehende Lösung” auf den Besuch öffentlicher Schulen vorzubereiten. Wie oder wann der Übergang zwischen den beiden Schulformen stattfinden soll, wurde nicht genauer spezifiziert.
Konkret ist die Rede von fast 600 schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen, die derzeit in den beiden Unterkünften leben, darunter circa 560 in einer Halle des früheren Flughafen Tegel. Der Unterricht soll für zumindest 288 Schüler:innen in Tegel noch in diesem Jahr beginnen. Diese Zahl soll bis Mitte nächsten Jahres auf mindestens 430 steigen. Der Blick auf ganz Berlin zeige laut Günther-Wunsch außerdem, dass insgesamt circa 900 Minderjährige im schulpflichtigen Alter auf Wartelisten stünden. Ihnen könne aufgrund des Platzmangels in öffentlichen Schulen derzeit kein Schulplatz angeboten werden. Damit diese neuen Willkommensklassen auch personell vorbereitet sind, seien derzeit Bewerbungsgespräche mit 50 Lehrkräften in Planung. Auch das Heranziehen von Pädagog:innen mit ausländischen Bildungsabschlüssen sei “vorgesehen”. Zur Förderung der Anerkennung ausländischer Abschlüsse haben wir berichtetet.
Das Konzept der Willkommensklassen ist kein völlig neuer Ansatz. Der geplante Standort jedoch schon: der Mediendienst Integration beschreibt Willkommensklassen als zwar abgetrenntes, aber räumlich noch in öffentlichen Schulen stattfindendes Konzept: “In Willkommensklassen werden Kinder und Jugendliche getrennt von anderen Schüler:innen unterrichtet. [...] Die meisten Bundesländer sehen vor, dass die Schüler:innen in den Willkommensklassen auch am Regelunterricht teilnehmen”. Auch für dieses erste Format, das es schon seit dem Schuljahr 2015/16 gibt, hätte es großflächige Kritik vonseiten der Bildungsforschung gegeben. Eine Soziologin, die den Unterricht in Willkommensklassen erforscht hat, ist beispielsweise dieser Meinung: “Willkommensklassen grenzen neu zugewanderte Schüler:innen aus”. Es bleibt abzuwarten, wie die Resonanz für Willkommensklassen aussehen wird, die auch noch räumlich abgeschottet in den zentralen Flüchtlingsunterkünften Berlins ihren Platz finden sollen.