Österreich. Nach der Nationalratswahl am 29. September 2024 ist die rechte FPÖ (Freiheitlichen Partei Österreichs) stärkste Kraft mit 28,8 Prozent. Durch laufende Koalitionsverhandlungen könnte sie nun die Möglichkeit bekommen, die Regierung mit Herbert Kickl als Kanzler anzuführen. Aber was bedeutet dies für das österreichische Bildungssystem?
In den letzten Jahren wurde Bildung, neben Migration und Europa, ein beliebtes Thema für rechtspopulistische Parteien. Sie haben erkannt, dass Bildung eine zentrale Rolle für die Gesellschaft und ihre Sozialisierung darstellt, da Kinder und Jugendliche in der Schule sozialisiert werden und ihnen die Grundprinzipien der Gesellschaft vermittelt werden. Das bedeutet Einfluss auf die Schulen, was wiederum Einfluss auf die nächste Generation bedeutet. Genau dies wurde auch von den zwei Bildungssoziologen Oliver Gruber und Philipp Schnell bemerkt. Sie haben daraufhin die Bildungspolitik der FPÖ in Österreich, aber auch die bildungspolitischen Pläne anderer rechter Parteien in Europa analysiert.
Durch ihre Untersuchungen sind Gruber und Schnell fünf Aspekte aufgefallen, die den Kern der FPÖ-Bildungs-Agenda ausmachen. Diese setzten sich zusammen aus dem Wahlprogramm, Interviews und aus dem was die Partei schon politisch umgesetzt hat.
Die Anti-Mainstream-Politik ist im populistischen Charakter der Partei begründet und richtet sich gegen etablierte Parteien. Deswegen schießt die FPÖ gegen die “Kuschelpädagogik” der linken Parteien, die laut ihrer Aussage die Schüler:innen nicht in ihrer individuellen Leistung fördern würde.
Sie wollen Schüler:innen auf Bildungsebene trennen. Die Unterscheidung soll zwischen aus- und inländischen Kindern sein. Das bedeutet, dass sie fordern, Ausländer separat zu unterrichten. Zudem darf ein Kind erst eingeschult werden, wenn es Deutsch spricht, laut des aktuellen Wahlprogramms.
Die Freiheitliche Partei Österreichs steht zudem seit rund 15 Jahren gegen den politischen Islam. Dieser wird als Gefahr für die christliche Kultur und für “die Homogenität des Volkes” betrachtet. Mit diesem Grundsatz agierten sie bereits 2019, als sie versuchten ein Gesetz einzuführen, das ein Kopftuchverbot für Schüler:innen bis 14 Jahre vorsah.
Die FPÖ spricht sich außerdem auch für ein mehrgliedriges Schulsystem aus, das heißt ein Schulsystem, in dem Schüler:innen in der Sekundarstufe I verschiedene Schulformen besuchen. Welche Schule die Jugendlichen besuchen, soll dann auf der Grundlage von Testergebnissen von vergleichenden Leistungstests ausgemacht werden. Des Weiteren wollen sie an Noten und einem “leistungsorientierten Lernumfeld” festhalten. Obendrein lehnen sie zusätzliche Förderung, eine gemeinsame Schule und Ganztagsbetreuung ab, da befürchtet wird, dass das Leistungsniveau dadurch sinken könnte. Laut Philipp Schnell steckt dahinter der Gedanke: “Talentierte und leistungsfähige Schüler:innen sollen sich in dem System durchsetzen.”
Der letzte Aspekt, der den Bildungssoziologen auffiel, ist die Forderung nach mehr Schulautonomie, dem Ausbau des Privatschulsektors und einem klaren Bekenntnis zur freien Schulwahl. Demnach sollen Eltern und Kinder selbst entscheiden können, welche Schulart und Standort sie bevorzugen – wie zum Beispiel eine eher religiös geprägte weiterführende Schule oder Homeschooling von den Eltern statt einer normalen Hauptschule. Diese Punkte sollen vor allem erreicht werden, damit Bildungsinhalte stärker an wirtschaftlichen Bedürfnissen und den Vorstellungen der Partei ausgerichtet werden können. Deshalb wurde auch die Forderung nach “Bildungszielen” statt einer Schulpflicht geäußert.