Bücher sind unser Spiegelbild der Welt – und sie verdienen es, gelesen zu werden. (Quelle: Eigendarstellung)
In den letzten Jahren hat die Zensur von Büchern in den USA stark zugenommen. Politiker:innen und Organisationen wie “Moms for Liberty” setzen sich seit 2021 verstärkt dafür ein, dass bestimmte Bücher aus Schulbibliotheken entfernt oder aus Lehrplänen gestrichen werden. Ihre Begründung: Diese Bücher könnten Kinder “indoktrinieren” oder unangemessene Inhalte enthalten.
Allein im Schuljahr 2023/2024 wurden über 10.000 Bücher verboten. Dabei betrifft die Zensur vor allem Werke, die sich mit Themen wie Rassismus, Frauenrechten, LGBTQ+-Identität, Drogenmissbrauch oder politischen Systemen auseinandersetzen. Doch gerade diese Bücher sind wichtig für Bildung und kritisches Denken. Daher nun eine Bücherempfehlung zu verschiedenen Themen, die ihr mit euren Schüler:innen lesen solltet.
“Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt” ist eine Autobiografie von Maya Angelou aus dem Jahr 1969. In dem Buch erzählt sie von ihrer Kindheit und Jugend als afroamerikanische Frau in den USA der 1930er und 1940er Jahre. Sie wächst in einer von Rassismus geprägten Gesellschaft auf und erlebt Armut, Diskriminierung und Missbrauch. Trotz der Hindernisse, die ihr in den Weg gelegt werden, entwickelt sie eine starke Identität und findet ihre Stimme durch Bildung und Literatur.
Angelou thematisiert in ihrem Buch Rassismus, Identität, Traumata und Selbstfindung. Sie beschreibt eindrücklich die Ungerechtigkeiten, mit denen afroamerikanische Menschen konfrontiert sind, aber auch die Kraft von Resilienz und Gemeinschaft. Ihre poetische Sprache macht die Geschichte besonders kraftvoll und bewegend und zeigt, wie wichtig es ist, trotz Widrigkeiten an sich selbst zu glauben. Der Titel des Buches dient dabei als starkes Symbol für die Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung. Sie regt mit ihrem Buch dazu an, sich mit systemischer Ungleichheit, der Bedeutung von Bildung und der Stärke des individuellen Überlebenswillens auseinanderzusetzen. Das Buch eignet sich besonders für den Englischunterricht, wenn es um Themen wie Rassismus, Geschlechterrollen und gesellschaftliche Ungerechtigkeiten geht.
Hinweis: Thematisiert Missbrauch, Rassismus und sexuelle Gewalt als Kind, die emotional belastend sein können.
“The Hate U Give” ist ein Roman von Angie Thomas aus dem Jahr 2017. In dem Buch geht es um die 16-jährige Protagonistin Starr Carter. Diese lebt zwischen zwei Welten: Ihrer überwiegend afroamerikanischen Nachbarschaft und ihrer privilegierten, weißen Privatschule. Nach dem tödlichen Polizeischuss auf ihren unbewaffneten Kindheitsfreund Khalil wird Starr zur Zeugin und gerät in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Debatte um Polizeigewalt, Rassismus und Gerechtigkeit. Starr versucht, ihre Stimme zu finden und für Khalil und ihre Gemeinschaft einzutreten.
Im Roman thematisiert Thomas systemischen Rassismus, Vorurteile, Polizeigewalt und die Black Lives Matter-Bewegung, aber auch die Hoffnung auf eine bessere Welt. Die Handlung wird für Kinder greifbar und modern dargestellt, durch die Botschaft “Thug Life” der 1996 erschossenen Rap-Legende Tupac Shakur, welche sich wie ein Leitmotiv durch die Handlung zieht. Denn “The Hate U Give” ist Teil des Akronyms, welches bedeutet “The Hate U Give Little Infants Fucks Everybody” und übersetzt etwa: “Der Hass, dem du kleine Kinder aussetzt, wird auf jeden zurückfallen” heißt. Es ist eine bewegende, packende, emotionale Story, die Jugendlichen eine Möglichkeit gibt, gesellschaftliche Ungerechtigkeiten und die Bedeutung von zivilem Widerstand besser zu verstehen. Es regt zu Diskussionen über Gleichberechtigung, Vorurteile und Aktivismus an. Dieses Buch eignet sich besonders gut für den Englischunterricht, während die USA oder Rassismus behandelt werden.
Hinweis: Enthält Gewalt, Diskriminierung und Tod. Kann emotional belastend sein.
“Der Report der Magd” ist ein Roman von Margaret Atwood aus dem Jahr 1985. Die Geschichte spielt in der dystopischen Republik Gilead, einem totalitären Regime, das Frauen ihrer Rechte beraubt und sie auf ihre reproduktiven Fähigkeiten reduziert. Die Protagonistin Offred gehört zur Klasse der “Mägde”, die gezwungen werden, Kinder für die herrschende Elite zu gebären. Während sie täglich ums Überleben kämpft, hält sie an ihren Erinnerungen an ihr früheres Leben fest und hofft auf eine Flucht aus der Unterdrückung.
Atwood thematisiert in ihrem Roman die Gefahren von Totalitarismus, religiösem Fanatismus und der systematischen Unterdrückung von Frauen. Das Werk zeigt eindrücklich, wie schnell Demokratie und individuelle Freiheit verloren gehen können, wenn autoritäre Kräfte die Kontrolle übernehmen. Durch Offreds Erzählung wird die emotionale und psychologische Belastung einer Frau sichtbar, die in einem brutalen System gefangen ist. Der Roman ist eine eindringliche Warnung vor der Bedrohung von Menschenrechten und bleibt gerade in aktuellen gesellschaftlichen Debatten hochrelevant. Daher ist es ein fesselnder, beklemmender und tiefgründiger Roman, der zum Nachdenken über Machtstrukturen, Geschlechterrollen und Widerstand anregt. Der Roman eignet sich besonders für den Englisch-, Geschichts- oder Deutschunterricht, wenn es um Themen wie Totalitarismus, Feminismus und die Gefährdung demokratischer Werte geht.
Hinweis: Enthält Darstellungen von sexueller Gewalt, Unterdrückung und brutale Szenen, die emotional belastend sein können.
“Das Tagebuch der Anne Frank” ist das bewegende Zeugnis eines jüdischen Mädchens, das sich während des Zweiten Weltkriegs mit ihrer Familie und anderen Verfolgten in einem Amsterdamer Hinterhaus vor den Nationalsozialisten versteckte. Zwischen 1942 und 1944 schildert die 13-jährige Anne ihre Gedanken, Ängste und Hoffnungen und gibt einen einzigartigen Einblick in das Leben in Isolation und ständiger Gefahr. Trotz der düsteren Umstände bewahrt sie ihren Optimismus und ihren Glauben an die Menschlichkeit.
Annes Tagebuch ist weit mehr als nur eine historische Quelle – es ist ein tief berührendes Dokument über den Holocaust, Antisemitismus und die Schrecken von Krieg und Verfolgung. Ihre Worte zeigen, wie wertvoll Freiheit ist, und fordern dazu auf, gegen Ungerechtigkeit und Hass einzutreten. Das Buch spricht besonders junge Leser an, da Anne nicht nur über die äußeren Bedrohungen schreibt, sondern auch über ihre persönliche Entwicklung, ihre Träume und ihre Sehnsucht nach einem normalen Leben. Das Buch ist ein ungefiltertes, zeitloses und wichtiges Werk, das Empathie fördert und an die Grausamkeiten der Geschichte erinnert. Es eignet sich besonders für den Geschichtsunterricht, wenn es um den Zweiten Weltkrieg, Menschenrechte und die Gefährdung demokratischer Werte geht.
Hinweis: Thematisiert Krieg, Verfolgung und den Holocaust. Kann für manche Leser erschütternd sein.
“Ich und Earl und das Mädchen” ist ein Jugendroman von Jesse Andrews aus dem Jahr 2012. Die Geschichte folgt Greg Gaines, einem Jugendlichen, der versucht, möglichst unauffällig durch die Highschool zu kommen. Gemeinsam mit seinem sarkastischen Freund Earl dreht er Low-Budget-Parodiefilme. Doch als Gregs Mutter ihn dazu drängt, Zeit mit Rachel zu verbringen – einem Mädchen, das an Leukämie erkrankt ist – gerät sein Leben aus der Bahn. Eine ungewöhnliche Freundschaft entsteht, die Gregs Sicht auf das Leben und den Umgang mit Verlust verändert.
Andrews erzählt auf eine erfrischend humorvolle, aber zugleich ehrliche Weise von Krankheit, Tod und Freundschaft. Der Roman verzichtet auf dramatische Klischees und bleibt dabei direkt, oft sarkastisch und gleichzeitig tief berührend. Er zeigt, dass es keine perfekte Art gibt, mit Verlust umzugehen, und dass Empathie nicht immer in großen Gesten, sondern oft in kleinen Momenten liegt. Der Roman ist eine unkonventionelle, witzige und dennoch berührende Geschichte, die Jugendlichen hilft, sich mit Themen wie Sterblichkeit und Mitgefühl auseinanderzusetzen. Er eignet sich besonders für den Unterricht oder Diskussionen über den Umgang mit Verlust, ohne dabei in Sentimentalität zu verfallen.
Hinweis: Thematisiert den Tod eines Teenagers und schwere Krankheit. Kann emotional herausfordernd sein.
“1984” ist ein dystopischer Roman von George Orwell aus dem Jahr 1949. Die Geschichte spielt in einem totalitären Überwachungsstaat, in dem die Regierung Gedanken kontrolliert, die Vergangenheit manipuliert und das Verhalten der Menschen strikt überwacht. Der Protagonist Winston Smith arbeitet im “Ministerium für Wahrheit” und trägt selbst zur Propaganda bei, beginnt jedoch, das System zu hinterfragen. Seine gefährliche Suche nach Wahrheit und Individualität führt ihn in einen verzweifelten Kampf gegen eine allmächtige, unterdrückerische Regierung.
Orwells Roman ist eine eindringliche Warnung vor totalitärer Kontrolle, Manipulation und der Aushöhlung von Wahrheit und Freiheit. Er zeigt, wie Sprache und Überwachung als Machtinstrumente genutzt werden, um eine Gesellschaft zu unterdrücken. Besonders in Zeiten digitaler Überwachung und Fake News bleibt das Buch hochaktuell und regt dazu an, kritisch über Privatsphäre, Propaganda und politische Kontrolle nachzudenken. Der Roman ist eine beklemmende, aber wichtige Lektüre, die tiefgründige Fragen über Macht, Wahrheit und individuelle Freiheit aufwirft. Er eignet sich besonders für den Unterricht, wenn es um politische Systeme, Medienkritik und die Gefahren autoritärer Strukturen geht.
Hinweis: Enthält Gewalt, Folter und psychologische Manipulation, die verstörend wirken können.
“More Happy Than Not” ist ein Jugendroman von Adam Silvera aus dem Jahr 2015. Die Geschichte folgt Aaron Soto, einem Teenager aus der Bronx, der nach dem Verlust seines Vaters mit Trauer und seiner eigenen Identität kämpft. Als er sich mit Thomas anfreundet und beginnt, tiefere Gefühle für ihn zu entwickeln, wird er mit Fragen zu seiner Sexualität und dem gesellschaftlichen Druck konfrontiert. In einer Welt, in der eine futuristische Technologie Erinnerungen auslöschen kann, steht Aaron vor einer schweren Entscheidung: Ist es besser, die schmerzhaften Wahrheiten über sich selbst zu vergessen oder sie anzunehmen – egal, wie schwierig das sein mag?
Silvera erzählt eine Geschichte über Identitätsfindung, LGBTQ+-Themen und mentale Gesundheit. Der Roman zeigt die Herausforderungen junger Menschen, die sich mit ihrer Sexualität und Selbstakzeptanz auseinandersetzen müssen, und thematisiert die Auswirkungen von Trauma und gesellschaftlicher Erwartung. Mit seinem einfühlsamen, aber auch ehrlichen Schreibstil berührt Silvera die Leser und regt zum Nachdenken über Selbstliebe und persönliche Wahrheit an. Der Jugendroman ist eine tief emotionale, schonungslose und herzzerreißende, aber bedeutungsvolle Geschichte über Selbstakzeptanz und die Suche nach Glück. Er eignet sich besonders für den Unterricht oder Diskussionen über mentale Gesundheit, LGBTQ+-Repräsentation und den Einfluss von Erinnerungen auf unsere Identität.
Hinweis: Behandelt mentale Gesundheitsprobleme, Suizidgedanken und Suizid, Missbrauch, Tod eines Elternteils und Diskriminierung, was emotional belastend sein kann.
“Crank” ist ein Jugendroman von Ellen Hopkins aus dem Jahr 2004, der in freien Versen geschrieben ist. Die Geschichte folgt Kristina, einer zunächst braven Teenagerin, die während eines Sommerbesuchs bei ihrem entfremdeten Vater mit Meth – dem “Monster” – in Kontakt kommt. Was als scheinbar harmlose Erfahrung beginnt, wird schnell zu einer zerstörerischen Sucht, die ihr Leben und ihre Beziehungen ruiniert. Der Roman basiert lose auf den Erlebnissen der Tochter der Autorin und zeigt schonungslos die Spirale des Drogenmissbrauchs.
Hopkins erzählt in eindringlicher und poetischer Sprache von den verheerenden Folgen der Sucht. Das Buch beleuchtet, wie schnell eine einzige Entscheidung das Leben aus der Bahn werfen kann, und zeigt die erschreckende Realität von Abhängigkeit. In einer Zeit, in der Suchterkrankungen viele Familien betreffen, ist “Crank” eine kraftvolle und wichtige Geschichte, die zum Nachdenken über die Risiken von Drogenmissbrauch anregt. Der Jugendroman ist ein intensiver, realitätsnaher Roman über Abhängigkeit und deren Folgen. Er eignet sich besonders für den Unterricht oder Diskussionen über Drogenprävention, mentale Gesundheit und die Auswirkungen von Sucht auf das soziale Umfeld.
Hinweis: Enthält explizite Darstellungen von Drogenmissbrauch, Gewalt und sexuellen Übergriffen, die emotional belastend sein können.
Es ist verständlich, dass einige dieser Bücher belastende Inhalte haben. Deshalb ist es wichtig, dass Lehrkräfte und Eltern mit Jugendlichen über diese Themen sprechen, bevor sie eines der Bücher lesen.
Bücher sollten nicht verboten werden, nur weil sie unbequeme Lebensrealitäten ansprechen. Gerade weil sie herausfordernde Themen behandeln, helfen sie uns, die Welt besser zu verstehen und aus der Geschichte zu lernen. Bildung bedeutet, sich mit verschiedenen Perspektiven auseinanderzusetzen – und nicht, sich vor unbequemen Wahrheiten zu verschließen.