Die Zukunft der Deutschen Auslandsschulen: Dringender Handlungsbedarf für ihre Existenzsicherung

Thilo Klingebiel, Geschäftsführer des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen (WDA)

Thilo Klingebiel ist Geschäftsführer des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen (WDA) und leitet das Team der WDA-Geschäftsstelle in Berlin. Gemeinsam unterstützt das Team die ehrenamtlichen Schulträger der Deutschen Auslandsschulen. (Quelle: WDA)

Die Zukunft der Deutschen Auslandsschulen: Dringender Handlungsbedarf für ihre Existenzsicherung

Die gemeinnützig getragenen und ehrenamtlich geführten Deutschen Auslandsschulen sind mehr als nur Bildungseinrichtungen – sie sind kulturelle Brückenbauer, wirtschaftliche Akteure und unverzichtbare Partner in der globalen Bildungslandschaft. Sie sind die Mittlerorganisationen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands mit dem höchsten Eigenanteil an der Finanzierung. Doch in der aktuellen politischen Diskussion über die finanzielle Unterstützung dieser Schulen zeigt sich ein alarmierender Trend: Die Kürzungen bei Förderung stellen die Existenz der Schulen zunehmend infrage. Ich möchte daher auf die Schlüsselerwartungen des Weltverbandes Deutscher Auslandsschulen (WDA) eingehen, die die Qualität und die Sicherung der Zukunft dieser Schulen gewährleisten sollen. 

Der WDA vertritt die Interessen der freien, gemeinnützigen Schulträger der Deutschen Auslandsschulen gegenüber der deutschen Politik und der Öffentlichkeit, bringt die Expertinnen und Experten aus den Schulen durch regelmäßige Veranstaltungen in einem globalen Netzwerk zusammen und unterstützt sie mit exklusiven Dienstleistungen. Der WDA wurde am 2. Mai 2003 gegründet und fasst seitdem die Einzelstimmen der Deutschen Auslandsschulen zu einer starken Stimme zusammen.

Ein unverzichtbares Netzwerk mit weitreichendem Einfluss

Die 136 Deutschen Auslandsschulen sind weltweit tätig und bilden nicht nur deutsche Schülerinnen und Schüler im Ausland aus, sondern stehen für soziale Durchmischung, fördern internationale Bildungsstandards und die deutsche Kultur. Sie sind einzigartig im PASCH-Netzwerk (Schulen: Partner der Zukunft), denn sie vermitteln nicht nur die deutsche Sprache, sondern bieten darüber hinaus umfassende Bildungsangebote von der frühkindlichen Betreuung bis hin zur Hochschulreife. Diese Schulen tragen nicht nur zur sprachlichen und kulturellen Verständigung bei, sondern auch zur wirtschaftlichen Entwicklung, indem sie einen jährlichen Wertschöpfungsimpuls von 1,2 Milliarden Euro erzeugen. Sie beschulen 36 Prozent deutsche Schüler im Ausland und sparen damit Kosten von rund 291 Mio. Euro ein, die sonst in Deutschland anfallen würden. Die Absolventen sind hervorragend qualifiziert, um den Fachkräftebedarf in Deutschland zu unterstützen und zur Entwicklung in ihren Heimatländern beizutragen.

Doch diese wertvolle Arbeit ist bedroht. Der WDA stellt fest, dass viele Schulen aufgrund der unsicheren finanziellen Lage und der drohenden Kürzungen bei der Förderung und insbesondere der freiwilligen finanziellen Förderung in ihrer Existenz gefährdet sind. Besonders alarmierend ist, dass sich laut der regelmäßigen Umfrage WDA-Auslandsschulkompass 19 Prozent der befragten Schulen ihre Existenz bedroht sehen – dies entspricht dem Stand während der Corona-Pandemie. Ohne eine verlässliche und langfristige Finanzierung wird die Qualität der Bildungsangebote und die Offenheit der Schulen für alle gefährdet.

Gemeinnützig getragen, gesetzlich gefördert 

Die Deutschen Auslandsschulen werden privat getragen und öffentlich gefördert. Sie gelten als ein besonders etabliertes und erfolgreiches Beispiel für eine Öffentlich-Private Partnerschaft. Gemeinnützige Schulträger erheben Schulgebühren, da sie gesetzlich verpflichtet sind, sich zu rund 70 Prozent selbst zu finanzieren. Rund 30 Prozent der Schulhaushalte stammen aus Mitteln des Schulfonds des Auswärtigen Amtes; die Förderung erfolgt über die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), die unter Fachaufsicht des Auswärtigen Amtes steht. Die Förderung erfolgt vor allem durch die Vermittlung von Lehrkräften aus Deutschland, die die deutschen Bildungsstandards sicherstellen. Der finanzielle Anteil der staatlichen Förderung macht durchschnittlich nur rund 10 Prozent aus.

Förderung seit 2014 gesetzlich verankert

Mit dem Inkrafttreten des Auslandsschulgesetzes vor über 10 Jahren, zum 1. Januar 2014, haben Deutsche Auslandsschulen erstmals einen gesetzlichen Anspruch auf Förderung erhalten. Gemäß der gesetzlichen Regelung werden mit den freien Schulträgern Deutscher Auslandsschulen Förderverträge geschlossen, die über drei Jahre einen gesetzlichen Anspruch auf die personelle und finanzielle Förderung festschreiben. Dieser Anspruch ist ein Paradigmenwechsel im Hinblick auf die zuvor übliche Anwendung des Zuwendungsrechtes. Ziel des Gesetzes ist es, die Förderung auf eine für die Schulträger verlässliche Grundlage zu stellen. 

Das Kernproblem: Kürzungen bei der freiwilligen Förderung

Die Kürzungen der freiwilligen Förderung um 100 Prozent sind eine direkte Bedrohung für die Deutschen Auslandsschulen. Diese Mittel sind entscheidend für die Finanzierung von Schulplätzen und die soziale Durchmischung der Schülerschaft. Ohne diese Mittel stehen die Schulen vor dem Dilemma, drastische Schulgelderhöhungen vorzunehmen zu müssen. Betroffen sind gerade große Schulen mit hoher Nachfrage und kleine Schulen im Aufbau. Gleichzeitig leiden viele Schulen, die sozial oder politisch benachteiligt sind oder aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse Unterstützung benötigen, besonders unter den Kürzungen.

Die Planungssicherheit der Schulen wird durch diese Maßnahmen erheblich verringert. Schulen, die Investitionsvorhaben wie Bauprojekte begonnen haben, können die Kürzungen ohne Rücklagen oder mit Krediten belastet nicht auffangen. Langfristige Perspektiven und verlässliche Förderstrukturen sind notwendig, um die Arbeit der Schulen abzusichern und ihre Qualität langfristig zu sichern. 

Im aktuellen Koalitionsvertrag wurde zudem ein Masterplan zur Weiterentwicklung der Deutschen Auslandsschulen vereinbart. Dieser Masterplan befindet sich weiter in der Abstimmung und ist bisher nicht in Kraft getreten.

Folgende konkrete Erwartungen hat der WDA, die auch in den WDA-Stellungnahmen nachzulesen sind: 

Die Deutschen Auslandsschulen mit ihrem erstklassigen Bildungsangebot sind keine profitorientierten Schulen. Sie sind gesetzlich verpflichtet, ihre Mittel – rund 70 Prozent – selbst zu erwirtschaften. Die Förderung der Schulen wirkt somit als Katalysator für den Beitrag der Zivilgesellschaft zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. 

Kurzvita

Thilo Klingebiel ist seit 2010 Geschäftsführer des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen (WDA). Zuvor war der Bildungsmanager (MBA) und Non-Profit-Manager (VMI) Gymnasiallehrer an der Deutschen Schule Shanghai und Bereichsleiter bei bundesliga.de.

Wir bedanken uns bei Thilo Klingebiel für seinen Beitrag und möchten hinzufügen, dass der Inhalt des Artikels nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wiedergibt. 

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