Der YouTuber „Drachenlord“ wird seit Jahren im Internet und im privaten Leben gedemütigt. Nachdem er sich zur Wehr gesetzt hat, wurde er nun von einem Gericht verurteilt. Ein umstrittenes Urteil, da sein Verhalten kann durchaus als Notwehr angesehen werden.
„Drachenlord“ dürfte vor allem für jüngeren Menschen ein Begriff sein. Er ist nämlich YouTuber mit über 160.000 Abonnenten. Auf seinem Kanal postet er überwiegend Unterhaltungs- und Comedy-Videos. Sein bürgerlicher Name ist Rainer Winkler, er ist 32 Jahre alt und lebt in einem kleinen Dorf in Franken. Seit 2013 wird Winkler von Menschen im Netz regelrecht gemobbt und gedemütigt. Nachdem er seine exakte Adresse preisgegeben hat, stürmten Menschen vor seine Haustür und belästigen ihn. Sie schänden das Grab seines Vaters, sein Haus wurde mit Steinen beworfen. Des Weiteren wurde er beleidigt und provoziert. Das wird und wurde immer wieder gefilmt und dann ins Netz gestellt. Er wird nicht mehr wie ein Mensch mit Gefühlen behandelt.
Eine Frau gab zum Beispiel vor, ihn zu lieben. Dann ging sie eine „Beziehung“ mit ihm ein und brachte ihn während eines Livestreams dazu, einen Heiratsantrag zu machen. Als Antwort auf seinen Antrag sagte sie: „Du bist der fetteste, dümmste Idiot, den ich in meinem ganzen Leben gesehen habe.“ Das Publikum lachte ihn aus, er weinte. Auch dies wird weiterhin im Internet verbreitet.
Viele Menschen nehmen Cybermobbing nicht ernst, da es „nur“ online stattfindet. Doch Cybermobbing sollte ernst genommen werden. Die Betroffenen leiden sehr unter den Attacken und fühlen sich oft allein gelassen. Dabei kann diese Art von Mobbing große Wellen schlagen, denn Inhalte (Videos, Bilder, Nachrichten etc.) lassen sich heutzutage sehr gut und zudem leicht verbreiten. Es kann sich auch auf den offline Bereich ausdehnen. Das Gleiche ist immerhin auch bei Rainer Winkler passiert. Täter:innen fällt es sogar leichter im Netz zu demütigen, da sie immerhin anonym und eine gewisse, zumindest räumliche, Distanz zu dem Opfer haben.
Cybermobbing und Mobbing sollten viel öfter von Schulen als Thema aufgegriffen werden, denn gerade Jugendliche neigen dazu, sich über Mitmenschen im Netz lustig zu machen. Oft wird das Ganze dann als „nicht so schlimm“ abgetan, da dem Opfer im „realen“ Leben nichts angetan wird. Doch viele vergessen, dass hinter jedem Laptop oder Smartphone ein echter Mensch sitzt und Worte im Netz auch treffen und verletzen können. Bei Drachenlord geht das Ganze seit mehreren Jahren und so weit, dass mittlerweile das Dorf, in dem er lebt, auch unter den Attacken leidet. Cybermobbing ist in Deutschland bisher leider kein Straftatbestand.
Viele Jugendliche werden sich in die Lage von Rainer Winkler hineinversetzen können, denn Cybermobbing betrifft immer mehr junge Menschen. Die Zahl der Betroffenen zwischen acht und 21 Jahren ist seit 2017 um 36 Prozent. In absoluten Zahlen sind das fast zwei Millionen Kinder und Jugendliche. „Mobbing kann massive Folgen für die psychische Gesundheit haben. Dazu gehören zum Beispiel Ängste, Schlafstörungen und Depressionen“, sagt Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. Dabei wird im Internet vor allem beleidigt, Bilder verbreitet und Gerüchte über das Opfer gestreut. Für Jugendliche kann das digitale Mobbing noch schlimmer sein als das herkömmliche. Denn sie können den Tätern nicht einfach ausweichen. Bilder und Videos können nicht mehr so einfach aus dem Netz entfernt werden.
Die Menschen, die Rainer Winkler mobben haben sich sogar einen Namen gegeben. Sie nennen sich „Haider“, denn Winkler hat einen fränkischen Dialekt und spricht das englische Wort Hater (dt. Hasser) so aus. Diese Täter:innen behaupten das Demütigen von Winkler sei ein Spiel und nennen das Ganze das „Drachengame“. Das dient lediglich zur Verharmlosung der unzähligen Taten und es erweckt den Eindruck, dass Winkler dies auch wolle. Allerdings ist es eine Lüge und trotzdem wird immer wieder behauptet. Auch große Medien geben den Sachverhalt so weiter. Dabei sagen die „Haider“ oft genug, dass sie wollen Winkler würde sich irgendwann selbst das Leben nehmen. Es sei ihr großes Ziel.
Im Sommer 2018 versammeln sich um die 800 Menschen in Winklers Dorf und vor seinem Haus. Dort wurde dann mit Eiern, Böllern und Steinen randaliert. Sogar eine Wiese wird in Brand gesetzt. Der Mob wird von der Polizei aufgelöst, weitere Konsequenzen erfahren die Täter:innen nicht. Stattdessen haben sie jetzt Videos, die sie ins Internet stellen können.
Nachdem „Drachenlord“ mehrere Male persönlich bedroht und auch angegriffen wurde, hat er irgendwann angefangen sich zu wehren. Zum Beispiel setzte er Pfefferspray gegen Angreifer ein oder wehrte sich handgreiflich. Auch seine Taten sollen nicht entschuldigt oder gerechtfertigt werden. Es folgt ein Prozess wegen Körperverletzung gegen Winkler . Am Anfang des Prozesses wurde ihm ein Deal angeboten. Er hätte eine Bewährungsstrafe bekommen, wenn er „seine Arbeit als Internet-Reizfigur ganz aufgibt.“ Also werden die Taten Winkler gegenüber gerechtfertigt, weil er eine spezielle Art hat und oft polarisierende Meinungen im Internet preisgibt. Im Englischen nennt man solch ein Verhalten der Richterin „Victim-Blaming“ (dt. Täter-Opfer-Umkehr).
Doch würde Winkler seine Existenz als „Drachenlord“ aufgeben, hätte er keine Einnahmequelle mehr. Zudem hat er schon einige Male nichts mehr im Netz gepostet und wurde trotzdem online sowie offline immer weiter attackiert. Den Deal hatte Winkler also abgelehnt und wurde letztendlich zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Die „Haider“ freuen sich über das Urteil und sehen es als Krönung, wenn Winkler wirklich ins Gefängnis muss.
Hast Du schon von „Drachenlord“ gehört und was ist Deine Meinung zu dem Urteil? Lass es uns gerne in den Kommentaren wissen. Hier findest du einen weiteren spannenden Artikel zum Thema Mobbing.