KMK-Präsidentin setzt Frist: Die Bildungsministerin muss sich zum Digitalpakt 2.0 äußern

Von
Albert Koch
|
23
.
July 2024
|
| sponsored
Hausaufgaben am Laptop

Die Fortsetzung des Digitalpakts steht weiterhin auf der Kippe. Der Entwurf des neuen Bundeshaushalts bringt wenig Hoffnung. (Quelle: Pixabay)

Berlin / Saarbrücken. Der Entwurf zum Bundeshaushalt 2025 verunsichert die Länder nach wie vor in Hinblick auf den Digitalpakt 2.0. Nun verlangt die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Christine Streichert-Clivot (SPD), in einem Brief an die Bundesbildungsministerin, Bettina Stark-Watzinger (FDP), eine eindeutige Stellungnahme bis Montag, den 29. Juli. Nachdem die Bundesregierung ihren Entwurf für das kommende Haushaltsjahr am Mittwoch vorgelegt hatte, kam seitens der Kultusminister:innen teils große Empörung auf. Denn explizit ist kein Etat für den Digitalpakt 2.0 vorgesehen, obwohl dieser bis 2030 im Koalitionsvertrag festgelegt ist. Lediglich „Zuweisungen an die Länder zur Förderung der Investitionen in die digitale Infrastruktur für Schulen“ sind mit einem Betrag von 1,6 Milliarden Euro aufgeführt. Doch es herrschen Zweifel darüber, wie viel von diesem Geld neu hinzukommt und wie viel aus den Restbeständen des Digitalpakts 1, der letzten Mai auslief, entnommen werden soll (Lehrer-News berichtete).

Der Haushalt weist noch einen weiteren Haken auf: In Haushaltsplänen ist häufig eine sogenannte Globale Minderausgabe (GMA) vorgesehen, eine Summe, die durch Ausgabensenkungen in allen Bereichen des Gesamthaushalts einzusparen ist. Im Bildungsetat allein sollen beim kommenden Bundeshaushalt durch Einsparungen in verschiedensten Posten 650 Millionen Euro weniger ausgegeben werden als geplant. Damit unterliegt das Ressort schon den verhältnismäßig höchsten Sparvorgaben. Allerdings ist zusätzlich noch eine spezielle GMA von 163 Millionen Euro auf eben jene „Zuweisungen an die Länder zur Förderung der Investitionen in die digitale Infrastruktur für Schulen“ gesetzt, was den reellen Betrag genau um die Summe der GMA senken wird. Eine solche Spezifizierung für Minderausgaben auf bestimmte Bereiche ist offenbar ungewöhnlich und lässt beinahe vermuten, dass die Finanzierung mithilfe dieses Instruments getilgt werden soll. Außerdem ist im Entwurf ein neuer Grundsatz aufgestellt, der festlegt, dass die Bundesregierung Bund-Länder-Programme von nun an nur noch mit höchstens 50 Prozent der Fördersumme unterstützen darf. Im Digitalpakt 1 hingegen hat der Bund ganze 90 Prozent der Kosten übernommen. Eine fehlende Verpflichtungsermächtigung, die Investitionen in die Digitalisierung an Schulen auch für die folgenden Jahre sichern würde, stellt den dritten Kritikpunkt dar. Aus Sicht der Länder hat das Bildungsministerium aufgrund dieser Mängel seine Zusage zum Digitalpakt 2.0 nicht eingehalten.

Die Unklarheit in der Kommunikation aus dem Bundesbildungsministerium in Bezug auf die Fortführung des Digitalpakts sorgte bereits in der Vergangenheit für öffentliche Kritik aus den Kultusministerien der Länder (Lehrer-News berichtete). Sachsens Bildungsminister Christian Piwarz (CDU) äußerte sich am Mittwoch mit deutlichen Worten und sprach von Lippenbekenntnissen und Vertrauensbruch. „Lediglich für die Abfinanzierung von Maßnahmen des bisherigen Digitalpakts sind Mittel eingeplant. Von einem Digitalpakt 2.0 ist hingegen im Etatentwurf des Bundesministeriums nichts zu lesen“, stellt er fest. Am Freitag folgte scharfe Kritik aus Stuttgart. Die Staatssekretärin des Baden-Württembergischen Kultusministeriums Sandra Boser (Grüne) stellte klar, dass alle bisher zur Verfügung gestellten Mittel im Rahmen des Digitalpakts 1 mittlerweile gebunden und eine Fortsetzung der Vereinbarung unerlässlich seien, und zwar mit frischen Geldern. Sie formulierte klare Forderungen nach Berlin: „Die Bundesbildungsministerin hat selbst immer wieder eine große Erwartungshaltung genährt. Hier muss sich der Bund an die Abmachungen halten. Das heißt: Der Digitalpakt 2.0 muss eine echte Investition und Förderung darstellen. Wer gackert, muss auch legen.“ 

Die Vorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, äußerte sich bereits am Dienstag im Vorfeld zu den abschließenden Beratungen des Haushaltsentwurfs: „Im Bundeshaushalt ist keine Rede mehr von der Fortführung und Sicherung des Digitalpakts 2.0, das ist schlichtweg unverantwortlich“. Sie verwies außerdem auf die Auswirkungen einer stockenden Digitalisierung auf die Bildungsgerechtigkeit: „So werden Bildungsungleichheiten weiter verstärkt und benachteiligte Schüler*innen zusätzlich schlechter gestellt“. In einer Pressemitteilung der Bundesschülerkonferenz wies man auf die Notwendigkeit eines Digitalpakts besonders mit einem zukünftigen Fokus auf die Fortbildung von Fachkräften hin: „Neben finanziellen Mitteln und Geräten muss auch der richtige Umgang mit digitalen Medien gelehrt werden”.

Das Bundesbildungsministerium berief sich bisher nur vage darauf, dass die entsprechenden Ausgaben zur Hälfte getragen würden, ohne auf weitere Details in Bezug auf den Haushalt einzugehen. Auf eine Anfrage des bildungspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Jarzombek, kamen aus dem Ministerium die gleichen Töne wie bisher: Eine konkrete Summe sei nach wie vor Gegenstand der laufenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern. Am Freitag äußerten sich sogar die bildungspolitischen Sprecher aus den Bundestagsfraktionen der Koalitionspartner gegenüber Table.Briefings. Oliver Kaczamarek (SPD) und Anja Reinalter (Grüne) sahen beide die Ministerin in der Verantwortung, konkrete Fakten vorzulegen. Christine Streichert-Clivot, die Kultusministerin des Saarlandes und gleichzeitige Präsidentin der KMK, erhöhte diesen Montag nun den Druck auf Bettina Stark-Watzinger in ihrem Brief. 

Ob eine Fristsetzung die Ministerin zu einem eindeutigen Bekenntnis bewegen kann, ist fraglich, denn die Verhandlungsbasis der Länder ist schlecht,  da sie auf eine Finanzierung durch den Bund angewiesen sind. Der Haushaltsentwurf sorgt bislang für Unsicherheit über den Digitalpakt 2.0. Jedoch zeichnet sich recht klar ab, dass die Länder und Kommunen auf alle Fälle eine größere finanzielle Last zu tragen haben werden, um den bisherigen Fortschritt der Digitalisierung an Schulen und die damit einhergehende Bildungsgerechtigkeit zu sichern und weiterzuführen.

Anzeige

Mehr zum Thema

Mehr vom Autor

Neuste Artikel

Kommentare

Zurück nach oben Icon
No items found.