(Quelle: Canva)
Ein unauffälliger Blick rüber zu der Klassenkameradin, wildes rumgefuchtel mit den Händen, um irgendwie die Message durchzubringen “Pssst, hast du einen Tampon dabei?”. Die Übergabe des Produktes gleicht dem Schutz des Präsidenten durch den Secret Service, der Weg zur Schultoilette und dann ist es vollbracht – ohne dass es jemand mitbekommen hat. Das wäre ja wohl die absolute Hölle, wenn die ganze Klasse mitbekommen würde, dass sich im Körper gerade das Normalste der Welt abspielt.
Bereits in der Antike gab es den Mythos, dass der weibliche Körper als “mangelhaft” angesehen wird. Der Körper müsse monatlich menstruieren, um überschüssige Körperflüssigkeiten loszuwerden. Denn Frauen seien schwächer, undichter und durch die Menstruation unrein und fehlerhaft. Gesteuert durch das Patriarchat, durch religiöse Einflüsse und durch die Entwicklung der Zeit entstanden diese Mystifizierungen über die Menstruation, die leider bis heute anhalten.
Die Menstruation ist in der Gesellschaft immer noch ein Tabuthema. Sie wird häufig mit Ekel und weiteren negativen Dingen behaftet und als unhygienisch beschrieben. Dabei ist sie als Teil des funktionierenden Zyklus genauso normal wie der Herzschlag. Die Verniedlichung der Periode in dem sie “Erdbeerwoche”, “Rosa Tante” genannt oder durch andere Euphemismen ersetzt wird, trägt nur dazu bei, dass Menstruierende sich schämen, offen über ihre Menstruation zu sprechen. Ebenfalls keine große Hilfe: Vor allem durch die Medien wurde häufig ein falsches Bild über die Menstruation vermittelt. Über lange Zeit wurde in der Werbung für Menstruationsprodukte eine blaue Flüssigkeit auf Binden oder über Tampons verteilt – Die Menstruation ist aber nicht blau. Das hat sich auch eine australische Firma für Menstruationsartikel gedacht. Sie zeigten 2019 erstmals in einer TV-Werbung rote Farbe auf einer Binde. Die Firma erntet dafür einen riesigen Shitstorm und ordentlich Beschwerden über die “Unangemessenheit” und dass es “Ekelhaft und Beleidigend” sei, so etwas den Zuschauer:innen vor die Nase zu halten. Als völlig unangemessen und nicht gerechtfertigt beschrieb die Werbeaufsicht die Beschwerden und wies sie zurück. 2021 überarbeitete die Marke ‘Always’ des Unternehmens Procter & Gamble ebenfalls ihre Werbung und ersetzte die blaue Farbe durch rote Farbe, um der Enttabuisierung der Menstruation beizutragen und bekam dadurch viele positive Rückmeldungen. Allerdings ließen die negativen Beschwerden nicht lange auf sich warten. Durch das “Blut” würden sich einige Zuschauer:innen angegriffen fühlen, mit Worten wie “Die Welt geht unter” oder “Das ist doch nicht normal" kritisieren sie die Werbung. Das Unternehmen gab daraufhin ein Statement bekannt: "Blut ist nicht eklig – und deshalb zeigen wir die rote Farbe davon nun auch im TV oder auf Instagram!”.
Um das Thema zu enttabuisieren und zu entmystifizieren, sollte die Menstruation unbedingt Teil des Unterrichts in der Schule sein. Die Schüler:innen sollten über das Thema aufgeklärt werden. Dazu gehören ebenfalls die Aufklärung über Menstruationsartikel, Beschwerden wie das prämenstruelle Syndrom (PMS), Krankheiten wie Endometriose und weitere Menstruationsstörungen.
Hier könnt ihr euch Infomaterialien über das Thema Menstruation kostenlos herunterladen und euren Unterricht damit gestalten.
Durch die Aufklärung der Menstruation wird ein Bewusstsein für den normalen Umgang mit der Menstruation geschaffen. Viele junge Menschen, die zum ersten Mal ihre Periode bekommen, schämen sich, haben Angst und Schmerzen. Häufig kommt das Schamgefühl und die Angst dadurch, dass sie gar nicht richtig wissen, was gerade mit ihnen und ihrem Körper passiert. Für einige Menstruierende kommt noch ein weiteres Problem hinzu: Das Beschaffen von Menstruationsartikel ist nicht nur mit Scham verbunden, sondern auch mit Kosten – Da hat auch die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf 7 Prozent nicht viel Einfluss. Kostenlose Menstruationsartikel an Schulen können da Abhilfe schaffen.
Damit solche Geschichten wie oben beschrieben nicht mehr Gang und Gäbe sind, wollen immer mehr Schulen kostenlose Menstruationsartikel anbieten. Besonders für viele junge Schüler:innen kann die Periode sehr überraschend kommen, da kann es durchaus hilfreich sein, wenn es auf der Schultoilette Menstruationsartikel bereit stehen, beschreibt Helene Haaré, Vorsitzende der Landesschülervertretung Thüringen die Situation.
In Bremen sollen künftig alle Schulen mit kostenlosen Menstruationsartikel ausgestattet werden. Die monatlichen Kosten übernimmt dabei die Bildungsbehörde. Nach der Pilotphase von November 2022 bis zu den Osterferien 2023 wurden die teilnehmenden Bremer Schulen mit kostenlosen Binden und Tampons ausgestattet. Diese fanden die Schüler:innen sowohl in Automaten, in bereitgestellten Körbchen auf der Toilette als auch im Sekretariat. Den Schulen soll nun überlassen werden, wie sie die Aktion fortführen möchten. Die Möglichkeit, alle Bremer Schulen mit kostenlosen Menstruationsartikeln auszustatten, soll geschaffen werden, heißt es auf der Website der Freien Hansestadt Bremen.
Auch in Kaltenkirchen ist es bereits soweit. Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt sollen alle Schulen und die Stadtbibliothek mit kostenlosen Menstruationsartikeln ausgestattet werden. Die Jugendstadtvertretung hatte einen entsprechenden Antrag eingereicht, welchem die Mehrheit des Bildungsausschusses zustimmte. Die Jugendstadtvertretung möchte dadurch das Thema Menstruation enttabuisieren und vor allem den jüngeren Menstruierenden dadurch die Möglichkeit geben, sich in der Schule wohler zu fühlen.
Das Bundesland Hessen setzt ebenfalls auf kostenlose Menstruationsartikel an Schulen. An 27 Schulen in der nordhessischen Stadt Kassel sind kostenfreie Menstruationsartikel bereitgestellt worden. Sie wollen vor allem Menstruierende aus Einkommensschwachen Familien unterstützen und ihnen Menstruationsprodukte kostenlos anbieten. Die Kosten für die Anschaffung und die Befüllung werden vom Amt der Schule und Bildung der Stadt Kassel übernommen. In Frankfurt wurden ebenfalls Schulen und Grundschulen mit kostenlosen Produkten ausgestattet. Da die Pubertät und die Menstruation auch schon in sehr jungen Jahren einsetzen kann, ist die Bereitstellung von kostenlosen Menstruationsartikeln auch an Grundschulen ein wichtiges Thema, so Amanda Oswald-Stoiber vom Stadtschulamt. Der Kostenpunkt von circa 6000 Euro pro Schuljahr wird auch hier von der Behörde übernommen. Viele weitere Städte wie Wiesbaden, Mainz, Gießen und Düsseldorf haben bereits kostenlose Menstruationsartikel an Schulen, Universitäten und Bibliotheken bereitgestellt.
Viele Vereine oder Jugendorganisationen wie zum Beispiel der freier zusammenschluss von student*innenschaften e.V. oder die Landesschüler*innenvertretung Hessen fordern die Ausstattung von kostenfreien Menstruationsartikel an allen Schulen und Bildungseinrichtungen, damit keine menstruierende Person peinlich berührt mit einer Binde in der Hand durch das Klassenzimmer und die halbe Schule laufen muss, um auf der Toilette ihr Menstruationsprodukt zu wechseln. Frei verfügbare Produkte in einem Körbchen auf der Schultoilette oder in einem Automaten unterstützt und entlastet nicht nur die Schüler:innen, sondern trägt auch zu der Enttabuisierung der Menstruation bei und zeigt den Schüler:innen dass die Periode etwas ganz normales ist. Dabei sollte allerdings auch ein Bewusstsein für einen respektvollen Umgang mit den Produkten geschaffen werden. Die Produkte sollten für alle Menstruierenden an der Schule sein.
Gibt es an eurer Schule kostenlose Menstruationsartikel? Was haltet ihr von der Idee? Schreibt es uns in die Kommentare!