Immer mehr junge Erwachsene wählen den akademischen Karriereweg, während tausende Ausbildungsplätze offen bleiben. (Quelle: Canva)
Berlin. In Deutschland erwerben immer häufiger junge Erwachsene einen guten Schulabschluss. Gleichzeitig steigt allerdings auch die Zahl der Personen mit schlechter oder gar keiner Ausbildung. Deutschland fehlt es an der Mittelschicht. Zu diesem Ergebnis kam die diesjährige OECD Studie “Bildung auf einen Blick 2023”. Zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Kultusministerkonferenz (KMK) hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Studie am gestrigen Tag vorgestellt. Das Ziel der Studie ist, “anhand von quantitativen Indikatoren einen Vergleich der Bildungssysteme von 38 OECD-Staaten, sechs Beitrittsländern sowie fünf Partnerstaaten zu ermöglichen”, so die KMK.
Immer mehr junge Erwachsene entscheiden sich für ein Hochschulstudium, während in einigen Bereichen, wie beispielsweise im Handwerk, laut Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) über 31.000 Auszubildende fehlen. Die Anzahl an schlecht ausgebildeten Bürger:innen steigt. Das ungenutzte Potenzial der jungen Erwachsenen ohne Abschluss oder Ausbildung zu verschenken, wäre fatal – so Jens Brandenburg, Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, in einer Pressemitteilung der KMK. Der Anteil von Schulabgänger:innen, die sich für eine klassische Berufsausbildung entscheiden oder den erfolgreichen Abschluss vorweisen können, ist stark zurückgegangen. Während im Jahr 2015 noch 51 Prozent der 25- bis 34-Jährigen einen Berufsabschluss vorweisen, sind es im Jahr 2022 nur noch 38 Prozent – Im Vergleich sei der Rückgang in Deutschland unter allen OECD-Ländern der größte.
Mittlerweile besitzen 16 Prozent der ehemals 13 Prozent derjenigen, die maximal einen mittleren Schulabschluss haben, keine abgeschlossene Berufsausbildung. "16 Prozent – das sind fast 1,7 Millionen junge Erwachsene, die nicht als dringend benötigte Fachkräfte zur Verfügung stehen", gibt Jens Brandenburg besorgt an. Das könne sich ein Industriestaat wie Deutschland, welcher ohnehin schon unter einem Fachkräftemangel leidet, nicht leisten, so Nicola Brandt, Leiterin des OECD Berlin Centre. Allerdings steigt auch die Zahl der jungen Erwachsenen, die einen höheren Schul- oder Bildungsabschluss haben. 2022 verfügten circa 37 Prozent der 25- bis 34-Jährigen über einen Hochschulabschluss oder einen anderen gleichwertigen Abschluss. 2015 waren es noch 30 Prozent.
Die Studie sollte ein Anlass sein, um die berufliche Bildung stärker zu fördern und die Berufsausbildung für junge Erwachsene attraktiver zu machen, denn 94 Prozent der beruflich ausgebildeten Personen finden innerhalb von zwei Jahren in Deutschland einen Job – Das ist der Höchstwert aller OECD Länder. Im Vergleich zeigt sich aber auch: Deutschland gibt gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) weniger Geld für die Bildung aus. Während andere Länder circa 5,1 Prozent des BIP in die Bildung investieren, sind es in Deutschland nur 4,6 Prozent.
Eine Frage die zum Nachdenken anregt bleibt übrig: Was passiert, wenn am Ende nur noch Akademiker in den Krankenhäusern, in Universitäten und weiteren Einrichtungen oder Unternehmen angestellt sind, es aber keine beruflichen Fachkräfte mehr gibt um die Dächer zu sanieren, die Supermarktkassen zu besetzen und die Stromleitungen zu verlegen?