Das australische Schulsystem: Ein flexibles und vielfältiges Modell, das Schüler:innen von der Grundschule bis zur Uni begleitet.(Quelle: Canva)
Australien gehört mit Platz 14 im Ranking der PISA Studie 2022 zu den international führenden Ländern in den Bereichen Mathematik, Lesekompetenzen und Naturwissenschaften. Mit Leistungen deutlich über dem internationalen Durchschnitt, in allen Bereichen zeichnet sich das Schulsystem durch seine Fächervielfalt, sehr guten Unterricht und hochqualifizierte Lehrkräfte aus. Im Folgenden wird das australische Schulsystem detailliert vorgestellt.
Das australische Schulsystem wird, wie auch das deutsche, nicht zentral vom Bund geregelt. Stattdessen obliegt die Bildungspolitik den einzelnen Bundesstaaten (Victoria, Queensland, New South Wales, Northern Territory, South Australia, Tasmania). Dadurch hat jedes Bundesland seinen eigenen Lehrplan, die Unterschiede zwischen den Bundesstaaten sind jedoch gering.
Auch die Ferienzeiten variieren zwischen den Bundesstaaten nur leicht, dafür aber sehr stark im Vergleich zu Deutschland. Denn das australische Schuljahr ist in vier Terms(Semester) aufgeteilt. Dabei sind die Sommerferien in der Weihnachtszeit und das Schuljahr beginnt mit dem ersten Term Ende Januar / Anfang Februar bis ca. Anfang April. Daraufhin sind kurze Ferien bis zum zweiten Term von Mitte April bis Ende Juni. Dort beginnt nach zwei Wochen Ferien Term 3 und endet Ende September. Das vierte Term fängt dann Anfang Oktober an und kurz vor Weihnachten endet das Schuljahr.
Des Weiteren unterscheidet sich die australische Notengebung auch von der deutschen, da die Schulnoten in Buchstaben vergeben werden. Hierbei ist A (Distinction) die beste Note und entspricht der deutschen 1, B (Credit) einer 2, C (Pass) 3 bis 4. und bei D oder F (E gibt es nicht) ist man durchgefallen.
Zudem besteht in australischen Schulen eine Uniformpflicht, die aus der britischen Schulkultur übernommen wurde. Die Idee dahinter ist, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt wird, sichergestellt wird, dass alle angemessen angezogen sind und es weniger Mobbing unter den Schüler:innen gibt, was laut internationalen Studierenden schon der Fall ist. Außerdem gehört aufgrund der starken Sonnenstrahlung und des Ozonlochs in vielen Schulen ein Hut zur Uniform.
Australische Schullaufbahn von der Grundschule bis zur Universität (Eigendarstellung nach mystudychoice.de)
Das australische Schulsystem orientiert sich am Drei-Stufen-Modell und besteht daher aus der Primary Education, der Secondary Education und der Tertiary Education. Dabei erschließt sich die Primary Education aus Kindergarten Education und der Primary School, die im Deutschen der Kindergarten und die Grundschule sind. Die Secondary Education setzt sich hingegen aus der Junior Secondary School und der Senior Secondary School zusammen, die in Deutschland vergleichbar sind zur weiterführenden Schule und der Oberstufe. Wie auch in Deutschland können Jugendliche in Australien nach der Junior Secondary School, bzw. nach der 10. Klasse, abgehen und erhalten dafür das Junior High School Certificate. Damit können sie eine Vocational Education, also eine Berufsausbildung, starten und mit dieser abgeschlossen Ausbildung oder mit dem Senior Secondary Certificate, vergleichbar mit dem Abitur, die Teriary Education beginnen, welche die Universität beinhaltet.
Bei der Primary Education steht eine ganzheitliche Förderung der Schüler:innen im Mittelpunkt, die neben grundlegenden akademischen Fähigkeiten auch soziale, emotionale und kreative Kompetenzen umfasst. Der Unterricht ist im Klassenverband mit etwa 20 bis 30 Schüler:innen und einer festen Lehrkraft oft interdisziplinär ausgerichtet und kombiniert verschiedene Lernbereiche wie Englisch, Mathematik, Naturwissenschaften, Gesellschaftskunde, Kunst und Sport. Ein besonderes Merkmal ist der Fokus auf praktische und spielerische Lernmethoden. Kreative Projekte, Gruppenarbeit und Experimente gehören zum Unterrichtsalltag, um den Schüler:innen das Lernen möglichst anschaulich und aktiv zu gestalten. Diese werden auch gerne mit verschiedenen technischen Endgeräten durchgeführt, um den Kindern digitale Kompetenzen beizubringen. Zusätzlich legen viele Grundschulen Wert auf die Vermittlung von Werten wie Respekt, Verantwortung und Zusammenarbeit. Dabei wird auch kulturelle Vielfalt gefördert, was sich in Programmen zur Förderung indigener Sprachen und Kulturen widerspiegelt, besonders in Regionen mit einer hohen Aborigine-Bevölkerung. Auch die Sensibilisierung für Umweltfragen beginnt früh: Themen wie Recycling, Nachhaltigkeit und Naturschutz sind in vielen Lehrplänen fest verankert. Zum Ende ihrer Schulzeit in der Primary School werden sie sorgfältig auf den Wechsel zur Secondary Education vorbereitet. Dieser Übergang wird durch enge Zusammenarbeit zwischen Grundschulen und weiterführenden Schulen begleitet, um den Schüler:innen den Wechsel zu erleichtern.
Während der Secondary Education steht das Grundprinzip des selbständigen Lernens im Fokus. Deshalb findet der Unterricht nicht mehr im Klassenverband, sondern im Kursmodell statt. Das bedeutet, dass die Jugendlichen ihren Stundenplan selbst aus Pflichtfächern und einer Vielzahl von Wahlfächern erstellen, wobei die angebotenen Kurse je nach Schule und deren Schwerpunkt variieren. Dabei sind Pflichtfächer Kurse, die alle Schüler:innen absolvieren müssen, unabhängig von ihren Interessen oder Karrierezielen. Darunter fallen meist Englisch, Mathematik (in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen, z. B. Grundkurs oder fortgeschrittene Mathematik), Naturwissenschaften (oft kombiniert aus Biologie, Chemie und Physik) und Geschichte oder Geografie. Diese werden bis auf Englisch jedoch in der Senior Secondary School, in der Regel optional, unterrichtet. Dadurch spielen nun die Wahlfächer eine größere Rolle. Die Wahlfächer sollen es ermöglichen, dass die Bildung an Interessen und zukünftigen Karriereziele angepasst werden. Die angebotenen Wahlfächer umfassen oft: Kunst (z. B. Bildende Kunst, Theater, Musik), Fremdsprachen, Technologie und IT, Gesundheits- und Sportunterricht (zusätzlich zum obligatorischen Sport in jüngeren Jahrgängen), Berufsausbildungskurse (z. B. Handel, Gastgewerbe, Bauwesen), Erweiterte Naturwissenschaften (z. B. Biologie, Chemie, Physik separat) und Wirtschaft oder Recht.
Die Anzahl der zu belegenden Kurse variiert je nach Jahrgang und Bundesstaat. So müssen Schüler:innen der Junior High School oft 6 bis 8 Fächer pro Jahr belegen, darunter Pflicht- und Wahlfächer, Schüler:innen der Senior High School jedoch nur 5 bis 6 Fächer pro Jahr, darunter mindestens ein Pflichtfach, da Wahlfächer in diesen Jahrgängen eine größere Rolle spielen, da Schüler:innen auf ihre Hochschulaufnahmeprüfung an der Universität hinarbeiten.
Ein typischer Tag in einer Secondary School beginnt um 9:00 Uhr mit "orientation time", einer Schulversammlung, bei der aktuelle Themen besprochen werden. Danach folgt eine Doppelstunde, bevor es in eine etwa zwanzigminütige Pause geht. Daraufhin folgt wieder eine Doppelstunde und anschließend "lunch time”, mit der letzten Doppelstunde des Tages danach. Gegen 15:00 Uhr ist dann Unterrichtsschluss.
Ein Großteil australischer Schulen sind staatliche Schulen. Diese unterliegen der Bundesbehörde für Bildung und Erziehung und erheben keine bis wenig Schulgebühren, daher kommen die Schüler:innen aus einem breiten Bevölkerungsspektrum. Auch an diesen Schulen besteht eine Schuluniformpflicht, diese sind jedoch nicht so formell wie die an den Privatschulen.
Die verschiedenen staatlichen Schulen bieten insgesamt mehr als 50 unterschiedliche Fächer an und somit einen großen Entscheidungsspielraum bei der Fächerauswahl. Dabei haben sie eine sehr gute Ausstattung für die verschiedenen Fächer, wie zum Beispiel moderne Computerlabore oder Aufnahmestudios für Bild und Ton.
Australiens Privatschulen stehen ebenfalls unter staatlicher Aufsicht, sind aber freier in der Aufnahme ihrer Lehrkräfte und Schüler:innen. Diese Option wird oft von Eltern mit erheblichen finanziellen Mitteln in Betracht gezogen, denn der Unterricht gilt als anspruchsvoll und “akademischer” als an den staatlichen Schulen. Häufig sind die Privatschulen konfessionell geprägt oder stellen eine bestimmte Fachrichtung in den Fokus. Sonst sind die Schulen in Tagesschulen, in Boarding Schools, oder auch Mischformen unterteilt. Die Boarding Schools sind besonders attraktiv für Kinder von den großen Farmen aus dem Landesinneren, da sie so nicht jeden Tag einen weiten Weg zur Schule auf sich nehmen müssen.
Außerhalb des regulären Lehrplans spielen die Aktivitäten, wie Sport im Schulteam, eine wichtige Rolle. Nahezu alle Schüler:innen engagieren sich aktiv im sportlichen und/oder musischen Bereich. Dies ist für die Jugendlichen aufgrund der hervorragenden Ausstattung möglich, da diese Schulen nicht selten ihre eigenen Schwimmbäder (manchmal sogar Olympia-Größe), Tennisplätze, Kricket-, Rugby- oder Fußball-Felder und Golfplätze besitzen.
Die meisten australischen Schulen sind gemischt, dennoch gibt es noch eine ganze Reihe reiner Jungen- und Mädchenschulen. Diese haben Tradition in Australien und gehören vom akademischen Anspruch her zu den besten ihres Landes. Lehrkräfte setzen auf geschlechterspezifische pädagogische Konzepte, wie zum Beispiel, die Konzentration und den Lernerfolg der Jungs zu steigern, durch kürzere Lerneinheiten à 50 Minuten und Pausen nach jeder Doppelstunde, um die Schüler:innen bestmöglich zu fördern. Zudem können Schüler:innen bestimmte “Führungsrollen” in verschiedensten Bereichen erproben und das ohne die Vorurteile der Gesellschaft zu bestimmten geschlechtsspezifischen Rollen. Gemeinsame Projekte und Wettkämpfe zwischen Jungen- und Mädchenschulen stärken den sozialen Zusammenhalt.
Die tertiäre Bildung in Australien zeichnet sich durch Flexibilität und Durchlässigkeit aus, was sie auch für internationale Studierende besonders attraktiv macht. Da die Bildungsstandards von den Bundesstaaten geregelt werden, existieren unterschiedliche Indizien zur Messung der Hochschulzugangsberechtigung. Dennoch sind die Ergebnisse der jeweiligen Abschlussprüfungen landesweit anerkannt und ermöglichen Schüler:innen mit vergleichbaren Qualifikationen ein Studium überall in Australien.
Ein kontroverses Thema innerhalb des Bildungssystems sind die sogenannten “selective government schools”, die nur die leistungsstärksten Schüler:innen aufnehmen. Diese Schulen dominieren regelmäßig die Rankings der Abschlussprüfungen, was sie zu einem begehrten, aber auch kritisierten Bestandteil des Systems macht. Der Zugang erfordert das Bestehen eines anspruchsvollen Tests, der oft als starker Konkurrenzkampf wahrgenommen wird.
Der Abschluss der Secondary School öffnet den Weg in das Australian Qualifications Framework (AQF), das aus zwölf Abschlüssen besteht. Das AQF erlaubt es Studierenden, ihre Bildung individuell zu gestalten und erworbene Qualifikationen nahtlos aufeinander aufzubauen.
Die Undergraduate Studies, die mit dem Bachelor Degree abschließen, stellen die erste Stufe eines Hochschulstudiums dar. Dieses drei- bis vierjährige Studium konzentriert sich auf wissenschaftliches Arbeiten, strategisches Denken und interdisziplinäre Kompetenzen. Anders als in Deutschland gibt es keine umfassende Abschlussprüfung – stattdessen erfolgt die Bewertung über Semesterleistungen wie Essays und Referate.
Darauf aufbauend ermöglichen die Postgraduate Studies eine Spezialisierung oder berufliche Neuorientierung. Sie beginnen mit dem Graduate Certificate und dem Graduate Diploma, die praktische Zusatzqualifikationen bieten und den Übergang zu einem Master Programm erleichtern. Der Master kann als Coursework (kursbasiert) oder Research (forschungsbasiert) durchgeführt werden, bevor schließlich das Doctoral Degree als höchste Qualifikation erreicht wird.
Zusammenfassend zeigt sich das australische Bildungssystem als vielseitig, flexibel und zukunftsorientiert, mit einem starken Fokus auf praktische, kreative und digitale Kompetenzen. Die Kombination aus hoher Qualität der Lehrkräfte, individueller Förderung und international anerkannten Abschlüssen macht es nicht nur für die einheimische Bevölkerung, sondern auch für internationale Studierende attraktiv. Zudem gewährleistet die Durchlässigkeit des Systems vielfältige Bildungs- und Karrieremöglichkeiten.