Stand der Diskussion um gendergerechte Sprache in Schulen

Das Thema der inklusiven Sprache führt noch immer zu hitzigen Debatten – vor allem im Schulkontext. (Quelle: Canva)

Sternchen, Doppelpunkt, Unterstrich, Binnen-i – oder doch lieber gar nicht? Bei all den verschiedenen Formen des Genderns, die sich mittlerweile etabliert haben, kann es schon mal schwierig werden, den Überblick zu behalten. Ganz ähnlich sieht das auch bei Meinungen und Positionierungen öffentlicher Personen und Institutionen aus, deren Debattenkultur in den letzten Wochen wieder zunehmend Aufmerksamkeit generiert. Deshalb folgt hier ein kleiner Abriss dessen, wer gerade wie zu was steht – und was das jeweils mit Schulkindern zu tun hat.

Die wohl größten medialen Wellen schlägt der bayerische Ministerpräsident Markus Söder mit seiner Forderung, das Gendern an bayerischen Schulen vollständig zu verbieten. Wie die dpa meldet, begründet er dieses Vorhaben mit dem Schlager aller Argumente: “Haben wir keine anderen Probleme in Deutschland?”. Und mit seinem Unmut ist er keineswegs alleine: Andere Bundesländer haben ebenfalls Verbote zum Verwenden geschlechtersensibler Sprache an Schulen in die Wege geleitet oder bereits eingeführt. So werden beispielsweise in Sachsen Genderformen als Fehler in Aufsätzen markiert, wie die dpa berichtet. Der sächsische Landesschülerrat (LSR) kritisiert dieses Vorgehen laut dpa als “falsch und unnötig” und weist auf akutere Baustellen im sächsischen Bildungssystem hin: “Man könnte die Schülerinnen und Schüler einfach gendern lassen und sich mit Problemen wie Digitalisierung, Lehrkräftemangel, psychischen Belastungen oder dergleichen befassen.” 

Es gibt auf höherer politischer Ebene auch Stimmen, die sich explizit für das gendern aussprechen. Zu denen gehört etwa Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg von den Grünen. Sie befürwortet es zum Beispiel, dass Lehrkräfte vor ihren Schüler:innen gendern, berichtet die Süddeutsche Zeitung. In Niedersachsen ist das Verwenden von Sternchen und Co. offiziell untersagt, jedoch wird Lehrer:innen hier die Freiheit eingeräumt, selbst über die Handhabung in der Notengebung zu entscheiden. In Baden-Württemberg gibt es bislang keine Gender-Verbote, auch wenn das Gendern an Schulen auch dort teils kritisch betrachtet wird: Laut dpa-Meldung hält der dortige Ministerpräsident “nichts vom Gendern”. Nach derselben Meldung steht das Bildungsministerium Nordrhein-Westfalen neutral bis positiv zur Verwendung inklusiver Sprache: Es “soll geschlechtsneutral oder in Paarformen, also weiblich und männlich, formuliert werden.”

Auf Bundesebene gibt es scharfe Kritik vom Deutschen Lehrerverband (DL), der das Gendern durch Lehrkräfte entschieden ablehnt. Das entspreche nicht dem amtlichen Regelwerk, an das sie sich halten müssten, so der ehemalige DL-Präsident Meidinger gegenüber der dpa. Darauf bezieht sich ebenso der Rat für Deutsche Rechtschreibung in einer Pressemeldung: “Hochschulen und Lehrende haben zu beachten, dass sie für die Bildung und Ausbildung der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen Verantwortung tragen, in denen Schülerinnen und Schülern die Rechtschreibung nach dem Amtlichen Regelwerk zu vermitteln ist, auf das sich die zuständigen staatlichen Stellen der deutschsprachigen Länder verständigt haben.” Da Sonderzeichen bislang noch nicht in die offizielle deutsche Orthographie aufgenommen werden sollen, enthält dieses Regelwerk also auch keine gegenderten Formen. Darüber berichteten unter anderem die Zeit und Lehrer News. Dennoch seien insbesondere Sonderzeichen im Wortinneren zumindest als “Phänomen” wahrgenommen und in einer Ergänzung zum amtlichen Regelwerk festgehalten worden.

Der Rechtschreibrat verweist jedoch auf die Möglichkeit, in höheren Klassenstufen dennoch über gendersensible Schreibweisen zu sprechen, da das orthographische Grundwissen zu diesem Punkt bereits gefestigt sei. Eine ihrer Pressemeldungen liest sich der Idee gendersensibler Sprache gegenüber vergleichsweise offener: “Der Rat für deutsche Rechtschreibung wird die weitere Schreibentwicklung beobachten, denn geschlechtergerechte Schreibung ist aufgrund des gesellschaftlichen Wandels und der Schreibentwicklung noch im Fluss.”

Dass Sprachentwicklung auch beim Thema Gendern ein fortlaufender Prozess ist, ist wiederum die Basis der Kritik einiger hessischer Universitäten. Sie sind der Meinung, dass Gender-Verbote an Schulen ein falsches Sprachbild bestärken würden. Die germanistischen Institute der Unis stellen sich daher entschlossen gegen ein Streichen des Genderns aus dem Sprachgebrauch an Schulen, wie die Hessenschau berichtet. Eine hilfreiche Übersicht zu den verschiedenen Formen des Genderns mit entsprechenden Anwendungsbeispielen findet sich beispielsweise auf der Website der Universität Marburg.

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