Statt weiter wie bisher: Neue Ideen für das Bildungssystem

Von
Julika Ude
|
25
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July 2024
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Schüler:innen arbeiten gemeinsam am Tisch.

Zwei Projekte für neue Bildungsstrukturen: Die “ALEA School“ und die “Neue Sekundarschule“ setzen auf innovative Schulkonzepte (Foto: Canva)

Ungleiche Bildungschancen, mangelnde Inklusion, zu wenig individuelle Förderung: Das “System Schule“ steht häufig in der Kritik. So gibt es auch immer wieder Ideen, das Bildungssystem anzupassen. Zwei aktuelle Projekte, die internationale ALEA School in Bad Orb und die Neue Sekundarschule in Baden-Württemberg, haben das Ziel, mit ihrem Konzept auf neue gesellschaftliche Anforderungen zu reagieren. Auf welche Art sie das im Schulalltag umsetzen wollen, könnte dabei unterschiedlicher nicht sein.

Die internationale “ALEA Schule“ wird derzeit in der Kurstadt Bad Orb im Main-Kinzig-Kreis neu gebaut und soll, wie der Name schon erahnen lässt, interkulturellen Austausch strukturell fördern. Henning Strauss und die ALEA GmbH haben das Vorhaben der Privatschule ins Leben gerufen und planen ein umfangreiches Gebäudeensemble, das Kinder von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II beherbergen soll.

„Verstehen braucht eine gemeinsame Sprache, gemeinsame Werte, gemeinsames Erleben.“

In der ALEA Schule sollen “Weltbürger heranwachsen, die soziale und ökologische Verantwortung übernehmen lernen“, heißt es auf der Projekt-Webseite. Ein wertschätzender Umgang mit Mitmenschen gleich welcher Herkunft sei dabei besonders wichtig. Um gegenseitiges und interkulturelles Verständnis zu fördern, setzt das Projekt auf “eine gemeinsame Sprache, gemeinsame Werte, gemeinsames Erleben“.

Schon in der Grundschule soll bilingual unterrichtet werden, ermöglicht wird Kindern der Schuleintritt ab fünf Jahren. Die Schule wird außerdem über einen Gymnasialzweig verfügen, der sowohl das deutsche Abitur als auch das international anerkannte IB-Diplom (International Baccalaureate) anbietet. Die Grundschule ist zweizügig und für maximal 200 Schüler:innen konzipiert, während das ebenfalls zweizügige G9-Gymnasium bis zu 400 Schüler:innen aufnehmen kann, erklärt Strauss gegenüber der Gelnhäuser Zeitung. Insgesamt sollen somit zwischen 400 und 600 Schüler:innen unterrichtet werden können. Beginnen soll der Unterricht an der neuen Schule bereits im Schuljahr 2025/26.

Die Zielgruppe der ALEA Schule ist ebenfalls international ausgerichtet. Sie soll sowohl Kinder lokaler Familien als auch jene internationaler Fachkräfte ansprechen. Ein Stipendienprogramm, dessen finanzielle Höhe sich am Einkommen der Eltern bemessen soll, soll Schüler:innen Zugang zu dieser Bildung ermöglichen. Die Kosten für die Privatschule sind nicht öffentlich ausgeschrieben.

Durch die Kombination von deutscher und internationaler Bildung, bilingualem Unterricht und einer Ausrichtung auf Nachhaltigkeit und Ressourcenbewusstsein bietet die Schule ein neues Konzept. Schülerinnen und Schüler sollen so dazu ermutigt werden, sich zu “weltoffenen Persönlichkeiten zu entwickeln“.

Schule soll Wirtschaftsregion attraktiver machen

Bei dem Vorhaben wird allerdings auch die Wirtschaftlichkeit der Schule groß mitgedacht: Die Schule wird Teil des ALEA-Resorts, zu dem auch ein Medizin- und Diagnostikzentrum gehört. Darüber hinaus soll die Wirtschaftsregion Main-Kinzig durch das internationale Profil der Schule gestärkt werden und sie für Fachkräfte attraktiver machen.

Im Kontrast dazu steht das zweite Projekt für eine neue Bildungsstruktur. Etwas weniger lukrativ, dafür inklusiver will das Vorhaben “Neue Sekundarschule“ sein. Eine zwölfköpfige Arbeitsgruppe hat mit Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung ein Konzept für eine neue Schulstruktur in Baden-Württemberg erarbeitet. Ziel ist die Schaffung einer neuen Schulstruktur, die die bisherigen Schularten Haupt-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschule vereint und eine von dann nur noch zwei Schuloptionen neben dem Gymnasium bildet. Diese Neuerung soll Ungleichheiten verringern, Schüler:innen besser auf die berufliche und akademische Zukunft vorbereiten und das Bildungssystem effizienter gestalten.

Jochen Wandel, Schulleiter der Wilhelm-Hauff-Realschule und Teil der Arbeitsgruppe, sieht täglich die Herausforderungen des aktuellen Systems und weiß, es muss für Veränderung gesorgt werden: Zu viele Schüler:innen wechseln vom Gymnasium zu seiner Schule, da sie dort nicht weiterkommen. Mit dem beschlossenen G9-Unterricht an den Gymnasien werden diese weiter aufgewertet und attraktiver gemacht. Gleichzeitig würden die anderen Sekundarschularten immer stärker unter sozialen und pädagogischen Herausforderungen, wie Flucht und Migration, aber auch Lehrkräftemangel leiden.

Die von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene “Neue Sekundarschule“ soll dieses Ungleichgewicht verringern. Alle nicht-gymnasialen Schularten in Baden-Württemberg sollen zusammengefasst werden und alle Abschlüsse anbieten. Der erste Abschluss wäre demnach nach der 9. oder 10. Klasse möglich, der mittlere Abschluss nach der 10. Klasse und die Allgemeine oder Fachgebundene Hochschulreife nach der 13. Klasse. 

Die “Neue Sekundarschule“ will die Kinder in den Mittelpunkt stellen

Das neue Konzept soll den Kindern einen breiter gefächerten Überblick über ihre akademischen, aber auch beruflichen Möglichkeiten nach der Schule geben. Bereits ab der 5. Klasse soll die “Neue Sekundarschule“ spezielle Angebote zur Vorbereitung auf die Berufs- und Arbeitswelt anbieten. Die Schüler:innen sollen dabei lernen, was eine duale Ausbildung ist und wie betriebliche Weiterbildungen ablaufen. Erst ab der siebten Klasse wird dann entschieden, welchen Bildungsweg die Kinder einschlagen wollen, sei es ein mittlerer Abschluss oder die Hochschulreife.

Angela Keppel-Allgaier, Leiterin der Hans-Küng-Gemeinschaftsschule, betont im Arbeitspapier zu dem Vorhaben die Bedeutung der Heterogenität, die mit dem Projekt umgesetzt würde. Die “Neue Sekundarschule“ stelle die Vielfalt der Schüler:innen in den Mittelpunkt und fördere Integration, Inklusion und individuelle Unterstützung durch multiprofessionelle Teams. Diese Teams übernehmen Aufgaben wie die Betreuung von Schüler:innen mit besonderen Bedürfnissen, um Lehrkräfte zu entlasten und den Unterricht effizienter zu gestalten.

Der Einführung der “Neuen Sekundarschule“ soll eine vierjährige Vorbereitungszeit vorausgehen, in der Pilotschulen eingerichtet und das Konzept schrittweise umgesetzt werden sollen. Die Arbeitsgruppe hat bereits positive Rückmeldungen von verschiedenen Verbänden erhalten und plant, im Herbst die nächsten Schritte zu konkretisieren. 

Die Ideen zweier neuen Ansätze im Bildungssystem könnten unterschiedlicher nicht gestaltet sein. In beiden Fällen, lässt die Umsetzung des Projektes noch auf sich warten. Wie erfolgreich sie in Zukunft tatsächlich implementiert werden können, muss sich zeigen.

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