Ihr habt sicherlich schon mal von Konditionierung gehört, aber wisst ihr auch was Konditionierung wirklich bedeutet? Tatsächlich findet sie überall um uns herum statt, insbesondere im Schulalltag. Warum das so ist und was Konditionierung überhaupt ist, erklären wir euch heute.
Die Konditionierung hat ihren Ursprung in der psychologischen Schule des Behaviorismus. Im Behaviorismus wird das menschliche und tierische Verhalten beobachtet, dabei sind die inneren Prozesse des Gehirns nicht von Bedeutung. Verhalten ist erlernt und lässt sich über Reiz-Reaktionsketten steuern. Der Behaviorismus ist längst obsolet, jedoch ist die Konditionierung auch heute noch von Bedeutung. Konditionierung beschäftigt sich damit, wie Verhalten erlernt wird. Sie kommt in unserem Alltag, in der Erziehung von Kindern und dem Trainieren von Tieren meist unbewusst vor, zum Beispiel in Form einer roten Ampel, eines Lobes für gute Noten oder eines Leckerlis für unsere tierischen Freunde. Dabei wird im Grunde zwischen der klassischen und der operanten Konditionierung unterschieden.
Die klassische Konditionierung wurde von Iwan Pawlow entdeckt. Er wollte ursprünglich den reflexhaft resultierenden Speichelfluss messen, wenn man Fleischpulver in den Mund eines Hundes gibt, stellte dabei jedoch fest, dass der Hund schon einen erhöhten Speichelfluss bekam, wenn ein Experimentator den Raum betrat oder der Hund dessen Schritte hörte. Pawlow nannte diese Reaktion konditionierter Reflex und untersuchte dieses Phänomen daraufhin systematisch. Der Hund begann immer zu sabbern, wenn ihm Essen gebracht wurde. Nun ließ Pawlow jedes Mal, wenn der Hund Nahrung bekam, ein Glockenklingeln ertönen. Dieses Vorgehen wiederholte er mehrmals. Bis schließlich das Klingeln alleine ausreichte, damit der Hund einen erhöhten Speichelfluss bekam. Dieses Phänomen wird klassische Konditionierung genannt.
Die klassische Konditionierung ist also ein Lernvorgang, bei dem im Grunde ein Reiz der keine bestimmte Reaktion hervorruft, an einen anderen Reiz, welcher eine bestimmte Reaktion hervorruft, gekoppelt wird. Nach einer erfolgreichen Kopplung sollte nun der Reiz der ursprünglich keine bestimmte Reaktion hervorgerufen hat, dieselbe bestimmte Reaktion hervorrufen wie der andere Reiz. Hierbei kann das Lebewesen keinen direkten Einfluss nehmen, weder auf die Reaktion noch auf den Reiz. Um es nochmal am Beispiel eines Hundes zu veranschaulichen: Der Hund sieht Fleisch und fängt dabei zu sabbern an. Das Fleisch ist in dem Fall ein Reiz, der die Reaktion sabbern hervorruft. Das Ertönen einer Klingel ist ein Reiz, der zu keiner spezifischen Reaktion führt, also beim Klingeln sabbert der Hund nicht. Nun wird dem Hund das Klingeln wiederholt zusammen mit dem Fleisch präsentiert. Also immer, wenn der Hund Fleisch bekommt, wird die Klingel bedient. Der Reiz, das Klingeln, wird an den Reiz, Fleisch, gekoppelt. Nach einer Weile muss der Hund das Fleisch nicht mehr zwingend sehen, damit er anfängt zu sabbern, das Klingeln reicht dafür aus. Der Reiz Klingeln löst, nach dem Koppeln, dieselbe Reaktion aus wie der Reiz Fleisch. Der Hund hört also das Klingeln und fängt dann an zu sabbern, auch ohne dabei das Fleisch zu sehen.
Bei der operanten Konditionierung wird Wissen über Handlungen und Konsequenzen aufgebaut. Wie wahrscheinlich es ist, ob ein Verhalten wiederholt wird, ist abhängig von der Konsequenz. Bei der operanten Konditionierung handelt es sich, vereinfacht ausgedrückt, um ein System von Belohnung und Bestrafung. Eine Belohnung fördert die Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens und eine Bestrafung reduziert sie. Es gibt zwei Arten von Belohnungen. Bei der ersten Art wird jemandem etwas Positives gegeben, wie beispielsweise ein Lob für harte Arbeit oder auch ein Keks als Dankeschön. Bei der zweiten Art wird etwas Negatives weggenommen oder weggelassen, wie zum Beispiel bei einem Kind, welches für die Schule gelernt hat und dafür heute nicht den Abwasch machen muss. Andersherum gibt es auch zwei Arten von Bestrafungen. Bei der ersten wird etwas Negatives hinzugefügt; so muss ein Kind, das laut im Unterricht ist, beispielsweise eine Strafarbeit schreiben. Bei der zweiten Art von Bestrafung wird etwas Positives weggenommen oder weggelassen. Einem Kind, das sich nicht benimmt, wird zum Beispiel das Spielzeug weggenommen. Damit die operante Konditionierung funktioniert, muss die Konsequenz, also die Belohnung oder Bestrafung, zeitig nach dem Verhalten folgen und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt.
Grundlage für die operante Konditionierung sind Überlegungen des Psychologen Edward Lee Thorndike. In seinem „Gesetz der Wirkung“ hat er festgehalten, dass ein unabsichtliches, zufälliges Verhalten öfters wiederholt wird, wenn es angenehme Konsequenzen hat. Diese Entdeckung wurde von Burrhus Frederic Skinner aufgegriffen und unter dem Konzept der operanten Konditionierung weiterverbreitet. Ein interessantes Experiment zur operanten Konditionierung wurde von Skinner durchgeführt. In diesem Experiment wurden hungrige Tauben in einen Käfig gesperrt. Unabhängig von ihrem Verhalten bekamen die Tauben in einem konstanten Zeitintervall (eine Minute) Futterpillen. Sechs von acht Tauben entwickelten eigenartige Ticks. Sie drehten sich zum Beispiel im Kreis oder reckten sich. Die Tiere glaubten, es gäbe einen kausalen Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten, welches sie bei der ersten Futtervergabe zeigten und dem weiteren erhalten von Futter. Sie glaubten also, dass ihr verhalten mit Futter belohnt wurde und wiederholten dieses dementsprechend.
Ob es nun bewusst oder unbewusst geschieht, Kinder werden in Schulen konditioniert. Die Konditionierung ist immerhin eine wichtige Art, Verhalten zu lernen. Sollten Schüler:innen zu laut im Unterricht sein, werden sie bestraft und wenn sie fleißig mitarbeiten, bekommen sie eine Belohnung. Somit wird im Prinzip gutes Verhalten gefördert und schlechtes Verhalten unterbunden. Ein Beispiel für Belohnungen, die in Schulen verteilt werden, sind Sternchen, Smileys oder Stempel, die es für besonders gut erledigte Hausaufgaben gibt. Lehrer:innen sollten allerdings bei Belohnungen aufpassen: Falsch eingesetzt können sie auch negative Auswirkungen auf Schüler:innen haben. Lehrer:innen sollten ihren Schüler:innen keine Hausaufgaben als Belohnung ersparen. So werden die Hausaufgaben nämlich als etwas Negatives wahrgenommen und eine Abneigung gegen sie entwickelt. Es können auch unerwünschte Effekte durch meist unbeabsichtigtes operantes Konditionieren entstehen. Wenn ein Schüler oder eine Schülerin den Unterricht stört und vom Lehrer ermahnt wird, kann die dadurch erhaltene Aufmerksamkeit etwas Positives darstellen, also eine Art Belohnung für den Schüler oder die Schülerin, weshalb das unerwünschte Verhalten auch weiterhin wiederholt wird.
Ein Beispiel für klassische Konditionierung in der Schule ist die Pausenklingel, denn wenn sie läutet, ist der Unterricht vorbei. Der Reiz, das Klingeln, wird in Zusammenhang mit dem Aufräumen der Unterrichtsmaterialien gebracht, oftmals auch zur Missgunst für Lehrende. Jeder hat wohl in seiner Schulzeit den Satz „ich beende den Unterricht, nicht die Klingel“ schon öfters hören müssen. Eine ungewollte klassische Konditionierung kann aber auch starke negative Folgen für Schüler:innen nach sich ziehen. So können schlechte Erfahrungen mit griesgrämigen Lehrkräften dafür sorgen, dass Kinder nicht nur Angst gegenüber dieser Lehrkraft entwickeln, sondern auch eine ablehnende Haltung gegenüber der gesamten Schule. Dennoch kann Konditionierung auch dazu verwendet werden, um Angst vor Prüfungen zu bewältigen. So könnten beispielsweise Schülerinnen und Schüler bei der Klausurvorbereitung Übungsklausuren absolvieren und sich nach jeder Übungsklausur mit etwas wie Kekse oder Schokolade belohnen.
Wenn ihr Interesse an weiteren Methoden zur Bewältigung von Prüfungsangst habt, dann schaut euch gerne diesen Artikel auf Lehrer News an. Welche Erfahrungen habt ihr in der Schule schon mit Konditionierungen gemacht? Waren sie positiv oder negativ? Teilt es uns gerne in den Kommentaren mit. Wenn ihr noch etwas mehr über Konditionierung erfahren wollt, schaut doch hier oder hier einmal rein.