Zeitenwende in der Schulbildung – vom Lehren und Lernen mit Virtual Reality

Ein Junge benutzt eine VR-Brille, um in eine virtuelle Welt einzutauchen. Das Bild trägt den Schriftzug "Bildung mit neuer Perspektive danke Virtual Reality"
“Virtual Reality war eines Tages mal Science Fiction. Das Internet aber auch. Genauso wie Computer und Smartphones“, verlautbarte META-CEO Mark Zuckerberg noch vor wenigen Jahren.

Seither hat sich viel getan – so konnte sich die virtuelle Realität ihres stark anhaftenden Labels des Video-Gamings entledigen und als neutrales Vehikel für beliebig geartete Inhalte etablieren – auch in der Bildung. Besonders im Schulunterricht birgt diese Technologie ein enormes Potenzial, das bislang oft unterschätzt wird. Wenn Ihr Euch fragt, wie VR sinnvoll in den Unterricht integriert werden kann, sind die folgenden Zeilen für Euch.

Komplexes visualisieren: Ein Fenster zur Welt

Wie oft habt Ihr schon erlebt, dass Schülerinnen und Schüler sich die Zähne am hohen Abstraktionsgrad naturwissenschaftlicher Prozesse ausbeißen? Ob es um die Struktur eines Atoms, chemische Reaktionen oder die Wirkung physikalischer Kräfte geht – oft bleibt das Verständnis auf der Strecke, weil die Vorstellungskraft an ihre Grenzen stößt.

Hier erweitert Virtual Reality den Instrumentenkasten eines jeden Lehrers – und zwar nicht nur in MINT-Themenfeldern. So ermöglicht VR, komplexe Sachverhalte in dreidimensionaler Form, vor allem aber in der Ich-Perspektive darzustellen und interaktiv erlebbar zu machen.

Stellt Euch vor, Ihr könntet mit Euren Schülern eine Reise durch den menschlichen Körper unternehmen, um das Zusammenspiel von Organen hautnah zu erleben. Oder Ihr besucht gemeinsam das antike Rom, um den Alltag der Menschen damals besser zu verstehen.

Mit VR können Schülerinnen und Schüler zudem weit entfernte oder nicht mehr existierende Orte besuchen, historische Ereignisse als Zeitzeugen nachempfinden und komplexe naturwissenschaftliche Prozesse ohne jeglichen Abstraktionsgrad und ungeachtet von Affinität spielerisch vermittelt bekommen. Wie eine Studie der University of Maryland belegt, erhöht dies den Lerneffekt – weitere Effekte, wie etwa eine stärkere Identifikation mit oft ungeliebten Themenfeldern sowie schlichtweg mehr Spaß am Lernen liegen derweil auf der Hand.

Praxisorientiertes Lernen: Theorie trifft auf Praxis

Ein weiterer großer Vorteil von VR ist die Möglichkeit, praxisorientiertes Lernen zu fördern. In vielen Fächern bleibt es oft bei der reinen Theorie, weil die Umsetzung in der Praxis entweder zu teuer, zu gefährlich oder schlichtweg nicht oft genug reproduzierbar ist.

Mit VR könnt Ihr solche Barrieren überwinden. Ein naheliegendes Beispiel sind etwa Experimente des Chemieunterrichts, die oft mit dem Einsatz von Schadstoffen und Gefahren einhergehen, und somit in der Lebenswirklichkeit von Schülerinnen und Schülern nur begrenzt vorkommen. Mit dem Einsatz von virtuellen Umgebungen können sie jedoch gefahrlos durchgeführt werden.

Oder denkt an VR-gestützten Biologieunterricht – der euch etwa Operationen am virtuellen Patienten ermöglicht, ohne dass ein echtes Lebewesen dafür leiden muss. Durch diese unmittelbare Anwendung des Gelernten wird nicht nur das Verständnis vertieft, sondern auch die Motivation der Schüler:innen gesteigert.

Fernab des Fächerkanons: Mehr Medienkompetenz dank VR

In einer zunehmend digitalisierten Welt ist Medienkompetenz eine Schlüsselqualifikation, die bereits frühzeitig in der Schule gefördert werden sollte – um Schüler:innen zu Mitgestaltern einer hochgradig digitalisierten Zukunft zu machen, nicht zu Nachzüglern.

VR kann das Instrumentarium dabei zielführend erweitern. Der Umgang mit dieser Technologie schult nicht nur technisches Know-how, sondern auch kritisches Denken und verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien. Wenn Ihr Euren Schülern VR-Erfahrungen ermöglicht, lehrt Ihr sie gleichzeitig, wie man sich in einer digitalen Umgebung zurechtfindet, wie man die Technik sinnvoll nutzt und welche ethischen Fragen damit verbunden sind. Ihr bereitet sie somit optimal auf die Herausforderungen der Zukunft vor. Zudem ist Virtual Reality kein reines Abspielgerät – auch das gemeinsame Erschaffen virtueller Welten kann Teil der VR-gestützten Lehre sein.

Förderung der Kreativität: Der Fantasie freien Lauf lassen

Zu den dominierenden Use Cases für VR zählen bekanntermaßen die MINT-Disziplinen. Ein oft übersehener Aspekt ist die Förderung der Kreativität durch VR. In der virtuellen Welt sind die Möglichkeiten nahezu grenzenlos. Schüler:innen können eigene Welten kreieren, Geschichten erzählen und künstlerisch tätig werden. Dies eröffnet neue Wege des kreativen Ausdrucks und lässt euch potenziell versteckte Talente spielerisch entdecken und entwickeln.

Warum also nicht einmal den Kunstunterricht in die virtuelle Realität verlegen und die Schüler:innen ihre eigenen Kunstwerke in 3D gestalten lassen? Oder im Deutschunterricht eine virtuelle Bühne erschaffen, auf der sie ihre eigenen Theaterstücke aufführen können? Die Möglichkeiten sind vielfältig und bieten eine überfällige Abwechslung zum traditionellen Unterricht. 

Inklusion und Differenzierung: Chancengleichheit durch Technologie

Zu guter Letzt zahlt der Einsatz von Virtual Reality auf die Inklusions- und Integrationsansprüche dieser Zeit ein. So können Schüler:innen mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen von maßgeschneiderten VR-Erfahrungen profitieren, Sprachbarrieren überwinden und Defizite im Lernen mit herkömmlichen Unterrichtsmethoden umkurven. Besonders im inklusiven Unterricht kann VR eine wertvolle Unterstützung sein, um alle Schüler: gleichermaßen zu fördern und einzubeziehen. Ein Schüler mit einer körperlichen Behinderung kann beispielsweise an virtuellen Sportstunden teilnehmen, während ein Schüler mit einer Lernschwäche durch interaktive und anschauliche VR-Module einen besseren Zugang zum Fächerkanon erhält.

Eine Investition in die Zukunft

Das Willkommenheißen von virtuellen Welten im Schulunterricht ist nicht nur eine Investition in moderne Technologie, sondern vor allem eine Investition in die Zukunft unserer Schüler:innen.

VR ermöglicht es, Lernen auf eine neue, faszinierende und wirkungsvolle Weise zu gestalten – gar zu erleben. Sie hilft dabei, komplexe Zusammenhänge besser zu verstehen, praxisorientiertes Lernen zu fördern, Medienkompetenz zu schulen, Kreativität zu entfalten und eine inklusive Bildung zu unterstützen.

Ja, der Weg zur flächendeckenden Nutzung von VR im Schulunterricht mag herausfordernd sein, doch die Potenziale und Chancen, die sich daraus ergeben, sind immens. Lasst uns diese Gelegenheit nutzen und unsere Schulen fit für die Zukunft machen – zum Wohle unserer Schüler:innen und der Gesellschaft als Ganzes.

Virtual Reality in Zahlen

Nicht zuletzt sprechen auch die Zahlen für sich: Der Umsatz im VR-Sektor ist in den letzten Jahren exponentiell gestiegen. Laut einer Studie von Statista wuchs der weltweite Umsatz im VR-Markt von 6,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016 auf beeindruckende 18,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020. Prognosen gehen davon aus, dass dieser Trend anhält und bis 2024 die 72 Milliarden US-Dollar-Marke überschreiten wird. Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass VR nicht nur eine Modeerscheinung, sondern eine zukunftsweisende Technologie ist, die in immer mehr Bereichen an Relevanz gewinnt – und die Bildung sollte da keine Ausnahme sein.

Mehr zur Person

Jan-Philipp Moritz
Jan-Philipp Moritz ist ein Visionär im Bereich der digitalen Bildung. Als Gründer und CEO der VIL GmbH entwickelt er immersive Lernwelten für Schulen und Unternehmen. Er hat erfolgreich das Bildungsengagement von tonies®️ im Bereich der frühkindlichen Bildung betreut. Seine Motivation liegt in der Verbesserung der Bildung durch innovative Lösungen und effektive Markenkommunikation.
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