Deutscher Schulpreis: Das sind die besten Schulen Deutschlands 2021
Putz der von den Wänden bröckelt, veraltete und kaputte Technik, fehlende und überlastete Lehrkräfte: Dieses Bild bestimmt immer wieder die Berichterstattung über Schulen in Deutschland. Und es stimmt ja auch, viele Schulen sind chronisch unterfinanziert, ächzen unter den immer weiter wachsenden Herausforderungen. Doch selbstverständlich gibt es auch jede Menge Schulen, die nicht nur gute, sondern exzellente Arbeit leisten und ihren Schüler:innen hervorragende Bildungsarbeit bieten.
Der Deutsche Schulpreis zeichnet seit 2006 solche Leuchttürme der Bildung aus. Kürzlich wurden die 20 nominierten Schulen für 2022 bekannt geben, was eine gute Gelegenheit ist, einmal auf die Preisträger des letzten Jahres zurückzublicken.
Der Deutsche Schulpreis ist eine Auszeichnung der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung, die gemeinsam mit der ARD und der ZEIT Verlagsgruppe verliehen wird. Ziel des Preises ist es, “exzellente Praxis” in der Bildungsarbeit sichtbar zu machen, um so “die Qualität von Schule und Unterricht in Deutschland nachhaltig zu verbessern”.
Die sich bewerbenden Schulen werden dabei nach sechs Qualitätsbereichen bewertet, wobei die Stiftungen nach eigenen Angaben ein “umfassendes Verständnis von Bildung und Lernen” haben. Die sechs Qualitätsbereiche sind Unterrichtsqualität, Leistung, Umgang mit Vielfalt, Verantwortung, Schulklima, Schulleben und außerschulische Partner und schließlich Schule als lernende Institution.
Der Deutsche Schulpreis 2021 war jedoch eine Besonderheit, da explizit Schulen gesucht wurden, die “zukunftsweisende Konzepte im Umgang mit der Corona-Krise entwickelt haben”.
Hier sind die ausgezeichneten Schulen:
Die Mosaikschule im hessischen Marburg ist eine Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung und verfügt über eine Abteilung für körperliche und motorische Entwicklung. Die Schule wurde für ihre herausragende individuelle Förderung ihrer rund 80 Schüler:innen ausgezeichnet. Dafür kombinieren ihre Lehrkräfte einen strukturierten Schulalltag mit individuellen Lern- und Lehrangeboten, die Kinder ganz nach ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten fordern und fördern.
Dabei setzt die Schule besonders auf digitale Medien wie Tablets, Whiteboards und Videounterricht und treibt diese Entwicklung auch unabhängig vom Pandemiegeschehen systematisch voran.
Letztlich wird angestrebt, eine “Erziehungspartnerschaft” zwischen Schule und Eltern zu etablieren. “An der Mosaikschule wollen wir als Gemeinschaft gegen die Vereinzelung arbeiten. Wir wollen es schaffen, zusammen zu arbeiten, zu leben, zu lachen und zu lernen”, fasst die Lehrerin Sabine Westpfahl das Konzept der preisgekrönten Schule zusammen.
Die nächste Preisträgerin ist eine Grund- und Stadtteilschule in Hamburg. Sie ist nicht nur Lebensmittelpunkt von 1.600 Schüler:innen, sondern überdies auch noch eine Schwerpunktschule der Inklusion und die einzige “Eliteschule des Sports” des Stadtstaates Hamburg. Ausgezeichnet wurde die Schule vor allem für ihre überragende Beziehungsarbeit im Bildungsbereich.
Die Schule versteht sich nicht als bloße Bildungseinrichtung, sondern will in ihr Viertel hineinwirken, um so ein Gemeinschaftsgefühl zu erschaffen und Schüler:innen eine Heimat zu bieten. Dafür griff die Schule während der Pandemie auf rund 100 Honorakräfte zurück und bildete ein Krisenteam, das Kinder und Jugendliche in schwierigen Situationen telefonisch oder vor Ort half.
Eine besonderes Glanzstück ihrer Beziehungsarbeit ist aber zweifelsohne die Sendung “Dulsberg Late Night”. Unter diesem Namen hauchte der engagierte Schulleiter Björn Lengwenus dem totgeglaubten Late Night Format auf sympathische Weise neues Leben ein und erregte so bundesweite Aufmerksamkeit. Jeden Abend zeigte er sich auf YouTube als Showmaster einer Sendung, in der er mit seinen Schüler:innen telefonierte und Challenges absolvierte. Für diese Arbeit erhielt die Schule nicht nur den Deutschen Schulpreis, sondern auch den Grimmepreis.
Die dritte Preisträgerin kommt aus dem nordrhein-westfälischen Mülheim an der Ruhr und wurde für ihre Förderung der Bildungsgerechtigkeit prämiert.
Bekanntermaßen ist es in Deutschland mit der Chancengerechtigkeit im Bildungswesen nicht weit her, doch die Grundschule am Dichterviertel ist eine wohltuende Ausnahme. Schulleiterin Nicola Küppers und ihr Kollegium haben die Schule seit 2013 konsequent zu einem Ort gemacht, an dem “Bildungsgerechtigkeit nicht nur ein Schlagwort ist, sondern wirklich gelebt wird.”
Die Schule hat die Schwerpunkte Inklusion und Begabtenförderung und ist mittlerweile sehr beliebt. Ihre 200 Schüler:innen, davon über zwei Drittel mit Migrationshintergrund, erbringen überdurchschnittliche Leistungen und werden durch Klassenräte und ein Schülerparlament in die Gestaltung des Schulalltags mit eingebunden. Auch während den coronabedingten Schulschließungen sorgten die Lehrkräfte dafür, dass alle Kinder bestmöglichen Zugang zum Unterricht bekommen konnten, etwa durch das unbürokratische Verteilen von Tablets und WLAN-Guthaben.
Die Integrierte Gesamtschule Lengede in Niedersachsen ist der vierte Preisträger in unserer Liste. Besonderheit der 2010 gegründeten Schule ist ihre überdurchschnittlich gute Digitalisierung, für welche sie nun ausgezeichnet wurde. Schon vor der Pandemie stattete die Schule alle Lehrkräfte mit Laptops aus, digitalisierte die Verwaltung und integrierte elektronische Endgeräte in den Unterricht. Dies ermöglichte ihr einen beinahe reibungslosen Übergang zum Distanzunterricht mit individuellen Lösungen für die über 1.000 Schüler:innen.
Die Schule evaluiert weiterhin regelmäßig ihr Konzept, indem sie ihre Schüler:innen ausführlich befragt und deren Wünsche und Anregungen umsetzt.
Die fünfte Preisträgerin stammt aus der beschaulichen Universitätsstadt Münster in Nordrhein-Westfalen. Sie erhielt den Deutschen Schulpreis für ihr Konzept des selbstorganisierten Lernens.
An der Städtischen Gesamtschule Münster-Mitte sind die Lehrkräfte mehr Lernbegleiter:innen für ihre 900 Schüler:innen als klassische Vertreter des Frontalunterrichts. Der Schule ist es wichtig, dass “Kinder und Jugendliche Selbstwirksamkeit erfahren und Verantwortung für den eigenen Lernprozess übernehmen”, daher bestimmen die Schüler:innen in sogenannten Lernbüros selbst, wann und wie viel sie für die jeweiligen Fächer arbeiten.
Dieses Konzept ermöglichte es der Schule auch während der Coronapandemie einen guten Schulalltag aufrechtzuerhalten, da es die Schüler:innen gewohnt sind, selbstständig und durch individuelle Unterstützung zu lernen.
Der vorletzte Preisträger ist das niedersächsische Evangelische Gymnasium Nordhorn, dessen Schulprogramm auf den vier Säulen “Verantwortung übernehmen”, “die Gemeinschaft stärken”, “Kompetenzen fördern” und “Individualität achten” steht.
Für seine Umsetzung dieser Säulen und das Hineinwirken in sein soziales Umfeld hat das Gymnasium den Deutschen Schulpreis unter dem Stichwort “Tragfähige Netzwerke knüpfen” erhalten. Konkret kooperiert die Schule mit vielen außerschulischen Organisationen in der Region und darüber hinaus. Dadurch erhalten Schüler:innen die Möglichkeit, sich außerhalb der Schule zu engagieren. So sind viele Jugendliche während der Pandemie für ältere Mitmenschen einkaufen gegangen, haben Konzerte für Altersheime gegeben. Weiterhin können sie ihren Interessen gemäß an Kooperationen mit der Universität Essen oder regionalen Unternehmen teilnehmen.
Und last but not least der siebte Preisträger des letztjährigen Deutschen Schulpreises, die Duisburger Gesamtschule Städt. Die Schule operiert in einem schwierigen Umfeld: Die Hälfte der rund 900 Schüler:innen leben in Familien, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, 70 Prozent haben einen Migrationshintergrund und auch 120 Geflüchtete aus Syrien, von denen viele immer noch an Traumata leiden, haben in der Schule eine neue Heimat gefunden.
Für ihr überragendes Engagement, um nicht “reihenweise die Kinder zu verlieren”, wie es Schulleiterin Martina Zilla Seifert ausdrückte, erhielt die Schule den Preis unter dem Stichwort “Zusammenarbeit in Team stärken”. Denn das 80-köpfige Kollegium setzt auf systematische Teamarbeit mit etablierten Strukturen, was es ihm ermöglichte, während der Pandemie in Windeseile auf vielfältige Weise ihre Schüler:innen zu unterstützen. Durch Steuergruppen, multiprofessionelle Teams und regelmäßige Sitzungen, in denen sich die Lehrkräfte über Probleme, Didaktik und die allgemeine Situation beraten, können sich die Lehrkräfte dabei stetig weiter verbessern und so bestmögliche Bildung anbieten.
Alle Preisträger zeigen, dass es auch unter widrigen Umständen möglich ist, erstklassige Bildung auch für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche bereitzustellen und so etwas zur Chancengerechtigkeit beizutragen. Das zeigen unter anderem die drei Preisträgerschulen aus NRW, jenem Bundesland, das am wenigsten Geld pro Kind für Bildung ausgibt.
Der Deutsche Schulpreis zeichnet die Schulen jedoch nicht nur aus, um einzelne zu loben, sondern möchte in die Tiefe wirken. Daher finden sich auf dem Campusportal ausführliche Informationen zu allen ausgezeichneten Schulen und weitere Angebote, sodass auch andere Bildungseinrichtungen von den gesammelten Erfahrungen profitieren können.
Wir sind gespannt, welche Schulen sich dieses Jahr durchsetzen können, um am 28. September ausgezeichnet zu werden.