Gendern verboten: Sachsen setzt (k)ein Zeichen

Von
Julika Ude
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10
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August 2024
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Gender *innen unter der Lupe.

Ab diesem Schuljahr sollen Schüler:innen in Sachsen Punkte abgezogen werden, wenn sie mit Sonderzeichen gendern. (Quelle: Canva)

Dresden. Pünktlich zum Schulstart erwartet die Schüler:innen in Sachsen eine Neuerung: Ab diesem Schuljahr soll Gendern in Klassenarbeiten nicht mehr nur als Fehler markiert werden, sondern auch durch Punktabzug in die Bewertung einfließen. Der Erlass stößt auf Kritik seitens der Verbände und der Schüler:innen selbst.

Sachsens Kultusministerium teilte bereits Ende Juli mit, dass in diesem Schuljahr neue Regelungen in die Bewertung von schriftlichen Arbeiten der Schüler:innen einfließen werden. Das Kultusministerium stützt sich auf das neue amtliche Regelwerk des Rats für deutsche Rechtschreibung, das Sonderzeichen wie den Genderstern und den Doppelpunkt nicht als Kernbestand der deutschen Orthografie definiert (Lehrer News berichtete). Kultusminister Christian Piwarz (CDU) erklärte gegenüber MDR SACHSEN, dass Gendern deshalb "eben nicht nur als Fehler anzumerken ist, sondern auch in der Benotung bei den Schreibleistungen zu berücksichtigen ist". Diese Neuerung stößt auf gemischte Reaktionen.

"Für uns ist das ein Unding. Menschen, die gendern wollen, sollen nicht dafür bestraft werden."

Deutschlehrer René Michel vom Sächsischen Lehrerverband (SLV) spricht sich positiv über die Regelung aus. Der Lehrerverband freue sich über die Klarstellung, "weil wir wissen, was wir nutzen dürfen und was nicht." Auf der anderen Seite sei diese Neuerung ein Eingriff "in unsere pädagogische Freiheit", erklärt Michel gegenüber dem MDR Sachsen. Gerade angehenden Lehrkräften erschwere dies ihre Arbeit, befürchtet er, denn im Studium sei ihnen geschlechtersensible Sprache als Voraussetzung für die Arbeit mit Kindern vermittelt worden. 

Der Landesschülerrat Sachsen kritisiert die Neuerung zur Bewertung von schriftlichen Arbeiten stark. "Für uns ist das ein Unding. Menschen, die gendern wollen, sollen das machen dürfen und nicht dafür bestraft werden", sagte die Landesvorsitzende Amy Kirchhoff. Niemand solle zum Gendern gezwungen werden, jeder solle als Kompromiss aber frei entscheiden können, wie er mit dem Thema umgehen möchte. Auch der Landesverband Sachsen des Kinderschutzbundes sowie der Ausländerrat Dresden sprechen sich gegen den Erlass aus. "Wir wissen, dass eine geschlechtergerechte Sprache für viele junge Menschen sowie Fragen nach vielfältigen Geschlechtsidentitäten wichtig sind", schreibt der Verband des Kinderschutzbundes. Der Ausländerrat Dresden ist der Meinung, der Erlass habe eine starke politische Dimension: "Gendergerechtigkeit ist eines der Themen, denen Rechtspopulist:innen und weitere politische Kräfte den Kampf angesagt haben." Der Erlass stärke demnach antiemanzipatorische Diskurse in der Gesellschaft. 

"Ideologische Verbotspolitik auf dem Rücken von jungen Menschen."

Coretta Storz, Vorsitzende der Chemnitzer Grünen, findet die Schlussfolgerung Gendern mit Punktabzug zu bestrafen, sei eine Fehlinterpretation des amtlichen Regelwerkes für Rechtschreibung seitens des Kultusministeriums: "Die Verwendung geschlechtergerechter Sprache ist ein Sprachwandelphänomen, das sich noch im Prozess der Normbildung befindet", nur deswegen sei es nicht Teil der amtlichen Regelwerke. "Die weitere Verschärfung des Genderverbots an sächsischen Schulen ist ideologische Verbotspolitik auf dem Rücken von jungen Menschen", findet Storz. Christin Melcher, Sprecherin der Grünen im Sächsischen Landtag, ist der Ansicht, geschlechtergerechte Sprache zu bestrafen, sei fatal und kündigte an, sich gegen das Verbot einzusetzen.

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