Herausforderungen und Chancen: Die Lage der EdTech-Startups in Deutschland

Herausforderungen und Chancen: Die Lage der EdTech-Startups in Deutschland

EdTech Lösungen und Startups im Bildungsbereich sind enorm wichtig, um frischen Wind in die durch Tradition geprägten Strukturen von Lehr- und Lernangeboten zu bringen und so die Entwicklung von innovativen Ansätzen in Bildungsinstitutionen voranzutreiben. Obwohl das Thema Bildung im Zusammenhang mit Digitalisierung häufig diskutiert wird, scheinen die zugehörigen Startups zumindest in der DACH-Region ein Nischenphänomen zu sein. Woran dies möglicherweise liegen könnte, möchten wir euch angesichts des heutigen Weltkreativitäts- und Innovationstages mit dem folgenden Artikel vorstellen. 

Trotz dünner Datenlage zu Bildungsstartups in Deutschland lässt sich auf Basis einiger Zahlen aus vergangenen Jahren feststellen, dass der Gründungs- und Finanzierungsumfang von EdTechs hierzulande im internationalen Vergleich weitaus klein ist. 2018 wurden in Deutschland insgesamt 4,6 Mrd. Euro Venture Capital (Risikokapital) in Start-ups investiert, davon gingen nicht einmal 1 Prozent (43 Mio.) des gesamten Investitionsvolumens in EdTech-Unternehmen. Dabei wurden im vergangenen Jahr rund 3,5 Prozent der existierenden Startups dem Bildungssektor eingeordnet. Auch im Gründungsbereich liegt Deutschland laut einer Umfrage vom März 2020 mit 1,6 Prozent hinter Ungarn (4,3 %) und Bulgarien (3,6 %).

Auf Anfrage an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zu aktuellen Daten hieß es, dass die Besonderheiten der EdTech-Startups und ihre spezifischen Geschäftsfelder (extended reality, personalized learning, blended learning, gamification, cloud services) im Geschäftsbereich des BMWK nicht gesondert adressiert werden. Die BMWK verwies uns zum Bundesbildungsministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit dem Hinweis, dass diese möglicherweise über eigene statistische und andere Informationen aus diesem Bereich verfüge. Die BMBF allerdings gab uns keine Rückmeldung auf unsere schriftliche Anfrage bezüglich aktueller Entwicklungen im deutschen Bildungssektor und Edtech-Start-ups. Daher basieren die folgenden Informationen größtenteils auf den Ergebnissen des Diskussionspapiers, welches vom Stifterverband herausgegeben wurde.

EdTechs in Deutschland und Hürden

Das Ökosystem der Bildungslandschaft dreht sich hauptsächlich um den Weiterbildungs- und Nachhilfemarkt (wie beispielsweise Sofatutor). Sehr beliebt ist das Angebot der Coding Bootcamps. „Online Lernen“ und „Tools & Support für das Lernen“ belegen die zweit- und drittgrößte Kategorie, gefolgt von Unternehmen, die eine Lösung für die Infrastruktur von Schulen anbieten. Viele fokussieren sich dabei auf das Begleiten und Unterstützen des Lernprozesses von Schule bis zum Universitätslevel mit verschiedenen Apps und Materialien. Geschäftsmodelle, welche Software-Lizenzen oder Buchung von Onlinekursen im Fokus haben, tauchen allerdings kaum im öffentlichen Bildungssektor auf. Es ist davon auszugehen, dass sich EdTechs in Deutschland vor allem in den Weiterbildungsbereich verlagern, da Abnehmer aus dem Unternehmens- und Privatkundensektor einfacher zu adressieren sind als staatliche Bildungsinstitutionen.

Im föderalistisch organisierten Bildungssystem Deutschlands gibt es zwar viele öffentliche, kostenfreie und qualitativ hochwertige Bildungsangebote, der Anteil der digitalen Lösungen ist allerdings recht klein und die Innovationsrate dementsprechend langsam. Mehrere Faktoren können gemäß der Analyse des Stifterverbandes hierbei eine Rolle spielen:

  1. Regulierung: Bildung ist in Deutschland in der Hoheit der Länder. Der hohe Grad an föderaler Organisation erschwert durch die jeweils unterschiedlichen Rahmenbedingungen Startups den Einstieg in die Branche.
  2. Investitionsbereitschaft: Im Vergleich zu anderen Ländern gibt es in Deutschland tendenziell weniger Investitionsbereitschaft und Risikokapital für Startups, einschließlich solcher im EdTech-Bereich. Dadurch wird es schwieriger, die notwendigen finanziellen Mittel aufzubringen, um ein Unternehmen aufzubauen und zu skalieren.
  3. Kulturelle Einstellungen: Hierzulande gibt es möglicherweise eine geringere Akzeptanz von technologischen Lösungen im Bildungsbereich im Vergleich zu anderen Ländern. Traditionell wurde die Bildung in Deutschland als eine Domäne angesehen, die von etablierten Institutionen wie Schulen, Universitäten und Bildungsministerien verwaltet wird. Dies kann dazu führen, dass innovative Technologien im Bildungsbereich langsamer eingeführt werden.

Demnach können Markteintrittsbarrieren, ein hoher administrativer Aufwand und staatliche Regulierung sowie Entscheidungsstrukturen, die dezentral auf Ebene von Bund und Länder existieren allesamt zu dem dünn besiedelten Bildungsstartup-Markt beitragen.

Initiativen und Förderprogramme

Um die Zusammenarbeit von Bildungsinstitutionen und Edtech-Startups zu stärken, haben sich in Deutschland mittlerweile einige Initiativen gebildet. Beispielsweise hat sich EDUvation als Anlaufstelle und Ratgeber für Startups auf die Bereiche Bildungsmanagement und -technologie spezialisiert. Das Beratungsunternehmen bietet Lösungen für Bildungsstartups an und unterstützt diese in der Umsetzungen von ihren Ideen.

Auch auf den Fachmessen didacta oder learntec – welche als die wichtigsten Veranstaltungen zur Förderung von EdTech-Startups gelten – gibt es für Akteurinnen und Akteure die Möglichkeit, sich mit verschiedenen Bildungsinteressierten auszutauschen. Zudem bieten der EdTech-Kompass und der EdTech-Entwicklungszirkel des Hochschulforums Digitalisierung Einblicke in die Welt der Startups und fördert somit die Sichtbarkeit dieser. 

Letztendlich sieht das Einführen von Produkten oder Dienstleistungen in Schulen und Klassenzimmern anders aus als in einem privatwirtschaftlichen Markt. Es muss nicht an einem Mangel an innovativen Ideen liegen, dass Lösungen oft nicht da ankommen, wo sie gebraucht werden, da häufig komplexe Implementierungsmechanismen dazwischen stehen. Gerade deshalb ist es wichtig, förderliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Welche Handlungsempfehlungen der Stifterverband diesbezüglich vorschlägt, könnt ihr hier in voller Länge lesen. 

Wie beurteilt ihr die aktuelle Lage der Startup-Bildungslandschaft? Schreibt eure Meinung gerne in die Kommentare!

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