Die CDU setzt in ihrem vierten Grundsatzprogramm im Bildungsbereich den Fokus auf ein inklusives Bildungssystem. (Quelle: Olaf Kosinsky)
Berlin. Die CDU hat auf ihrem Bundesparteitag in Berlin ihr viertes Grundsatzprogramm beschlossen. Mit dem rund 70 Seiten langen Programm unter dem Titel “In Freiheit leben. Deutschland sicher in die Zukunft führen”, das am vergangenen Dienstag endgültig verabschiedet wurde, will die Partei sich inhaltlich erneuern und ihr konservatives Profil schärfen. Parteichef Friedrich Merz betonte, dass das neue Grundsatzprogramm als “Selbstvergewisserung” nach innen und den Wählern als überzeugendes Angebot dienen soll. “Wir müssen wissen, wer wir sind, wo wir stehen, was wir wollen”, so Merz. Was ist auf dem Gebiet der Bildung geplant?
Für Schule und Hochschule setzen die Christdemokraten in dem Programm ihren Fokus stark auf die Entfaltung der Individualität jedes einzelnen Menschen unabhängig von seiner Herkunft. Die CDU betont Werte wie Leistung, Offenheit, Toleranz und Vielfalt als Grundpfeiler ihres Bildungsideals und setzt auf die Förderung eines inklusiven Bildungssystems, das die verschiedenen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schüler:innen berücksichtigt. Bildung solle allen Menschen ermöglichen, ihre Fähigkeiten voll zu entfalten und ein selbstbestimmtes Leben zu führen, in dem sie ihren Platz in der Gesellschaft finden können. “Ungeachtet seiner Herkunft hat jedes Kind das Recht auf die bestmögliche Chance. Niemand soll bevorzugt oder benachteiligt werden.”
Des Weiteren hebt die CDU die elterliche Erziehungsverantwortung hervor und betont die Bedeutung der Rolle der Eltern in der Erziehung und Bildung ihrer Kinder. Dabei setzt sie auf eine Erziehungspartnerschaft zwischen Bildungseinrichtungen und Eltern.
Die CDU strebt “gleiche Startchancen für alle” an und verdeutlicht die Wichtigkeit von “der Leistungsbereitschaft des Einzelnen” und individueller Förderung. Durch ein differenziertes Bildungsangebot soll jede:r Schüler:in die Möglichkeit haben, die jeweiligen Talente bestmöglich auszuleben, unabhängig von der sozialen Herkunft. “Jeder muss die Chance haben, seine Talente, Fähigkeiten und Begabungen bestmöglich zu entfalten und einzubringen. Wir setzen auf Leistung. Nur so kann Aufstieg unabhängig von der sozialen Herkunft gelingen.” Die Partei strebt ein “auf die individuelle Lernausgangslage passendes Lernangebot” und eine “individuelle Ressourcenzuweisung” an. Dazu zähle neben dem gegliederten Schulsystem, auch freie und private Schulträger, die Begabtenförderung sowie Inklusion durch Förder- und Ganztagsschulen.
Im Grundsatzprogramm wird die Forderung nach einer Verbesserung der Koordination und Vergleichbarkeit der Schulsysteme durch ein Kooperationsgebot zwischen den Bundesländern und eine Neugestaltung der Kultusministerkonferenz laut. Mehr Verbindlichkeit, Effizienz und eine verbesserte Vergleichbarkeit von Schulformen und -abschlüssen sei gefordert.
Unter dem Motto “Investitionen in Bildung sind Investitionen in die Zukunft” will die CDU außerdem die Bildungsinvestitionen mindestens auf das Niveau des OECD-Durchschnitts anheben, unabhängig von der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts.
Mit der verpflichtenden Einführung institutionenübergreifender Bildungspläne sollen Kindergärten und Grundschulen näher zusammengebracht werden und die frühe Bildung insbesondere in sozialen Brennpunkten bundesweit gestärkt werden. Anknüpfend daran soll laut Programm das Erlernen der Bildungssprache Deutsch priorisiert werden. Dazu soll ein einheitlicher und verpflichtender Sprachtest im Alter von vier Jahren durchgeführt werden.
Neben den Grundlagen Lesen, Schreiben und Rechnen, auf denen vor allem in den ersten Jahren der Fokus liegen sollte, betont die CDU in ihrem Grundsatzprogramm die Bedeutung der Vermittlung von Werten und sozialen Kompetenzen. Die Achtung vor Demokratie und Rechtsstaat müsse immer wieder Teil des Unterrichts sein. Bildung sollte vielfältige demokratische Meinungen repräsentieren, ohne dabei überwältigend zu sein. Politische und historische Bildung sei unverzichtbar und stärke die Widerstandsfähigkeit gegen Extremismus. Weiter wolle die CDU sich dafür einsetzen, dass Religion in allen Bundesländern zum Pflichtfach wird.
Die CDU erkennt die Chancen der Digitalisierung in der Bildung an und hebt die Bedeutung von Medienkompetenz hervor. Gleichzeitig wird jedoch darauf hingewiesen, dass Präsenzunterricht Priorität hat und digitale Lerninstrumente den Unterricht lediglich ergänzen sollen. Mehr in den Fokus sollen die Fächer Wirtschaft und Recht rücken, da sie als Grundlage für wirtschaftliches Denken und Handeln dienen.
Als weitere Kernpunkte des Programms im Bereich der Bildung führt die CDU die Stärkung der dualen Ausbildung an. Sie soll denselben Wert wie akademische Berufe erhalten. Abschlüsse wie Meister, Fachwirt, Techniker oder Bachelor Professional sollen gleichwertig zur akademischen Ausbildung sein. Mit dem Ziel, dass jeder junge Erwachsene einen Berufsabschluss macht, geht die Förderung von modernen Berufsschulen und der deutschlandweiten und internationalen Mobilität von Auszubildenden einher. Gleichzeitig solle die Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt weiterhin verbessert werden.
Um die Qualität von Forschung, Studium und Lehre zu gewährleisten, sei außerdem laut Grundsatzprogramm eine zuverlässig gewährte finanzielle Ausstattung von Hochschulen und ein verbessertes Wohnraumangebot unabdingbar. Die CDU will das elternabhängige BAföG als Sozialleistung, die KfW-Studienkredite und die Begabtenförderwerke stärken. Zudem wurde die Bedeutung des lebenslangen Lernens hervorgehoben, weshalb die Partei einen Ausbau der beruflichen Weiterbildung anstrebt.
Insgesamt zeigt das Grundsatzprogramm der CDU zum Thema Bildung eine Verpflichtung zur Förderung von Chancengleichheit und Vielfalt. Schon eine erste veröffentlichte Fassung des Programms hatte laut Merz “ein überraschend großes und positives öffentliches Echo gefunden.” Das neue nun verabschiedete Grundsatzprogramm stehe laut Partei ganz im “Geist von Freiheit, Sicherheit, Aufbruch und Zusammenhalt.”
Die Bildungspolitik der CDU spiegelt ihre konservativen und wirtschaftsliberalen Grundsätze wider. Laut Merz soll das Papier den Kurs für die kommenden zehn Jahre vorgeben. Die CDU wolle wieder sichtbar konservativer werden, man wolle verhindern, „in so einem Einheitsmittebrei übersehbar zu werden“, so Politikwissenschaftlerin Ursula Münch. Die bildungspolitischen Maßnahmen und Reformen spiegeln dies wider und stellen einen Balanceakt zwischen Bewahrung konservativer Werte und Erneuerung dar.