SINUS-Studie: Warum Technik begeistert, Mathe aber Sorgen bereitet

Junge, der an Tafel Matheaufgaben löst

Schüler wünschen sich praxisnähere MINT-Fächer und Unterstützung, um Ängste zu überwinden. (Quelle: Canva)

Heidelberg/Berlin. Das SINUS-Institut hat im Auftrag der Telekom Stiftung eine Studie mit Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 16 Jahren aus allen sozialen Schichten zu den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) durchgeführt. Die SINUS-Studie zeigt, dass viele Schüler:innen MINT-Fächer als weniger alltagsrelevant und zu theoretisch empfinden, was ihre Motivation für diese Fächer senkt.

So wurde die Studie durchgeführt

Die Befragungen zur Studie wurden in zwei Schritten durchgeführt. Zuerst gab es qualitative Interviews, bei denen zwischen August und Oktober 2024 40 Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren in einem einstündigen, leitfadengestützten Gespräch, welches bei den Befragten zu Hause stattfand, befragt wurden. Parallel dazu dokumentierten die Forschenden das jeweilige Alltags- und Lernumfeld. Danach folgte die repräsentative Befragung von 863 Kindern und Jugendlichen. 

Mathe, Physik und Chemie: Die Schlusslichter der Beliebtheit

Die Ergebnisse zeigen, dass die MINT-Fächer, mit Ausnahme vom Fach Technik, die unbeliebtesten sind. Von den Befragten mögen 21 Prozent Mathe, 27 Prozent Physik und 29 Prozent Chemie nicht. Die Ausnahme  Technik hat hier einen ganz bestimmten Grund, denn es ist sehr praxisnah. Daher gibt etwa die Hälfte der Schüler:innen an, das Fach zu mögen. Außerdem würden sich 85 Prozent der Kinder und Jugendlichen in diesem Fach als gut bis sehr gut einschätzen und 49 Prozent der Befragten würden sogar einen Beruf in diese Richtung einschlagen. Diese Werte unterscheiden sich deutlich zu den anderen MINT-Fächern, denn wenn es um die Jobwahl geht, würden nur 29 Prozent in die Richtung Mathe, 22 Prozent in die Richtung Physik und 16 Prozent in die Richtung Chemie gehen. 

Leistungsdruck: Ein Fünftel fürchtet Mathe

Auch der Anteil der Schüler:innen, die sich auf gut bis sehr gut im Mathe (78 Prozent), Physik (71 Prozent) und Chemie (68 Prozent) einschätzen, ist geringer als in Technik. Dabei fällt auch noch auf, dass der Anteil mit steigendem Alter abnimmt. Bei Mathe waren es in der Altersklasse 10 bis  13 Jahre noch 82 Prozent, aber in der Altersklasse 14 bis 16 nur noch 71 Prozent. Dies liegt daran, dass das davor schon praxisferne Fach für einen großen Anteil der Befragten mit der 7. und 8. Klasse noch schwieriger wird, da Inhalte immer mehr aufeinander aufbauen und immer komplexer und abstrakter werden. Dadurch, dass Fächer wie Mathematik immer schwerer werden, steigt auch die Angst vor ihnen. Ein Fünftel aller Befragten geben an, Sorgen vor Mathe zu haben und überfordert zu sein. Dieser Anteil  steigt mit dem Alter auch weiter an, da von den jüngeren Schüler:innen nur 17 Prozent Angst vor Mathe haben, im Vergleich zu 26 Prozent bei den älteren Lernenden. Zudem bereitet ihnen nicht nur das Fach Sorgen, sondern auch 37 Prozent haben Angst, etwas falsch zu machen oder bloßgestellt zu werden und daraufhin von ihren Mitschüler:innen ausgelacht zu werden. Diese Sorge ist bei den MINT-Fächern so groß, da sie am meisten Möglichkeiten bieten, etwas falsch zu verstehen oder zu machen. Obendrein sind 25 Prozent der Schüler:innen der Meinung, dass es egal sei, wie viel sie für Fächer wie Mathematik lernen, denn sie bleiben doch immer schlecht. 

Was jetzt passieren muss: Empfehlungen der Studie

Aus diesem Grund ist es für Schüler:innen besonders wichtig, eine gute Beziehung zu ihren Lehrkräften und deren Zutrauen in ihre Lernfähigkeit zu gewinnen, da sie somit eine motivierende Atmosphäre schaffen, in der keiner bloßgestellt wird. Zusätzlich sollten die Lehrkräfte geduldig sein, wenn die Kinder und Jugendlichen Zusammenhänge langsamer als andere verstehen und Zeit für individuelle Betreuung haben. 

Des Weiteren wünschen sich Schüler:innen in den MINT-Fächern mehr Praxis- und Alltagsbezug, da für die Hälfte der Befragten Inhalte verständlicher werden, wenn man versteht, was sie mit dem Alltagsleben zu tun haben. Insgesamt ist das Fazit der Studienautor:innen, dass die Ergebnisse  deutlich zeigen, dass dauerhafte neue Wege des Lehrens, Lernens und Prüfens notwendig seien, um Kinder und Jugendliche für MINT-Inhalte zu begeistern. Denn das Interesse bei Kindern und Jugendlichen ist besonders groß, wenn  sie selbst experimentieren dürfen, wenn der Bezug zum Alltag oder einem Berufswunsch klar werde und wenn die Lehrkraft selbst vom Fach begeistert sei und gut erklären könne.

Lehrkräfte als Schlüssel zur MINT-Motivation

Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen die Bedeutung von Lehrkräften für die Motivation den MINT-Fächern. “Nichts entscheidet über die Motivation in einem Fach so sehr wie die Lehrkraft”, betont Dr. Silke Borgstedt, die Geschäftsführerin des SINUS-Instituts. Besonders geschätzt werden Lehrer:innen, die eine freundliche Autorität ausstrahlen, Humor einbringen, gut erklären können und offen für Fragen sind. Diese Eigenschaften schaffen Vertrauen und fördern einen erfolgreichen Wissenstransfer. Gleichzeitig weist Jacob Chammon, Geschäftsführer der Telekom-Stiftung, auf eine zentrale Herausforderung hin: “Für uns ist die große Diskrepanz zwischen Können, Mögen und Machen eine der zentralen Erkenntnisse der Befragung.” Um diese Kluft zu überbrücken, seien ansprechende, zielgruppenorientierte Unterrichtsformate notwendig, die den Übergang vom Können zum Mögen fördern. Nur so könnten junge Menschen dazu bewegt werden, das Machen – und damit auch eine berufliche Zukunft in MINT – in Betracht zu ziehen. Das SINUS-Institut identifizierte dafür vier zentrale Treiber: die Lehrkräfte, den Faktor Zeit, den Alltagsbezug und die Möglichkeit, stärker in Themen einzutauchen.

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