Das Ausüben von Cybergewalt hat unter Schüler:innen in den letzten Jahren zugenommen. Dieses Ergebnis erscheint im Licht des kürzlich zu Ende gegangenen “Safer Internet-Aktionsmonats”. Der Aktionsmonat wird von der österreichischen Initiative Saferinternet.at angeleitet, welche auf nationaler wie internationaler Basis Schüler:innen und Lehrkräfte bei dem Kampf gegen Cybermobbing unterstützt. Auch Deutschland ist mit dem Ableger Saferinternet.de Teil der europäischen Initiative gegen Cybergewalt „Better internet for Kids“ (BIK). Während dieser Aktion konnten Schulklassen Projekte erarbeiten, die sich mit dem Thema beschäftigen und kreierten so neben der klassischen Posterpräsentation auch digitale Inhalte wie Videos und englischsprachige Blogs.
Projekt der Jugendarbeit SEA zum Safer Internet Aktionsmonat / Quelle: Saferinternet
Tatsächlich zeigen aktuelle Studien: Cybergewalt hat in den letzten Jahren eindeutig zugenommen. So hat laut Saferinternet fast die Hälfte aller Befragten schon Beschimpfungen und Beleidigungen am eigenen Leib erfahren. Auch Lügen oder Gerüchte, die über die eigene Person verbreitet wurden, Identitätsdiebstahl durch Fake-Profile, sowie der ungewollte Erhalt unangenehmer Nachrichten, Erpressung oder Einschüchterungsversuche werden genannt. Frauen sind von Cybermobbing dabei fast doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Übergriffe dieser Art finden überall dort statt, wo sich junge Menschen online und öffentlich bewegen – am häufigsten auf der Plattform Instagram, gefolgt von TikTok, Facebook und Snapchat. Das Leid der Opfer ist dabei immens und reicht von Depressionen und Persönlichkeitsveränderungen bis hin zu körperlichen Beschwerden und einem gesteigerten Suchtrisiko. Circa 15% der Betroffenen von Cybermobbing geben an, Suizidgefährdet zu sein – was in absoluten Zahlen allein in Deutschland 2,5 Millionen Personen wären.
Die Pandemie mit ihren wiederholten Lockdowns hat dabei zu einer Verlagerung des Sozial- und Schullebens in die Online-Welt geführt. Knapp die Hälfte der von saferinternet.at Befragten stimmt der Aussage zu, dass Cyber-Mobbing in Zeiten von Distance Learning häufiger vorkommt. So hat mehr als ein Drittel der Jugendlichen im Home-Schooling bei sich und anderen bereits erlebt, dass die Teilnahme am Online-Unterricht absichtlich schwer gemacht wurde, dass sie oder jemand anders bewusst von schulischen Informationen ausgeschlossen oder während des Online-Unterrichts verspottet wurden – selbst unter den Augen der Lehrer:innen.
Auch das Karlsruher Bündnis gegen Cybermobbing e.V. kommt in Hinblick auf die Steigerung von Cybermobbing-Erfahrungen zu dem Ergebnis, dass gerade junge Menschen erheblich häufiger von Mobbing im Internet betroffen sind. Aus ihrer Untersuchung geht hervor, dass Cyberkriminalität und Cybergewalt in der gesamten Gesellschaft bedenklich zunimmt – und dass vor allem im schulischen Umfeld das Risiko, Opfer von Cybermobbing zu werden bei über mehr als 50 Prozent liegt.
Zwar war Distanzunterricht während der Pandemie notwendig, um den Schulbetrieb zu gewährleisten, öffnete Cybergewalt aber auch neue Türen: Die Sicht und Kontrolle von Lehrkräften ist eingeschränkt, Täter sind anonymer und verletzendes Material ist auf digitalen Plattformen in Form von Fotos oder Nachrichten sofort für die gesamte Gruppe sichtbar. Opfer können Mobbingattacken auch schwerer entfliehen als im Präsenzunterricht und sind so oft rund um die Uhr – auch wenn die Schule eigentlich vorbei wäre – mit Erniedrigungen konfrontiert. Die Tatsache, dass sich Schüler:innen generell weitaus länger in sozialen Netzwerken aufhalten als noch vor der Pandemie, begünstigt diese Ausweglosigkeit.
Neben den umfassenden Beratungs- und Hilfsangeboten von Initiativen wie Saferinternet gilt vor allem: Medienkompetenz ist ein Schlüssel dafür, Cybergewalt zuvorzukommen. Schüler:innen erfahren auf Saferinternet und während des Aktionsmonats beispielsweise, wie sie ihre Privatsphäre richtig schützen können, wie sie mit einschüchternden Nachrichten umgehen und welches Bildmaterial besser nicht geteilt werden sollte. Was Jugendliche von sich preisgeben bildet schließlich auch die Angriffsfläche, die sie im digitalen Raum haben. Aber auch für Lehrkräfte und Eltern ist Medienkompetenz relevant, um zu erkennen, welchen Gefahren Schüler:innen im Internet ausgesetzt sind, ob sich Cybermobbing im Unterricht abzeichnet oder ob die eigenen Kinder Opfer von Cybergewalt, oder – beinahe genau so häufig – Täter sind.
Die Dynamik in sozialen Netzen begünstigt Cybergewalt in jeder Altersklasse, was sich zuletzt während der amerikanischen Präsidentschaftswahl und der plötzlichen Sinophobie zu Beginn der Coronapandemie zeigte. Daher ist die Fähigkeit, sich sicher und informiert durch soziale Netze zu bewegen ein wichtiger Faktor, um der erschreckenden Zunahme von Cybermobbing entgegenzutreten. Weiterleitendes Infomaterial findet sich dementsprechend auf den Websiten von Saferinternet, klicksafe und schau-hin.
Hast Du bereits Cybergewalt erfahren oder hast Du mitbekommen, wie Andere Opfer von Cybergewalt wurden? Wenn du selber von Cybergewalt betroffen bist, kannst du die kostenlose und anonyme Onlineberatung von Juuuport nutzen.
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