Dänemark plant Handyverbot an Schulen: Gesetz in Vorbereitung

In Dänemark soll es bald ein generelles Smartphone-Verbot an Schulen geben. (Quelle: Canva)

Kopenhagen. Die dänische Regierung plant ein umfassendes Smartphone-Verbot an Schulen. Bildungsminister Mattias Tesfaye kündigte eine Gesetzesinitiative an, die private Mobiltelefone und Tablets aus dem Schulalltag verbannen soll. Die Regelung würde sowohl den Unterricht als auch die Pausen umfassen. Die Maßnahme folgt einer Empfehlung der Trivselskommission, die sich mit dem Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen beschäftigt.

Hintergrund und Ziele des Gesetzes

Die Trivselskommission, eine 2023 ins Leben gerufene Kommission für das Wohlergehen von Heranwachsenden, hatte in ihrem Bericht betont, dass Smartphones einen negativen Einfluss auf das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen haben können. Kommissionspräsident Rasmus Meyer warnt vor den Folgen der ständigen Nutzung: “Sobald ein Telefon im Kinderzimmer ist, nimmt es den gesamten Raum ein.” Er sieht in der Gerätenutzung einen wesentlichen Faktor für ein gesenktes Selbstwertgefühl und eine insgesamt verminderte Lebensqualität. Kulturminister Jakob Engel-Schmidt unterstützte die Pläne mit der Aussage: “Ich glaube, dass Bildschirme vielen unserer Kinder ihre Kindheit nehmen.”

Die Kommission empfahl neben dem Smartphone-Verbot an Schulen auch eine generelle Begrenzung der Handynutzung für Kinder unter 14 Jahren. Dies sei jedoch nicht gesetzlich zu regeln, sondern solle durch Aufklärung und freiwillige Maßnahmen der Eltern umgesetzt werden. Die Trivselskommission fordert neben nationalen Maßnahmen auch europaweite Regelungen. Die dänische Regierung solle Druck auf die EU ausüben, um einheitliche Standards für den Umgang mit Smartphones und sozialen Medien bei Jugendlichen zu schaffen. Das Handyverbot ist nur eine von 35 Empfehlungen, die von der Kommission ausgesprochen wurden. Weitere betreffen beispielsweise Altersgrenzen und suchterzeugende Designs von Webseiten.

Kritik von Schulleitern und Bildungsexperten

Nicht alle in Dänemark unterstützen das geplante Verbot. Der dänische Schulleiterverband Skolelederforeningen sieht in der gesetzlichen Regelung eine unnötige Einschränkung der Schulautonomie. Verbandsvorsitzende Dorte Andreas argumentiert, dass viele Schulen bereits eigene Regelungen zur Handynutzung haben. “Die Entscheidungshoheit sollte bei den Schulen liegen”, betonte sie gegenüber der dänischen Zeitung Politiken. Sie befürchtet, dass ein Gesetz zu rigiden Vorgaben führen könnte, die den individuellen Bedürfnissen einzelner Schulen nicht gerecht werden.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Umsetzung eines solchen Gesetzes. Noch sind keine Details bekannt, wie das Verbot kontrolliert und durchgesetzt werden soll. Es bleibt offen, ob Lehrkräfte verpflichtet würden, Handys einzusammeln oder ob technische Lösungen wie Netzsperren in Betracht gezogen werden.

Ein Blick in andere Länder

Der einstige Digitalvorreiter Dänemark folgt mit diesem Vorstoß einem europäischen Trend. In Frankreich gilt seit 2018 ein umfassendes Handyverbot an Schulen, das nicht nur den Unterricht, sondern auch Pausen und schulische Aktivitäten umfasst. Ziel ist es, die Konzentration zu fördern und Cybermobbing zu reduzieren​. 

Auch die Niederlande haben zu Jahresbeginn 2024 ein Handyverbot an weiterführenden Schulen eingeführt, das ab dem Schuljahr 2024/25 auf Grundschulen ausgeweitet wurde. Es handelt sich um eine Empfehlung des Bildungsministeriums, die jedoch keine gesetzliche Verpflichtung darstellt​. Auch Großbritannien hat 2024 eine Leitlinie veröffentlicht, die Schulen zur Einführung eines Smartphone-Verbots anregt. Da bereits 80 Prozent der Schulen entsprechende Regeln haben, droht bei ausbleibender Umsetzung eine gesetzliche Regelung​.

Italien hatte bereits 2007 ein Handyverbot im Unterricht erlassen, das 2022 nach einer vorübergehenden Lockerung wieder verschärft wurde. Die Regierung begründete dies mit einer Ablenkung vom Lernen und mangelndem Respekt gegenüber Lehrkräften​. Luxemburg führt ab Ostern 2025 ein generelles Handyverbot an Grundschulen ein, während an Sekundarschulen die Nutzung im Unterricht untersagt wird. Bildungsminister Claude Meisch (DP) sieht in exzessiver Handynutzung ein Problem für die Entwicklung von Kindern​.

Australien hat jüngst ein Gesetz verabschiedet, das die Nutzung sozialer Medien für Jugendliche unter 16 Jahren verbietet. Die Regierung sieht in Plattformen wie Instagram, TikTok und Snapchat ein Risiko für das Wohlbefinden junger Menschen. Die Plattformbetreiber müssen künftig Alterskontrollen durchführen, bei Verstößen drohen hohe Geldstrafen. Kritiker:innen befürchten jedoch, dass Kinder auf weniger regulierte Online-Räume ausweichen oder Datenschutzprobleme entstehen könnten.

Eine irische Stadt geht neue Wege

Im irischen Küstenort Greystones wurde 2023 eine freiwillige Aktion ins Leben gerufen, um die Smartphone-Nutzung von Kindern einzuschränken. Nach wachsenden Sorgen über zunehmende Ängste und psychische Belastungen junger Menschen beschlossen acht Schulleitungen gemeinsam mit Eltern, dass Kinder erst ab der siebten Klasse ein eigenes Smartphone erhalten sollen. Die Initiative “It Takes a Village” basiert auf der Idee, dass die gesamte Gemeinschaft an der Erziehung beteiligt ist. 96 Prozent der Eltern stimmten dem Kodex zu, der ihren Kindern bis zur weiterführenden Schule den Besitz eines Smartphones untersagt. Weitere Informationen dazu finden sich bei Zeit Online (Bezahlinhalt).

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