Online ohne Ende? DAK-Studie zeigt alarmierende Zahlen zur Mediennutzung

Viele Kinder und Jugendliche verbringen täglich Stunden mit Social Media, Gaming und Streaming. Eine neue Studie zeigt alarmierende Zahlen beim Medienkonsum. (Quelle: Canva)

Hamburg. Die gestern erschienene Studie “Online ohne Ende?!" zeigt, dass Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland ein problematisches Mediennutzungsverhalten aufweisen. Insbesondere Social Media, Gaming und Streaming bergen Risiken, da sie zu exzessiver Nutzung und psychischen Belastungen führen können. Trotz erster Rückgänge ist die Zahl der Betroffenen nach wie vor hoch. Die DAK sieht dringenden Handlungsbedarf und fordert als Reaktion ein Schulfach “Gesundheit". 

Studienablauf und Methodik

Die repräsentative Studie wurde vom Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf im Auftrag der DAK durchgeführt. Sie basiert auf einer Online-Befragung von 1.008 Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren sowie jeweils einem Elternteil. Die Datenerhebung fand zwischen September und Oktober 2024 statt. Es wurden verschiedene Aspekte erfasst: die tägliche Nutzungsdauer, das Vorliegen problematischer Nutzungsmuster sowie psychische Belastungen wie Angst, Depression und Stress.

Social Media: Millionen gefährdeter Kinder

Rund 1,3 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland nutzen Social Media in problematischer Weise. 21,1 Prozent der Befragten zeigen ein riskantes Nutzungsverhalten, 4,7 Prozent gelten als abhängig. Die tägliche Nutzung liegt unter der Woche bei 157 Minuten, am Wochenende bei 227 Minuten. Seit 2019 ist die problematische Social-Media-Nutzung um 126 Prozent gestiegen. Experten warnen, dass eine exzessive Nutzung die soziale Interaktion und das Selbstwertgefühl negativ beeinflussen kann.

Gaming: Hohe Nutzungszeiten, Jungen stärker betroffen

12 Prozent der Kinder und Jugendlichen zeigen ein problematisches Glücksspielverhalten, 3,4 Prozent erfüllen die Kriterien einer Glücksspielsucht. Jungen sind mit 6 Prozent fast doppelt so häufig betroffen wie Mädchen (3,2 Prozent). Die durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer beträgt 105 Minuten unter der Woche und 171 Minuten am Wochenende. Obwohl die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken sind, liegen sie immer noch über dem Niveau von 2019. Wissenschaftler:innen weisen darauf hin, dass exzessives Spielen mit schulischen Problemen und sozialer Isolation einhergehen kann.

Streaming: Stabile Nutzung, aber steigende Abhängigkeit

Streaming-Dienste werden von 92 Prozent der Jugendlichen regelmäßig genutzt, 42 Prozent konsumieren täglich Inhalte. Die durchschnittliche Nutzungszeit beträgt 93 Minuten unter der Woche und 145 Minuten am Wochenende. Während sich die Nutzungszeiten nach dem Pandemie-Hoch stabilisiert haben, bleibt die Zahl der problematischen Nutzer:innen hoch. 16 Prozent der Befragten zeigen ein problematisches Nutzungsverhalten, 2,6 Prozent gelten als abhängig. Besonders bedenklich ist, dass exzessives Streaming den Schlafrhythmus und die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigen kann.

Vernachlässigung sozialer Interaktion durch das Smartphone

Erstmals untersuchte die Studie auch das Phänomen des Phubbing. Das Kofferwort aus den englischen Begriffen “phone” (Telefon) und “snubbing” (brüskieren, ignorieren), beschreibt das Verhalten, bei dem Menschen ihre Mitmenschen vernachlässigen oder ignorieren, weil sie sich stattdessen mit ihrem Smartphone beschäftigen.

Laut der Studie fühlen sich 35,2 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen durch die Smartphone-Nutzung anderer ignoriert. 25,2 Prozent berichten, dass es aufgrund von Phubbing bereits zu Streitigkeiten gekommen ist. Auch Eltern sind betroffen: 29,2 Prozent geben an, dass sie sich durch das Verhalten ihrer Kinder ausgeschlossen fühlen.

Psycholog:innen warnen davor, dass Kinder, die regelmäßig Phubbing erleben, häufiger unter psychischen Belastungen leiden. Betroffene zeigen erhöhte Werte von Depression, Angst und Einsamkeit, was langfristig das Selbstwertgefühl und die soziale Entwicklung beeinträchtigen kann. Der soziale Rückzug und das Gefühl der Vernachlässigung können auch die Fähigkeit zur zwischenmenschlichen Interaktion schwächen. Gefordert werden daher mehr Aufklärung über die Auswirkungen digitaler Medien auf das Sozialverhalten und klare Regeln für die Smartphone-Nutzung in Familie und Schule.

DAK fordert Schulfach “Gesundheit” statt Handyverbot

DAK-Vorstandschef Andreas Storm warnt vor den langfristigen Folgen übermäßiger Mediennutzung: “Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen ist zu einem dauerhaften und ernsten Problem geworden”. Er fordert von der Kultusministerkonferenz (Bildungs-MK) ein Schulfach “Gesundheit”, um Medienkompetenz gezielt zu fördern: “Uns hilft jetzt keine kontroverse Diskussion über ein Handy-Verbot für Schülerinnen und Schüler. Wir sollten offen über ein neues Schulfach Gesundheit diskutieren”.

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