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Berlin. Am 30. August 2023 wurde der Bildungsmonitor 2023 durch die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) vorgestellt. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) veröffentlicht diesen seit 2004, mit dem Ziel, die Fortschritte in verschiedenen Handlungsfeldern der Bildungspolitik zu messen. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, welchen Beitrag das Bildungssystem zur Sicherung von Wohlstand, zur Schaffung von Aufstiegsmöglichkeiten für Einzelpersonen und zur Gewährleistung der gesellschaftlichen Teilhabe leistet. Die aktuelle Ausgabe markiert das 20. Jubiläum des Bildungsmonitors, ein Grund zum Feiern sind die Ergebnisse allerdings nicht.
Die Bildungssituation in Deutschland hat sich in den letzten zehn Jahren dramatisch verschlechtert, wie aus der Langzeitanalyse hervorgeht. Besonders in den Bereichen Schulqualität, Integration und Bildungsarmut waren negative Entwicklungen zu verzeichnen. Das Resümee lautet: Auf zehn Jahre des Fortschritts folgten zehn Jahre mit wachsendem Handlungsbedarf.
Im Ländervergleich schnitten erneut Sachsen, Bayern und Thüringen am besten ab. Aber auch in diesen Bundesländern ist das Bildungsniveau in den letzten zehn Jahren gesunken, lediglich Bayern konnte minimal zulegen. Besonders großen Handlungsbedarf gibt es bei den Schlusslichtern Brandenburg, Berlin und Bremen. Baden-Württemberg, derzeit auf dem fünften Platz im Ländervergleich, hat im Vergleich zu 2013 den größten Verlust zu verzeichnen. Auffallend sind auch die großen Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern.
Prof. Dr. Axel Plünnecke, einer der Autoren der IW-Studie, betont, dass Kitas und Schulen noch keine adäquate Antwort auf die steigende Heterogenität der Schülerschaft gefunden haben. Ein größerer Anteil von Schüler:innen spricht zu Hause nicht Deutsch oder hat nur begrenzten Zugang zu Büchern. Die Ergebnisse von Kindern mit Migrationshintergrund oder aus bildungsarmen Haushalten sind daher besonders stark gesunken. Trotz leichter Verbesserungen bei der Ganztagsinfrastruktur und den Betreuungsverhältnissen konnten diese Bildungseinbußen nicht aufgewogen werden. Plünnecke unterstreicht den Bedarf an qualitativ hochwertigem Ganztagsunterricht und gezielter Förderung. Internationale Vergleiche verdeutlichen, dass andere Länder erfolgreicher darin sind, den Bildungserfolg von der familiären Herkunft zu entkoppeln.
Die Forscher des IW Köln fordern eine Ausweitung der frühkindlichen Bildung, mehr Autonomie für Schulen, regelmäßige Vergleichsarbeiten in allen Klassenstufen, gezielte Förderung und effizientere Verwaltungsstrukturen. Zudem sind hochwertige Ganztagsangebote dringend erforderlich. Die Sicherung des Lehrangebots und Fachkräfte sollte durch gezielte Anreize gewährleistet werden. Die Potenziale der Digitalisierung müssen besser genutzt werden, und es ist wichtig, demokratische Kompetenzen und Weltoffenheit zu vermitteln.
Thorsten Alsleben, Geschäftsführer der INSM, drängt auf einen grundlegenden Wandel in der Bildungspolitik. Er betont, dass Deutschland in vielen Bereichen, einschließlich Bildungspolitik, den Anschluss an die Weltspitze verliert. Für Alsleben ist Bildung der Schlüssel, um Deutschland aus dem Abwärtstrend herauszuholen. Besonders besorgniserregend findet er die wachsende Zahl von Grundschüler:innen, die nicht ausreichend Deutsch sprechen können und fordert eine Neuausrichtung der Bildungspolitik, insbesondere eine verstärkte Investition in die frühkindliche Bildung. Darüber hinaus plädiert Alsleben für eine Vorschulpflicht für alle, die Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache haben. Schulen mit einem hohen Anteil von Schüler:innen mit Sprachdefiziten sollten besser ausgestattet werden, und die betroffenen Lehrkräfte sollten mehr Unterstützung erhalten.
Die Tagesschau im Interview über den Bildungsmonitor mit Bob Blume: