Die Bundeswehr ist vermehrt in deutschen Schulen zu finden. (Quelle: Canva)
München. Die bayerische Staatsregierung hat einen Gesetzentwurf zur “Förderung der Bundeswehr in Bayern” vorgelegt. Der Schritt erfolgt als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage in Europa infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Mit dem Gesetz soll die Interaktion der Bundeswehr mit Bildungseinrichtungen gefördert werden.
Der Entwurf enthält eine Ergänzung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG). Dem Artikel 2 soll folgender Absatz hinzugefügt werden: “Die Schulen arbeiten mit den Jugendoffizieren der Bundeswehr im Rahmen der politischen Bildung zusammen. Die Karriereberater der Bundeswehr und Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben dürfen im Rahmen schulischer Veranstaltungen zur beruflichen Orientierung über Berufs- und Einsatzmöglichkeiten in ihrem Bereich informieren”.
Die Jugendoffiziere und -offizierinnen sind Bestandteil der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr. Nach Angaben der Bundeswehr sind die Jugendoffizier:innen erfahrene und praxisnahe Referent:innen, die deutschlandweit die “Herausforderungen einer bündnisorientierten Sicherheitspolitik” vermitteln sollen. Ihr Angebot soll sich an Lehrkräfte richten, die in den Jahrgängen 9 bis 13 unterrichten. So sollen die Jugendoffizier:innen einen Beitrag zur politischen Bildung leisten, indem sie auf aktuelle (welt-)politische Ereignisse eingehen und mit den Schüler:innen ins Gespräch kommen.
Die Arbeit der Jugendoffizier:innen der Bundeswehr wird durch den sogenannten Beutelsbacher Konsens geregelt. Der Beutelsbacher Konsens ist ein in den 1970er Jahren formulierter Minimalkonsens für den Politikunterricht in Deutschland, der drei Prinzipien festlegt: das Überwältigungsverbot (keine Indoktrination), das Gebot der Kontroversität (Beachtung kontroverser Positionen in Wissenschaft und Politik im Unterricht) und die Schülerorientierung (Befähigung der Schüler:innen, in politischen Situationen ihre eigenen Interessen zu analysieren).
2022 hat sich die Wahrnehmung sicherheitspolitischer Herausforderungen, Risiken und Bedrohungen durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine schlagartig verändert, was zu einem großen Interesse der Bevölkerung an den Themen Krieg und Frieden führte. Wie aus dem Jahresbericht 2022 hervorgeht, erfuhren die Jugendoffizier:innen der Bundeswehr im ersten Halbjahr 2022 eine sehr starke Nachfrage, die zeitweise das Fünffache im Vergleich zum coronadominierten 2021 betrug. 2022 wurden insgesamt 5.931 Veranstaltungen mit 150.021 Teilnehmer:innen durchgeführt, 123.928 davon Schüler:innen und Studierende. Damit gab es 147,6 Prozent mehr Veranstaltungen im Vergleich zum Vorjahr bzw. 4,6 Prozent mehr im Vergleich zu 2019. Knapp 73 Prozent der Veranstaltungen waren Vorträge.
Doch die Arbeit der Jugendoffiziere ist nicht unumstritten. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat sich seit langem gegen den Einfluss der Bundeswehr an Schulen positioniert. Sie beobachtet mit Sorge, dass die Bundeswehr verstärkt um größeren Einfluss in den Schulen bemüht ist und wendet sich entschieden gegen den zunehmenden Einfluss der Bundeswehr auf die inhaltliche Gestaltung des Unterrichts und der Lehraus- und Fortbildung. 2011 veröffentlichte die GEW zusammen mit der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) die Broschüre “Einsatzgebiet Klassenzimmer – die Bundeswehr in der Schule”. Jüngst äußerte sich Ayla Çelik, Vorsitzende der GEW NRW, gegenüber dem WDR ablehnend: “Gezielte Imagepflege und verdeckte Werbung seitens Bundeswehr, um an Heranwachsende heranzukommen, sie zu beeinflussen, im besten Fall zu rekrutieren. Und wir sagen: Schule ist nicht der Ort von Rekrutierung. Und wenn es um politische Bildung gehen soll, haben wir dafür Experten, das sind die Lehrkräfte”.
Indes sprach sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für die Besuche von Jugendoffizier:innen an Schulen aus. Berichten des WDR zu Folge habe sich durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine viel verändert, weshalb die Besuche von Jugendoffizier:innen zur Pflicht werden sollten. Erst kürzlich sprach sich Söder für die Wiedereinführung der Wehrpflicht aus.